Parallel zur modernen Wetterstation hält Wilfried Mähler den Niederschlag auch im herkömmlichen Messbecher fest. Anfang Januar konnte er nur kurzärmlig in den Garten.
Wilfried Mähler führt seit über 40 Jahren Wetterstatistik in Lengenfeld unterm Stein und engagiert sich als Vogelkundler
Von Reiner Schmalzl
Lengenfeld unterm Stein. „Wo sind denn die Kraniche geblieben?“, „Hast du das Wetter bestellt?“ oder: „Wann kommt denn nun der Winter?“ - Diese und ähnliche Fragen hat Wilfried Mähler in letzter Zeit oft von Verwandten und Leuten aus dem Dorf gestellt bekommen. Weil er wie kein anderer Lengenfelder seit Jahrzehnten so akribisch Wetterstatistik führt und vermeintlich spezielle Vorhersagen für das Dorf im Friedatal treffen könnte, bauen viele Leute auf ihn.
Prognosen für Wetter in nächster Zeit kann der 68-Jährige zwar nicht geben, dafür hat er aber exakte Statistiken über den vergangenen Wetterverlauf zur Hand. Denn seit Januar 1981 hält er Niederschlag, Temperatur, Gewitter- und Nebeltage, die Windrichtungen und natürlich die herausragenden Wetterkapriolen fest.
Die in diesen Tagen veröffentlichten Statistiken für das Jahr 2023 kann Wilfried Mähler für seinen Heimatort nur bestätigen. Denn mit einer Durchschnittstemperatur von 10,69 Grad Celsius hat auch er das bislang wärmste Jahr verzeichnet. Mit 935 Litern Regen pro Quadratmeter wurde nach 2002 (1083 Liter) die zweithöchste Niederschlagsmenge während der zurückliegenden 43 Jahre verzeichnet. So gab es im vorigen Jahr allein 168 Regentage, während es im Jahr 2022 lediglich an 126 Tagen geregnet hatte.
„Interessant wird es erst, wenn man es über Jahre festhält und vergleichen kann“, meint der leidenschaftliche Wetterfrosch. Doch nicht nur die Wolken lassen seine Blicke immer wieder gen Himmel gehen. Denn es gibt noch weit mehr zwischen Himmel und Erde. „Ich brauche immer etwas zu beobachten, wenn ich in der Natur bin.“ So beispielsweise auch das Verhalten der Vogelwelt und speziell der Zug der Kraniche in die Winterquartiere oder im Frühjahr zu den Brutplätzen. So hätten sich die Kraniche im zurückliegenden Herbst recht rar über dem Südeichsfeld gemacht.
Laut einer speziellen Faust- und Zählregel konnte Wilfried Mähler nur etwa 9.000 Kraniche über dem Friedatal registrieren. In den beiden Jahren davor müssen es jeweils mehr als 50.000 Vögel gewesen sein. Wegen der stabilen Südwest-Wetterlage hätten die Kraniche diesmal die südlichere Flugroute bei Eisenach genommen, vermutet der Lengenfelder.
Und dann widmet sich Wilfried Mähler mit Vorliebe noch den heimischen Garten- und Waldvögeln. Von seinen inzwischen über 180 in der Lengenfelder und Hildebrandshäuser Flur angebrachten Nistkästen hat er im Vorjahr nahezu alle beobachtet. So habe sich beispielsweise der Trauerschnäpper in den letzten zehn Jahren äußerst rar gemacht. Weil jener Singvogel in den hiesigen Laub- und Mischwäldern kaum noch eine bestimmte Larve als Nahrung finden würde, sieht der Vogelkundler und Naturschützer darin die Ursache.
Volle Konzentration ist demnächst zur jährlichen Stunde der Wintervögel gefragt, wenn sich Wilfried Mähler an der Frieda nach den dortigen Wasservögeln auf die Lauer legt. Neben Wasseramseln und Stockenten hofft er, vielleicht auch einmal wieder einen bunt schillernden Eisvogel zu Gesicht zu bekommen. Dann könnte er auch mit seinem Sohn Mathias, dem studierten Forstwissenschaftler und Ornithologen, ganz ausgiebig fachsimpeln.