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Amtsblatt der Gemeinde Südeichsfeld
Ausgabe 6/2025
Aktuelles
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Die Gemeinde Südeichsfeld informiert

Waschbären auf dem Vormarsch

Es ist unbestritten, dass Waschbären durch ihre possierliche Erscheinung die Herzen vieler Menschen erfreut. Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, breitet er sich seit der gezielten Aussetzung in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts ausgehend von Hessen über ganz Deutschland zunehmend aus. Das damalige Ziel der Bereicherung der heimischen Wildbahn und der Vermeidung des Imports teurer Pelzwaren aus Übersee wurde, wie sich schnell herausstellte, leider vollständig verfehlt. Durch die rasch wachsende Population überstiegen die Schäden in Natur und Landwirtschaft rasch deren anfänglich angedachten Nutzen. Wie aus vielen frei zugänglichen Quellen zu erfahren, sind Waschbären bei der Nahrungssuche nicht sehr wählerisch. So ernähren sie sich gezielt nicht nur von verschiedenen Obstsorten und allerlei Kleingetier vom Lurch über den Singvogel bis zum jungen Feldhasen, sondern auch von Würmern und Engerlingen, die sie gezielt aus der Erde graben. Mit ihren flinken Vorderläufen sind sie nämlich nicht nur in der Lage, geschickt mit ihrer Beute zu hantieren, sondern auch tief im Erdreich zu graben. Schadstellen auf Wiesen und in Gärten können hierbei ähnlich denen von Wildschweinen aussehen und sind vom Laien nur schwer zu unterscheiden.

Wie einem Artikel im Lokalteil der Thüringer Allgemeinen vom 20. Mai zu lesen, wurden kürzlich auf dem Friedhof in Wendehausen etwa 50 Gräber verwüstet. Als Verursacher werden derzeit Wildschwein oder Waschbär diskutiert, die des Nachts den Friedhof auf der Suche nach Futter durchstöbern und dabei den ein oder anderen Stein auch mal umdrehen. Wer dieses Jahr seine Komposthaufen bereits umgesetzt hat, wird wahrscheinlich auch schon die Erfahrung gemacht haben, dass es in diesem teilweise von Engerlingen, den Larven verschiedener Käferarten, nur so wimmelt. Ein kleiner Rat hierzu und eine Bestimmungshilfe findet sich am Ende des Textes, denn nicht jeder Engerling ist ein Schädling!

Wer die Komposterde nun unbedacht zum Düngen von z.B. Blumenbeten verwendet, verteilt auch gleichzeitig die Engerlinge, die dort unbemerkt weiterwachsen und gedeihen. Für viele Wildtiere ein wahrhaft gelungenes Fressen und im Frühjahr gerade für den Waschbären eine Portion Extraenergie, die der Jungtieraufzucht zu Gute kommt. Hier trifft vermutlich auch der Spruch: „Die Liebe einer Mutter kann Berge versetzen.“ Für das Wildschwein mag dies sicherlich auch zutreffen, doch haben wir hier in der Provinz zum Glück noch keine „Berliner Verhältnisse“, wo sich die Wildschweine bis in die Vorgärten wagen. Das traut sich bisher nur der Waschbär.

Was also tun, wenn die Zahl der Waschbären überhandnimmt und zum Problem wird?

Seit nun mehr als zehn Jahren wird der Waschbär zu den unerwünschten, invasiven und gebietsfremden Arten gezählt, deren Ausbreitung nach europäischem Recht (Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten zu verhindern oder zumindest einzudämmen ist. Entsprechende Regelungen im Deutschen Jagdrecht wurden getroffen und werden, wie die Streckenlisten dokumentieren, seit Jahren von den hiesigen Jägern aktiv umgesetzt. So weist die durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie, Naturschutz und Forsten in ihrer Statistik für den Freistaat einen Anstieg der Jagdstrecke von 35 Waschbären im Jagdjahr 1990/1991 auf insgesamt 15.364 im Jagdjahr 2023/2024 aus. Es sind also reichlich Waschbären da und es werden immer mehr.

