Der Rucksack war schon Wochen vor der Abfahrt nach Vacha gepackt. Mit etwa 10 Kilogramm Gewicht auf den Schultern macht sich die Diedorferin Beate Piehler auf die wohl größte Tour ihres Lebens und erfüllt sich einen lang gehegten Traum. Ab dem 15. Mai möchte sie den Jakobsweg von Vacha nach Santiago de Compostela unter ihre Wanderschuhe nehmen. 3000 Kilometer hat Beate Piehler vor sich. Zeitlich hat sie sich einen großzügigen Rahmen gesteckt. Bis zum Wintereinbruch möchte sie, sofern es Gesundheit und Umstände erlauben, zurück sein. Mit dieser Fernwanderung komplettiert die Südeichsfelderin den 2012 begonnenen etwa 420 Kilometer langen Marsch von Görlitz nach Vacha entlang des ökumenischen Pilgerwegs Via Regia. Auf die Frage nach der Intention, den Jakobsweg von Vacha nach Santiago de Compostela zu gehen antwortet sie, dass diese Idee schon Jahre in ihrem Kopf herumspukt. 2010 ging die heute 63-Jährige 900 Kilometer bis ans Ende der Welt zum Kap Finisterre.
Nach der Wende entdeckten ihr Mann und die drei Töchter die Berchtesgadener Alpen für sich. Beate Piehler war seinerzeit beruflich sehr eingespannt und ließ sich von der Familie über die Bergwanderungen berichten. Irgendwann wollte sie dann aber selbst diese Region erkunden, von der ihr Mann und Kinder so oft vorgeschwärmt hatten. 1997 war die studierte Krankenschwester zum ersten Mal für drei Tage in den Alpen unterwegs und infizierte sich mit dem Virus, die Bergwelt entdecken zu wollen. Die in Kreuzebra Geborene war seither oft mit der Familie unterwegs auf Fernwanderwegen und Wandertouren, erst kürzlich wieder mit Ehemann Jürgen und Cousin Lutz zum Basislager am Mount Everest. Auch hat die pensionierte Einrichtungsleiterin zahlreiche Wanderungen allein bestritten. Sie mag es, für sich zu sein. So muss sie sich niemand unterordnen, kann entscheiden, wo es ihr gefällt, wo sie verweilt, wo sie Fotos macht von den kleinen Schönheiten und Besonderheiten am Wegesrand, wo sie eine Kirche besucht oder eine Rast einlegt.
Sorge bereitet ihr nicht die Länge der Strecke, da weiß die Pilgerin sich zu motivieren, indem sie mehr zurückschaut, was sie schon an Weg geschafft hat, als dass, was vor ihr liegt als Schwierigkeit zu betrachten. Aufgrund der Sprachbarriere könnte es während der 1000 Kilometer durch Frankreich zu Problemen kommen. Die Unterkünfte für den ersten Tourabschnitt bis Crailsheim (Baden-Württemberg) sind schon gebucht, die weitere Wegstrecke über die Schweiz bis nach Spanien wird sich finden. Immer im Gepäck ist ein Notizbüchlein, in welchem Beate Piehler ihre Eindrücke festhält, weil sie gern in Erinnerungen schmökert.
So begibt sich die Pilgerin - noch die beeindruckenden Erinnerungen von der Everest-Region im Gedächtnis - auf eine Wanderung, von der sie nicht weiß, was diese ihr bringen wird. "Auch ich habe mitunter Tiefpunkte, muss mich überwinden weiterzulaufen und frage mich, warum ich mir das immer wieder antue. Aber die Schönheit der Natur und das stetige Wandern und Unterwegssein ohne ein Ende zu sehen, fasziniert mich", erklärt Beate Piehler, die erfolgreich den Hainichlandweg erobert hat, im Annapurnagebirge und auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda unterwegs war.
Beate Piehler