Titel Logo
Kahlaer Nachrichten
Ausgabe 22/2024
Vereine und Verbände
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

 Der Förderverein „Mahn- und Gedenkstätte Walpersberg e.V.“, Sitz Kahla, informiert:

Rückführung von Zwangsarbeitern in Lüttich, Belgien

Zug mit zurückkehrenden Zwangsarbeitern

Rückkehrer kommen in Gouda, Hollland, an

Auf dem Heimweg

Kinder begrüßen ihren zurückgekehrten Vater

Vorab weisen wir darauf hin, dass alle unsere Artikel urheberrechtlich geschützt sind und eine Nutzung - auch auszugsweise oder im veränderten Wortlaut - rechtliche Schritte nach sich zieht. Voraussetzung für eine Nutzung/Veröffentlichung/Verwendung in jeglicher Form durch Dritte ist eine schriftliche Genehmigung des Vereins.

Rückkehrer

Der Einmarsch der US-Armee und die Besetzung der „REIMAHG“, brachte gleichzeitig die langersehnte Freiheit für die vielen Zwangsarbeiter des Werkes.

Je nach Nationalität und ihrer gesundheitlichen Verfassung versuchten die Menschen schnellstmöglich in ihre Heimatländer zurückzukehren. In diesem Artikel wollen wir erstmals die Situation der Holländer anhand von Zeitzeugenaussagen, Dokumenten und Tagebuchaufzeichnungen dokumentieren.

Holländische Männer, die zu Kriegszeiten in Deutschland zur Arbeit eingesetzt waren, wurden bei ihrer Rückkehr nicht immer so herzlich empfangen, wie sie es erwartet hatten. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 270.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Deutschland zurückkehrten.

Wenn sie endlich nach einer langen und anstrengenden Reise mit dem Zug, dem Lastwagen oder zu Fuß endlich in Holland ankamen, fühlten sich viele jedoch wie Kollaborateure behandelt. Oder schlimmer noch, wie Kriegsverbrecher.

Wie allgemein üblich, mussten sie sich bei ihrer Ankunft registrieren lassen, dass vielerorts als chaotische Situation beschrieben wurde. In einer Tagebucheintragung eines ehemaligen Zwangsarbeiters heißt es dazu : "Wir wurden von holländischen Soldaten ohne viel Aufhebens auf einen Lastwagen verladen und in einem Kloster in Oudenbosch abgeladen.

Nach einer Woche durften wir nach Hause. Wir mussten zum Bahnhof laufen und dort stiegen wir in den Zug nach Den Haag. Es gab niemanden, der winkte, keine Mitarbeiter des Roten Kreuzes, überhaupt nichts. Es war, als ob wir nicht existierten oder als ob wir als Dreck zurückkehrten, den die Leute in Holland nicht haben wollten."

In allen Aufnahmeeinrichtungen wurden Rückkehrerinnen und Rückkehrer nicht nur registriert, sondern auch entlaust, medizinisch untersucht und verhört. Das Geld, was sie in Deutschland für ihre Arbeit bekommen hatten, mussten Sie abgeben bzw. bei der Bank einzahlen, da die Reichsmark als internationales Zahlungsmittel wertlos geworden war. Zwar sollte das eingezahlte Geld umgetauscht und von der Regierung zurückgezahlt werden aber viele hatten Angst, dass sie nichts zurückbekommen würden, obwohl sie das Geld dringend zum Leben brauchten.

In den Städten gab es große lokale Unterschiede. bei den Bewerbungsmodalitäten für eine Arbeit So hat man zurückgekehrte Mitarbeiter des Amsterdamer Hauptbahnhofs mit einem „V“ für "freiwillig" oder einem „O“ für "unfreiwillig" auf ihrer Meldekarte abgestempelt.

Wer sich ehemals beim ersten Anruf vom Arbeitsamt für den Arbeitseinsatz in Deutschland gemeldet hatte, erhielt den „V“-Stempel. Das bedeutete, dass sie keinen Anspruch auf ein Paket vom Roten Kreuz hatten und bei der Verteilung von Kleidung und Schuhen nicht bevorzugt wurden. Man empfand dies als Diskriminierung, was allerdings am meisten schmerzte, war das moralische Urteil, das mit der Kennzeichnung „V“ zusammenhing.

"Warum seid ihr nicht untergetaucht?", war eine der meistgestellten Fragen ehemaliger Widerstandskämpfer. Auch die Zeitschrift „Trouw „rief im Dezember 1944 mit der Überschrift "Lass dich nicht erwischen, verstecke dich und weigere dich" zum Widerstand auf. Die Besatzungsmacht hatte im Verlauf des Krieges viele Männer zum Arbeitseinsatz nach Deutschland deportiert, weshalb der Aufruf zum Widerstand immer lauter geworden war.

Die ehemalige illegale Zeitung “Je Maintiendrai“ setzte sich für die vielen zehntausenden Arbeiter ein, die in Deutschland gearbeitet hatten. Dies betraf noch die Zeit, als organisierte Hilfe für untergetauchte Menschen nur in sehr kleinem Rahmen möglich war. Die Zeitung wies in ihren Artikeln das holländische Volk auch darauf hin, dass sie nicht vergessen dürften "dass es von denen, die in erster Linie dazu berufen waren zu führen, sie sehr wenig Anleitung erhielten".

Die Möglichkeit unterzutauchen war für viele Männer nicht einfach. Die Realität gab ihnen keine Alternative als nach Deutschland zu gehen. Zeitzeugen berichteten: "Wenn ich geblieben wäre, wären meine Eltern verhaftet worden. Du hattest sowieso keine Wahl."

"Ich wäre gerne untergetaucht, aber ich kenne nicht viele Leute an dem Ort, an dem ich vor einigen Jahren mit meiner Mutter und meiner Schwester gelebt habe. Hinzu kam, dass mein Vater auf See, in England, war. Ich hatte Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der Deutschen, wenn ich nicht ginge."

Die Aussage eines ehemaligen Zwangsarbeiters, der aus Deutschland zurückkehrte, beschreibt die Situation wie sie viele erlebten, "Ich werde hier verhört, als wäre ich ein SS-Mann".

In den Niederlanden befürchtete man durch die Rückkehrer einen "moralischen Verfall" und "Ausschweifungen". Die Männer waren jahrelang von zu Hause weg gewesen und lebten ohne die soziale Kontrolle durch Familie und Gesellschaft, so dass man davon ausging, dass sie Schwierigkeiten haben würden, um sich an die normalen Lebensbedingungen wieder anzupassen.

Auch ihre sogenannte "arbeitsscheue Moral" müsste bekämpft werden. Das Nationale Institut, ein Beratungsgremium der Regierung, drängte deshalb auf die Einführung einer Arbeitspflicht, um die Männer so schnell wie möglich in Arbeit zu bringen.

In Rotterdam verteilte die Dienststelle Gezinshulp /Familienhilfe eine Broschüre, in der Mütter und Ehemänner aufgefordert wurden, Verständnis und Liebe für ihre zurückgekehrten Ehemänner und Söhne zu zeigen. "Seid nicht zu vorschnell, kleine und sogar bedeutende Übertretungen, die der andere in dieser äußerst schweren Zeit begangen hat, als unverzeihliche Sünden anzusehen. Versucht euch in allem in Liebe zu verstehen, und versucht vor allem, einander zu ertragen."

(Bildquelle: Beeldbank NIOD)