Das Problem wird bedauerlicherweise durch die mancherorts übliche Praxis verstärkt, dass Waschbären wie herrenlose Katzen gefüttert und im Krankheitsfall sogar gepflegt werden. Schäden in Nachbars Garten oder dem heimischen Niederwild und bedrohten Vogelarten, wie Feldhasen und Rebhuhn, werden hierbei offensichtlich ignoriert oder hingenommen. Dem Kleingärtner bleibt zunächst nur die sichere Umzäunung seines Grundstücks und die Vermeidung bzw. Entfernung von Futterquellen - Stichwort Engerlinge in der Pflanzerde.

Unter besonderen Umständen kann jedoch eine Bejagung auch im ansonsten „befriedeten“ Bereich durchgeführt werden. Hierbei sind die gesetzlichen Regelungen des Thüringer Jagdgesetzes entsprechend § 6 Absatz 3 und 4 zu beachten, die eine Abstimmung der Grundeigentümer mit den zuständigen Behörden und entsprechend sachkundigen Personen (z.B. Jägern) erfordern. Der Fang in der Lebendfalle ist hier immer Mittel der Wahl.

Unabhängig von diesem Sonderfall ist die Bejagung von Waschbären im Rahmen der gesetzlichen Regelungen ganzjährig möglich. Zu beachten ist jedoch § 22 Absatz 4 des Bundesjagdgesetzes, wonach in der Setzzeit, die für die Aufzucht notwendigen Elterntiere nicht bejagd werden dürfen. In der Jagdpraxis ist daher ebenfalls alleine die Fallenjagd zwischen März und Juli vertretbar, um das Geschlecht sicher zu bestimmen und säugende Weibchen vor Fehlabschüssen zu bewahren. Wie die Streckenliste der letzten drei Jagdjahre zeigt, kommen die Jäger des Gemeinschaftsjagdbezirks Diedorf-Wendehausen ihren Verpflichtungen sowohl mit der Fallenjagd als auch dem Kugelschuss gesetzeskonform nach und haben in dieser Zeit insgesamt 81 Waschbären erlegt - Tendenz vermutlich steigend.

Tabelle: Jagdstrecke ausgewählten Raubwildes im GJB Diedorf-Wendehausen

Engerlinge bestimmen und bekämpfen

Grundsätzlich sollte die Pflanz- und Blumenerde vor der Verwendung immer gesiebt oder zumindest mit der Hand auf Engerlinge untersucht werden. Wird der Befall erst später erkannt, kann die Erde mit Nematoden (Heterorhabditis bacteriophora) versetzt werden, die die Schädlinge parasitieren und abtöten.

Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) und Waldmaikäfer (M. hippocastani), Larven jeweils 2,5 - 3,5 cm groß, weißer Körper mit großer brauner Kopfkapsel, schlängelt sich auf der Seite zur Fortbewegung, ernährt sich von Pflanzenwurzeln

Junikäfer (Amphimallon solstitiale), Larven 2 - 3 cm groß, weiß bis gelblich mit großer brauner Kopfkapsel, kriechen auf dem Bauch, ernährt sich von Pflanzen- und Graswurzeln

Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola), Larven sind max. 2 cm groß, weiß bis gelblich mit großer brauner Kopfkapsel, kriechen auf dem Bauch, ernährt sich von Pflanzen- und Graswurzeln

Rosenkäfer (Cetoniinae spp.), verschiedene Arten, Larven 3 - 4 cm lang, weiß-grau, Kopf / Vorderteil schlanker als Hinterteil, dreht sich zur Fortbewegung auf den Rücken, Ernährt sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial und unterstützt die Kompostierung

Nashornkäfer (Oryctes nasicornis) Larven sind bis zu 10 cm lang, weiß-cremefarben, Vorderteil schlanker als Hinterteil, brauner Kopf, dreht sich zur Fortbewegung auf den Rücken, Ernährt sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial (Rindenmulch), hilft bei der Kompostierung und Humusbildung, Kann im Hochbeet vorkommen.

Im Auftrag der Jägerschaft Diedorf-Wendehausen

Zusammengestellt von

Dr. Alexander Kappe

Bad Langensalza, den 22. Mai 2025