Stollenplan - vom CIOS-Team 163 am 8. Mai 1945 vom Walpersberg mitgenommen und an die ACIU in Medmenham übergeben.
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Im letzten Artikel gab es ein Foto mit Bildauswertern aus Sektion B6, Medmenham, die sich einen Plan mit dem Stollensystem der REIMAHG ansehen.
Wie kam dieser Plan nach Medmenham? Die Recherchen offenbarten eine interessante Geschichte.
Es begann am 12. April, nachdem die US-Armee Kahla und die REIMAHG besetzten. Das Werk wurde als so wichtig eingestuft, dass schon kurz danach eine erste Inspektion, durch die US-Luftwaffe (USSTAF) erfolgte. Von dieser Inspektion existieren mehrere detaillierte Berichte. Uns war klar, zu den Berichten muss es auch Fotos geben. Die Suche nach den Fotos, war schwierig und zog sich länger hin, da sie einen anderen Archivbestand zugeordnet waren.
Erst viel später, am 8. Mai 1945, der Tag an dem der Krieg offiziell als beendet galt, erfolgte eine weitere Inspektion, durch das CIOS-Team 163, denen verschiedene Fachleute angehörten.
Der ausführliche Bericht des CIOS-Teams 163, „CIOS File XXXII“, beschreibt die verschiedenen unterirdischen Produktionsstätten, ihren Bau und Einrichtung, vor allem war die Art und Weise wie der Stollen- und Hallenbau erfolgte von besonderem Interesse, die Maschinen, Methoden und Geologie.
Die CIOS-Teams, je nach Fachgebiet, standen unter Zeitdruck, da Ende Juni 1945 die Gebiete an die Sowjetunion übergeben werden mussten. Die zuständigen sowjetischen Institutionen wussten genau, wo sich welche unterirdischen Objekte in ihrer Besatzungszone befanden und was man dort vorfinden würde. Nach Übergabe durch die westlichen Alliierten, mussten sie jedoch feststellen, dass oftmals aus diesen Anlagen bereits Material, Unterlagen, Dokumente und Personal Richtung Westen verlagert wurden.
Da dies gegen die getroffenen Vereinbarungen verstieß, beschwerte sich Stalin am 25. Juli 1945, über Marschall der Sowjetunion Schukow, Oberbefehlshaber der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland und Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) beim alliierten Kontrollrat. In diesem Schreiben wird das Entfernen von Geräten, Unterlagen und Personal aus unterirdischen Anlagen genannt, dass rechtlich der Sowjetunion gehöre.
In der Liste der unterirdischen Anlagen ist u.a. auch Kahla und der Walpersberg aufgeführt. Laut Beschwerde der Russen hatten die Amerikaner Originalpläne der Me-262 und Motoren (JUMO 004 Düsengetriebe) mitgenommen und angeblich alle weiteren Unterlagen verbrannt.
Nach Überprüfung der Beschwerde stellte sich heraus, dass sowohl das USSTAF wie das CIOS-Team zwar einige der Unterlagen mitgenommen hatten, den größten Bestand jedoch zurückließen. Aus diesem Schriftverkehr ist ersichtlich und bewiesen, dass der Stollenplan der REIMAHG in Sektion B6, vom CIOS-Team 163 mitgenommen und an die ACIU in Medmenham übergeben wurde.
Neben Constance Babington-Smith, die die V1 und V2 Anlagen in Peenemünde sowie die Me-262 Produktion am Walpersberg entdeckte, war eine andere bekannte Frau in Sektion B6 als Auswerterin tätig.
Es ist die Tochter des damaligen britischen Ministerpräsident Winston Churchill, Sarah Churchill (Foto). Sie begann 1941 ihre Arbeit in Medmenham und galt neben Constance Babington-Smith als sehr talentierte Bildauswerterin.
Frauen wurden als Auswerter sehr geschätzt, da sie als Beste mit Scharfblick fürs Detail galten. (Gruppenfoto der Bildauswerter, unser Artikel 2, rechts-Sarah Churchill)
Alle Sektionen in Medmenham arbeiteten eng, Hand in Hand zusammen.
Diese Zusammenarbeit entschied über den Erfolg der alliierten Einsätze.
Eine listenmäßige Zusammenfassung der Zuständigkeiten und Arbeitsbereiche der Sektionen dokumentiert:
C Section
August 1940 bis Juni 1946
Zuständig für alle Flugplätze (Land und See)
D Section
Mai 1941 bis Juni 1946
Ausschließlich für industrielle Anlagen zuständig, in enger Zusammenarbeit mit den alliierten Bomberverbänden
E Section
April 1941 bis November 1945
Zuständig für alles, was Tarnung betraf, Deutsche wie Alliierte.
F Section
April 1941 bis June 1946
Zuständig für Straßen, Bahn- und Wasserverbindungen.
G Section
Januar 1941 bis Mai 1945
Radiosysteme
H Section
Oktober 1944 bis Mai 1945
Alle Einrichtungen und Gebäude, Verteidigungsanlagen und Depots der deutschen Luftwaffe sowie Wehrmacht
J Section
August 1940 bis June 1945
Keine Daten bekannt
Press and Publicity
Zuständig für die Verbindung zur alliierten Presse, sowie Redaktion und Herausgabe des Fachmagazins „Evidence in Camera“. Es wurde insgesamt in 114 Ausgaben verlegt.
K Section
September 1939 bis Dezember 1945
Auswertungen aller Bombardierungen durch alliierten Bomber.
L Section
März 1941 bis Januar 1945
Zuständig für Beobachtung der deutsche Flugzeugproduktion und Produktionsstätten. Als solche arbeitete diese Abteilung eng mit Abteilung B6 zusammen.
M Section
1940 bis April 1945
Sehr geheime Abteilung, zuständig für Objekte in England die zerstört werden mussten, im Fall einer deutschen Invasion.
N Section
November 1940 bis Mai 1945
Nachtphotographie
GI Section
Juni 1941 bis Juli 1945
Übernahme und Archivierung aller Berichte, Bücher zur Technik, Protokoll-Verhöre von Kriegsgefangenen