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Kahlaer Nachrichten
Ausgabe 12/2023
Vereine und Verbände
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Der Förderverein „Mahn- und Gedenkstätte Walpersberg e.V.“, Sitz Kahla, informiert:

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Wie finanzierte sich das Bauprojekt „REIMAHG“?

Der von den Gustloff Stiftung Weimar gestellte Antrag zur Gründung der REIMAHG Baugesellschaft mbH wurde am 27. Februar 1945 durch den Weimarer Notar Dr. Wilhelm Heckmann an das Amtsgericht Weimar, Abteilung Registergericht eingereicht. Am 7. März 1945 ist die Handelsregister-Eintragung der REIMAHG als Baugesellschaft mbH., Sitz in Weimar, durch die Gauwirtschaftskammer Thüringen erfolgt.

Wie bereits berichtet, wurde die Baufinanzierung des Rüstungswerkes, wie viele andere unterirdische Anlagen auch, nur mit Krediten bedient.

Der erste Kredit ist bereits im Frühjahr 1944 von der Gustloff Stiftung zum Erwerb der AGO-Flugzeugwerke in Oschersleben verwendet worden. Schon am 7. Juni 1944, also recht schnell nach Anlauf der Arbeiten am Walpersberg, wurde von der Thüringischen Staatsbank ein weiterer Kredit für die Gustloff-Werke bewilligt. Zu dieser Zeit hatten die Gustloff-Werke von der Staatsbank schon mehrere Kredite in Höhe von 6.875.000 Reichsmark erhalten, die unter der Bezeichnung „Sonderkredit AGO“ zusammengefasst waren.

Unter diesem Sonderkredit wurde ein weiteres Sonderkonto für Kredite eingerichtet, dass die Bezeichnung „Sonderkonto 5096“ erhielt. Als Sicherheit für diesen Kredit in Höhe von rund 7 Millionen Reichsmark, wurden die Geschäftsanteile der AGO-Flugzeugwerke in Höhe von 5.500.000 RM verpfändet. Die Gustloff-Werke waren damit in der Pflicht, jedes Quartal eine Tilgungsrate von 175.000 RM zu zahlen. Allerdings erfolgte die Tilgung erst ab 1945 mit einem Gesamtbetrag von 700.000 RM.

Wegen einer weiteren Finanzierung des Bauvorhabens wurde man auch am 9. Oktober im Rüstungsministerium in Berlin vorstellig. Denn laut eines Erlasses von 4. September 1944, bezüglich des Baus von bombensichere Rüstungsbauten, war deren Finanzierung unterschiedlich geregelt. Unterschieden wurde in OT-Bauten (Organisation Todt), OT-Betreuungsbauten und firmeneigene Bauten, die „REIMAHG“ war kein reiner OT-Bau. Für die Anlage in Kamsdorf war allerdings die OT zuständig.

Leitender Direktor der Thüringischen Staatsbank und zuständig für die Kredite war Otto Demme, der eng mit dem thüringischen Gauleiter Fritz Sauckel zusammenarbeitete.

Wer war Otto Demme (1901 - 1969)? Als Sohn eines Klempnermeisters geboren besuchte er nach Abschluss der Volksschule bis 1921 das Gymnasium. In Jena und Göttingen studierte er von 1922 bis 1926 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft, unterbrochen von einer einjährigen Tätigkeit als Bankvolontär und -angestellter in Greußen. Nach dem Studium bis Juni 1929 im juristischen Vorbereitungsdienst, schloss er die zweite juristische Staatsprüfung in Jena ab.

Nach Vertretungstätigkeiten bei verschiedenen Rechtsanwälten arbeitete Demme ab 1930 als selbstständiger Rechtsanwalt in Weimar und trat in die NSDAP ein. Er verteidigte vorwiegend NSDAP-Mitglieder in politischen Prozessen. Von März 1933 bis April 1945 war er Präsident der Thüringischen Staatsbank sowie ab 1943 Vorsitzender des Verwaltungsrates der Wilhelm-Gustloff-Stiftung. Außerdem hatte er zahlreiche Mandate in Aufsichtsräten wie bei der Deutschen Landesbankenzentrale in Berlin und war Mitglied des Beirats der Sächsischen Staatsbank in Dresden, für die „REIMAHG“ war er als Geschäftsführer tätig.

