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Kahlaer Nachrichten
Ausgabe 17/2023
Vereine und Verbände
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Der Förderverein „Mahn- und Gedenkstätte Walpersberg e.V.“, Sitz Kahla, informiert:

Hermann-Göring Stollen in Kamsdorf

JUMO-004 Triebwerk der Me 262

Friedhof Großkamsdorf, hier wurden 36 Zwangsarbeiter aus Werk E beerdigt.

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„Werk E“ - Zulieferbetrieb der „REIMAHG“, Teil 2

Wie im Hauptwerk am Walpersberg, so ging auch der Baufortschritt in Kamsdorf nur schleppend voran. Baufirmen wie die Hauptinstallationsfirma, die AEG, Büro Erfurt, beschwerten sich über das Hin und Her mit der O.T. Oberbauleitung. Woraufhin Otto Demme, Präsident des Verwaltungsrates, am 10. Oktober 1944 zum Vorstand der Gustloff-Werke gerufen wurde. Ein Grund des Treffens war, das für die gesamten Planungsarbeiten in Kamsdorf ein Planungs- und Betriebsingenieur fehlte, eine wichtige Voraussetzung für dieses Bauvorhaben. Zwar meldete Oberbauleiter Schmidt am 24. Oktober dem Gustloff-Werk in Weimar das 8.000 m² fertig wären und mit Maschinen besetzt werden könnten, dennoch gingen die Arbeiten nur langsam voran. Selbst die Stromversorgung und Installation war noch nicht geklärt.

Erst Ende 1944 wurden in die, zu diesem Zeitpunkt fertiggestellten unterirdischen Räumen Produktionsmaschinen angeliefert und aufgestellt. Fertiggestellt war auch der erste Bauabschnitt vom Hermann-Göring Stollen, betreffend den Bereich vom Mundloch in die Reviere Ernstschacht und Ersatzschacht.

Am 1. Januar 1945 wurde Werk E offiziell eingeweiht.

Kurz vor der Produktionsaufnahme sollte das Werk als eigenständige Firma etabliert werden. Karl Beckurts, Mitglied im Vorstand der Gustloff-Werke, schrieb diesbezüglich am 10. Januar 1945 an Staatsrat Otto Demme und forderte von ihm eine Entscheidung, da es von Seiten des Registergerichts in Weimar und der Gauwirtschaftskammer in Thüringen keine diesbezüglichen Bedenken gab. Es betraf die Verwendung einer ähnlichen Firmenbezeichnung für Werk E, wie die bereits bestehende „Gustloff-Werke, Werk REIMAHG GmbH, Weimar“.

Als Geschäftskapital für Werk E wurde von Beckurts vorerst ein Betrag von 1.000.000 Reichsmark vorgeschlagen.

Die Verantwortung für das weitere Bauvorhaben blieb in Händen der Organisation Todt, Sonderbauleitung Großkamsdorf, mit Hauptbauleiter Maul. Die Geschäftsführung für das gesamte Werk E wurde Anfang Januar 1945 jedoch an Dr. Keller übertragen.

Der Produktionsanlauf begann mit der Vorfertigung der Einzelteile für das JUMO-004 Düsentriebwerk, der sowohl über als auch unter Tage erfolgte. Unter Tage verlief auch die Serienmontage der Triebwerke, mit nachfolgendem Testlauf im Tagebau des Ernstschachts. Der Transport der fertigen Triebwerke, vorgesehen für das Hauptwerk in Grosseutersdorf, erfolgte über eine Schmalspurbahn nach Eichicht mit Reichsbahnanschluss Bahnhof Kaulsdorf oder über die Erzbahn der Maxhütte nach Unterwellenborn und den hiesigen Reichsbahnanschluss.

Das Bauvorhaben Großkamsdorf wurde trotz Produktionsbeginn weiterhin von Kompetenzstreitigkeiten und Differenzen zwischen der Betriebsdirektion und der O.T. überschattet. Da beide unabhängig voneinander Entscheidungen trafen, die nachfolgend zu ständigen Auseinandersetzungen führten und oftmals in offene Feindschaft ausarteten. Die Situation eskalierte derartig, dass sogar der Staatsanwalt eingeschaltet werden musste.

Auch Kreisleiter Schau, verantwortlich für die Betreuung der Gefolgschaft der „REIMAHG“, informierte die Werksleitung in seinem Schreiben vom 19. Februar 1945, dass die Betreuungsmaßnahmen des Werkes in Großkamsdorf einer gründlichen Revision bedürfen. Eines der grundlegenden Probleme war die Essensversorgung für die Arbeiter. Einen Monat später, am 21. März, schreibt auch Herr Henniger, Bauleitung Gustloff-Werke in Großkamsdorf, diesbezüglich an Kreisleiter Schau. Daraufhin schaltet sich Geschäftsführer Dr. Keller in die Diskussion ein und fordert von Staatsrat Otto Demme eine Entscheidung. Keller bittet Demme, zur Lösung der bestehenden Probleme, die Küchenverwaltung, Verpflegung und das Quartieramt direkt der Betriebsleitung zu unterstellen. Erst am 6. April 1945, kurz vor Kriegsende, stimmt Demme dem Vorschlag von Keller zu.

In den letzten Kriegswochen nutzen die Anwohner in Nähe des Werkes die Stollen als Schutzraum bei Fliegeralarm.

Am 11. April 1945 werden die Arbeiten untertage endgültig eingestellt. Drei Tage später übernimmt die US-Armee kampflos die Region und Werk E.

Mit deren Abzug, kommt Thüringen und damit das Werk in Verwaltungs- und Befehlsgewalt der Roten Armee. Es erfolgt die systematische Demontage der Anlage, die anschließend, im Herbst 1945 gesprengt wird.