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Kahlaer Nachrichten
Ausgabe 8/2024
Vereine und Verbände
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Der Förderverein „Mahn- und Gedenkstätte Walpersberg e.V.“, Sitz Kahla, informiert:

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Die Stromversorgung der „REIMAHG“

Teil 1

Mit Beschlagnahme der Sandgruben im Walpersberg, am 22. März 1944, begann das umfassende Bauvorhaben REIMAHG. Viele der organisatorischen und logistischen Probleme wurden nur unter Zeitdruck und einige bis Kriegsende gar nicht gelöst.

Zu den zu klärenden Problemen gehörte die Versorgung mit Elektrizität. Das Planungsbüro sah sich mit der Sachlage konfrontiert, dass es zu Baubeginn nicht die benötigten Voraussetzungen zur Stromversorgung gab und man nach Lösungen suchten musste, um den zu erwarteten enormen Strombedarf schnellstmöglich mit dem Anbieter abzuklären. Bestandteil der Planung war auch das Stromnetz für die einzelnen, im Bau befindlichen Lager um den Walpersberg.

Der alleinige Stromlieferant war die Jenaer „Elektrizitätswerke Aktiengesellschaft“. Erschwert wurde die Planung und nachfolgende Ausführung durch den Fachkräftemangel. Weshalb der Reichsarbeitsdienst, der zu Baubeginn um Kabelverlegungen in Kahla anfragte, am 29. April 1944 eine Absage der Elektrizitätswerke erhielt „da die benötigten Arbeiter sich bereits anderswo im Einsatz befanden“.

Die Koordinierung und nachfolgender Arbeitsaufwand zur Schaffung der technischen Vorbereitungen war gewaltig. Zeitbedingt sah sich die Planung bereits bei Anlauf der Arbeiten wiederholt vor vielerlei Problemen. Zwar wurden im April 1944 neue Stromleitungen gezogen und vorhandene angepasst, dass auch die bereits vorhandenen und den Neubau von Umspannstationen sowie Transformatoren betraf, aber die Arbeiten zogen sich dennoch schleppend dahin, auf Grund fehlender Fachkräfte.

Als ob das Planungsbüro nicht schon genug Probleme zu bewältigen hatte, so wurde ihnen durch Bürokratie und Einmischung verschiedener Institutionen und Behörden die Arbeit zusätzlich erschwert. Unter anderem durch das Wirtschaftsministerium, die Rüstungsinspektion IX (Kassel) und das Luftgaukommando III.

Unabhängig davon, gingen alle Aufträge für das Jägervorhaben, zuständig für den Bau unterirdischer Produktionsanlagen von Flugzeugen und Motoren, an den Reichslastverteiler* in Berlin. Die Jenaer Elektrizitätswerke AG hatte für das Bauvorhaben in Kahla und Rothenstein insgesamt 20 Anträge eingereicht, die als dringend eingestuft wurden. Nicht sehr hilfreich waren hierbei die bürokratischen Hürden, für die entsprechenden Genehmigungen.

Dazu heißt es:

*“Am 3. September 1939 wurde durch das NS-Regime ein weiterer Schritt in Richtung zentralisierte Energiewirtschaft unternommen. Die vom Reichswirtschaftsminister Walther Funk auf Grundlage der Verordnung zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung eingerichtete Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (auch Reichslastverteiler genannt) wurde als zentrale Regulierungsbehörde für das Stromnetz im gesamten Reichsgebiet aufgebaut. Die Behörde bekam hierfür weitreichende Befugnisse, so durfte sie etwa direkt in die Betriebsführung der produzierenden Kraftwerke eingreifen. Ziel war es, die Energieversorgung innerhalb der Kriegswirtschaft aufrechtzuerhalten.

Hauptsitz des Reichslastverteilers wurde das RWE-Hauptumspannwerk Brauweiler, wo bereits die Hauptschaltleitung des RWE angesiedelt war. Dem Reichslastverteiler nachgeordnet waren in den zehn Energiebezirken weisungsgebundene Bezirkslastverteiler, denen wiederum Ortslastverteiler folgten.“

Hatte man endlich die benötigten Genehmigungen, so sah sich die Jenaer Elektrizitätswerk AG mit der allgemeinen Materialknappheit konfrontiert. Sie waren gezwungen die gesamte Ausrüstung und das Material, das zur Installation benötigt wurden, selbst bereitzustellen. Dazu zählten Masten, Stromleitungen, Kabel sowie Bau- und Elektromaterialien aller Art ebenso große Mengen von Drehstrommotoren, Transformatoren und anderen Geräten. Selbst den Treibstoff hatten sie zu stellen, der für den Transport des Materials zu den einzelnen Baustellen benötigt wurde.

Die Arbeiten gestalteten sich zwar schwierig, gingen jedoch voran und Mitte Mai 1944 war bereits Baulager I, unterhalb der Startbahn am Walpersberg gelegen (heute Kleingartenanlage), an das Stromnetz angeschlossen. Dieser Umstand war wohl dem Engagement der Erfurter Firma Bruno Wagner zu verdanken. Sie hatten in eigener Regie die gesamte Installation der Barackenbeleuchtung sowie des Stromversorgungsnetzes im Lager übernommen.

Ende August 1944 erhielt die Elektrizitätswerke AG die Genehmigung für die Errichtung einer 10 kV-Stichleitung, so wie einer Maststation für „ein Lager bei Zwabitz“ und für „eins in der Nähe der Dehnamühle“. Bemerkenswert bei dieser Genehmigung ist, dass selbst in dieser unruhigen Zeit der Vogelschutz Beachtung fand!

In den nachfolgenden Wochen wurden Stichleitungen in weiteren Lagern, wie Gumperda und Eichenberg errichtet und für die Wasserversorgung der Lager neue Brunnen in Betrieb genommen, von denen Zuleitungen in die Lager gelegt und angeschlossen werden mussten.

Die inzwischen zur Großbaustelle gewordene Südseite am Walpersberg benötigte zunehmend mehr Elektrizität. Weshalb im Juni 1944 der Zeitplan für einen neuen 50 kV Anschluss erarbeitet wurde.

Wegen des Lieferumfangs an Elektrizität fand am 21. Juni 1944 eine wichtige Besprechung zwischen den Gustloff-Werken und der Jenaer Elektrizitätswerke AG statt. Im Endergebnis wurde festgelegt, dass auf Wunsch der Betriebsdirektion der „REIMAHG“ bis zum 1. August ein Teil der Baustelle für die Aufnahme der Fertigung an die Stromversorgung angeschlossen sein sollte. Die hierfür gewünschte Leistung umfasste 2.000 kVA. Der dazu benötigte Strom sollte über eine provisorische Umspannanlage aus der 50 kV Leitung Bleiloch - Jena entnommen werden.

Jedem Teilnehmer der Besprechung war bereits zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass sich der Strombedarf am Walpersberg kontinuierlich erhöhen wird. So plante man prognostisch für das Frühjahr 1945 schon einen Verbrauch von 6.000 kW!

Die gesamten Kosten zum Aufbau und Inbetriebnahme des Stromnetzes der „REIMAHG“ wurden durch die Gustloff-Werke getragen.

Fortsetzung folgt...