Lager Reichenau bei Innsbruck
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Nach mehreren Tagen im San-Vittore Gefängnis wurden 156 Italiener weiter Richtung Deutschland deportiert, drei von ihnen konnten während der Fahrt fliehen. Die Reise endete für alle anderen am 28. November 1944 im österreichischen Innsbruck, wo man sie im dortigen Lager Reichenau unterbrachte.
Das Lager wurde im August 1941 im Auftrag des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) Berlin in Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt Innsbruck errichtet.
Bis zum Sommer 1942 diente es als Auffanglager für italienische Zivilarbeiter, die aufgrund der zunehmenden Bombenangriffe 1942 auf deutsche Industriezentren nach Italien zurückkehrten. Diese sollten im Lager Reichenau gesammelt und dem Arbeitsamt als Zwangsarbeiter zugeführt werden. Da aber immer weniger italienische Zivilarbeiter aufgegriffen wurden, hat man das Lager zu einem Arbeitserziehungslager umfunktioniert. Es unterstand in dieser Form direkt dem jeweiligen Leiter der Gestapo Innsbruck und war dazu bestimmt, „die im Gau Tirol/Vorarlberg wegen Arbeitsvertragsbruchs, Blaumacherei oder Dienstpflichtverweigerung auffallenden männlichen Personen aufzunehmen und durch strikte Disziplin und schwere Arbeit zu brauchbaren Volksgenossen zu erziehen.“ Gegen Ende des Krieges wurden zunehmend auch politische Häftlinge der Gestapo Innsbruck im Lager gefangen gehalten.
Ab 1943 diente es ebenso als Durchgangslager für Juden aus Norditalien, die auf den Weg ihrer Deportation größtenteils aus dem Durchganglager Bozen kamen.
Insgesamt waren im Lager Reichenau 8.500 Personen inhaftiert, von denen nachweislich 130 ermordet wurden oder durch unmenschliche Behandlung den Tod fanden.
Am 5. Dezember 1944 ging die Fahrt der Italiener aus Milan weiter nach Thüringen. Über das Durchgangslager Erfurt erreichten 29 von ihnen am 7. Dezember 1944 Kahla, die im Lager VII im Leubengrund untergebracht wurden.
Bis zur Befreiung im April 1945 hatten neun Mitarbeiter der Pirelli Fabrik ihr Leben verloren.
Noch heute erinnert in der Pirelli Fabrik in Bicocca eine Gedenktafel, eingeweiht am 23. November 1945, an das Schicksal der Mitarbeiter, die 1944 nach Deutschland deportiert wurden.
Auf der Gedenktafel ist zu lesen: „Für die Kollegen, die auf dem strahlenden Weg zur Freiheit von der nationalsozialistisch-faschistischen Barbarei niedergeschlagen wurden.“
Durch das Engagement unseres Kahlaer REIMAHG-Vereins, konnte zu den Gedenkfeierlichkeiten im Mai 2005 eine von der Firma Pirelli gestiftete Gedenktafel an der Wand von Bunker 1, auf dem Walpersberg angebracht und eingeweiht werden. So wie neun weitere Gedenktafeln verschiedener Länder.