Akte des Militärgerichts, 27. Februar 1946, Provinz Antwerpen
Originaldokument der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke A.-G., Werkschutzleitung.
Eidesstattliche Erklärung von zwei ehemaligen Zwangsarbeitern zu einem belgischen Werkschutzangehörigen
Vorab weisen wir darauf hin, dass alle unsere Artikel urheberrechtlich geschützt sind und eine Nutzung - auch auszugsweise oder im veränderten Wortlaut - rechtliche Schritte nach sich zieht. Voraussetzung für eine Nutzung/Veröffentlichung/Verwendung in jeglicher Form durch Dritte ist eine schriftliche Genehmigung des Vereins.
Über die Thematik Werkschutz hatten wir bereits in einem vorherigen Artikel berichtet, dabei jedoch nur die Rolle innerhalb des Werkes beleuchtet. In unserem jetzigen Archiv ist vor allem der große Bestand an persönlichen Werkschutz-Akten und deren Inhalt interessant. Die Führung des Werkschutzes lag in deutscher Hand, ein nicht unbeachtlicher Teil allerdings waren anderer Nationalität. Viele von ihnen Belgier, die eine wichtige Rolle spielten. Nachfolgend soll exemplarisch auf diese Thematik eingegangen werden.
Seit Kriegsende liegen die Akten der belgischen Kollaborateure, in unterschiedlichen Archiven, da die Festgenommenen in vielen verschiedenen Verfahren durch das jeweils zuständige Militärtribunal verurteilt wurden. Die Belgier, die in Kahla dem Werkschutz angehörten, sind da keine Ausnahme.
Jedoch standen wir zur Archivnutzung vor einem großen Problem. Diese Akten sind komplett für die Forschung und für die Öffentlichkeit gesperrt. Nur einigen wenigen Historikern war es bis heute möglich, die Dokumente einzusehen. Selbst Verwandten war nur nach langer Überprüfung des Antrags möglich, die Akte einzusehen und nur die, die direkt an die jeweilige Familie gelinkt ist. Seit vielen Jahren werden Stimmen laut, die fordern, dass die Akten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Bis heute sind sie noch immer unter Verschluss. Neben den Zwangsarbeitern als Opfer, ist uns auch die Forschung zu den Tätern wichtig.
Zwar hat unser Verein in seiner Forschungsarbeit bereits viele Dokumente entdeckt, jedoch wurden unsere Anträge, um Einsicht in die Akten aller Belgier zu bekommen, die dem Werkschutz in Kahla angehörten bis 2024 systematisch verweigert. Die Möglichkeit als ausländischer Verein die Akten einzusehen, war aussichtslos. Wir stellten weiterhin Anträge und bekamen schließlich ein Schreiben vom Hauptstaatsarchivar. Darin verwies er darauf, dass wir eventuell eine Genehmigung bekämen, wenn wir ein Empfehlungsschreiben von einer anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung vorlegen könnten.
Das war unsere lang ersehnte Chance, wir kannten genug wissenschaftliche Einrichtungen durch unsere langjährige Forschungsarbeit und ein international angesehenes Archiv fungierte als Fürsprecher.
Als einziger Verein aus Deutschland und dem Ausland überhaupt, in die belgischen Akten Einsicht zu bekommen, war ein Riesenerfolg. Das Staatsarchiv akzeptierte unseren Fürsprecher und damit begann unsere eigentliche Arbeit. Die Akten liegen in den verschiedenen Provinzabteilungen.
Der Grund dafür ist, dass die Verurteilungen durch die Militärtribunale in der jeweiligen Zuständigkeit der einzelnen Provinzen 1945 -1947 stattfanden, gefolgt von der Inhaftierung in speziell dafür vorgesehenen Zentren. Dies bedeutete, dass wir 10 Provinzen, wo sich die uns interessierenden Akten befanden, anschrieben und nur vor Ort nutzen konnten.
Schon im Oktober 2025 zahlte sich die Mühe aus, wir hatten bereits die Akten von 110 Belgiern, die im Werkschutz der „REIMAHG“ tätig waren. Insgesamt haben wir bis heute 5446 Unterlagen eingesehen und digitalisiert.
In den Akten befanden sich neben vielen Originalunterlagen mit Fotos, Skizzen, auch Zeugenaussagen ehemaliger belgischer Zwangsarbeiter, die sich zu Personen des Werkschutzes äußerten, sowie eine Vielzahl von Gerichtsakten.
In jeder Akte, die wir aufschlugen, stand eine menschliche Geschichte. Viele der Belgier, die bereits in Belgien während der Besatzung kollaboriert haben, kamen ab September 1944 nach Kahla.
Es gab zwei Werkschutzgruppen. Eine, die in Weimar zum Werkschutz ausgebildet und von den belgischen Zwangsarbeitern als besonders brutal charakterisiert wurde. Viele vom belgischen Werkschutz „betreuten“ auch Lager O, in der Nähe der Dehnamühle, das als Straflager berüchtigt war. Später wurde das Lager untertage in einen Stollen verlegt, der als gefürchteter „Strafbunker“ unter den Zwangsarbeitern bekannt war. Dort sind Misshandlungen nachweisbar an der Tagesordnung.
Die zweite Gruppe, bildeten ehemalige Zwangsarbeiter. Sie kamen ab Sommer 1944 nach Kahla und arbeiteten in den verschiedenen Arbeitskolonnen der einzelnen Firmen. Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass viele von ihnen nur unter Druck zum Werkschutz wechselten. Vor allem waren die Gründe in ihren Überlebensdrang und Opportunität zu suchen. Diese Entscheidung führte später, bei Rückkehr nach Belgien, zu ihrer Verhaftung. Was die zwei Gruppen nach ihrer Verurteilung noch unterscheidet, ist die Höhe der verhängten Strafen.
Es sind vor allem die detaillierten eidesstattlichen Aussagen ehemaliger Zwangsarbeiter, die für das Militärgericht zur Verurteilung maßgebend sind.
- Forstsetzung folgt -