Aus der Korrespondenz der Thüringischen Staatsbank geht hervor, dass bereits im September 1944 das „Sonderkonto 5096“ umbenannt und als „Sonderkredit REIMAHG“ weitergeführt wird. Daneben gab es noch das „Konto 5547, Gustloff-Werke, Werk REIMAHG GmbH Kahla“.

Bemerkenswert ist, dass die Thüringische Staatsbank als eine der größten Finanzierer den gesamten Kreditbedarf verschiedener Großbanken mitfinanzierte, der sich auf zirka 394 Millionen Reichsmark bezifferte, das wären nach heutigem Stand 2.391.217.555 Euro! Involviert in diesem Kredit waren unter andern die Bank der Deutschen Arbeit, die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Bank der Deutschen Luftfahrt AG. Diese Bank, auch Aerobank, Luftfahrtbank oder kurz BDL genannt, war eine Investitionsbank des Deutschen Reiches, die im Rahmen der Rüstungsproduktion den Ausbau der deutschen Luftfahrtindustrie durch Beteiligungen und Kredite finanzierte. Die Bank war ab 1941 nach der Deutschen Bank und der Dresdner Bank das drittgrößte deutsche Kreditinstitut.

Das Grundkapital der Bank betrug anfangs 70 Millionen Reichsmark, 1943 bereits 150 Millionen Reichsmark. Hatten die Beteiligungen im März 1941 noch einen Wert von 175 Millionen Reichsmark, so erhöhten sich diese bis September 1944 auf 856 Millionen Reichsmark. Die vom Deutschen Reich verbürgten Kredite der Bank betrugen im Juni 1940 insgesamt 250 Millionen Reichsmark und steigerten sich bis August 1944 auf 1,9 Milliarden Reichsmark.

Die Bürgschaft für diese Kredite übernahm das Dritte Reich.

Wozu dienten die vielen Kredite? Sicherlich war der (Aus)Bau am Walpersberg, später auch Kamsdorf und Krölpa, der größte Kostenfaktor, ohne Zweifel verdienten die vielen involvierten Baufirmen gutes Geld. Zahlungen erfolgten ebenso an die Jenaer Elektrizitätswerke. Dazu kam die monatliche Miete von 4000 Reichsmark für das Neue Jagdschloss in Hummelshain an die Eigentümer, den Vogel Verlag in Pößneck.

Der Bau der geplanten Großgärtnerei an der Südseite des Walpersberg war auf 250.000 RM beziffert.

Bezahlt werden mussten auch alle Lieferungen von Flugzeugteile, von Instrumenten bis zum Düsengetriebe, ebenso die viele Produktionsmaschinen und Material.

Dazu kam die Versorgung tausender Menschen, vielfach belegt durch Rechnungen von Lebensmitteln, die aus dem gesamten Dritten Reich angeliefert wurden, wie vieles andere auch.

Kostenrelevant waren ebenso die Löhne, vor allem für deutsche Facharbeiter, politische Leiter, Werkschutz, Verwaltung, medizinisches Personal und in geringerem Verhältnis auch ausländische Arbeitskräfte.

Oft wurden Prämien gezahlt.

In diese Kosten ist auch die Produktion der Düsenjäger eingerechnet, der erst anlief und bei Einmarsch der US-Armee, Mitte April 1945, bei weitem noch nicht seine geplanten Produktionsziele erreicht hatte.

Wir können davon ausgehen, dass sich die Kosten einer fertigen Me 262 auf etwa 100.000 RM beliefen. Diese Summe könnte sich bei einer größeren Produktionszahl verringern, so wie es für die „REIMAHG“ geplant war. Die Bezahlung der fertigen Maschinen wäre wohl von der Luftwaffe oder vom Dritten Reich direkt erfolgt.

Die Gustloff-Stiftung wurde am 27. April 1948 offiziell aufgelöst. Die systematische Demontage durch Spezialeinheiten der Rote Armee und nachfolgende Verwertung durch das Land Thüringen führte dazu, dass die vielen Gläubiger ihren Anspruch gegenüber der „REIMAHG“ und der Gustloff-Werke nicht geltend machen konnten.