Benno Döring (89) hat die Musik in Wendehausen über Jahrzehnte auf seiner Trompete begleitet.
Die „Heuberg-Musikanten“ aus Wendehausen mit Trompeterin Emilia Degenhardt und Leiter Stefan Montag (2. von rechts).
Das Blasorchester Diedorf präsentiert sich mit einem exklusiven Ständchen.
Wendehausen. Mit vielen Gästen und Gratulanten haben die Wendehäuser das Jubiläum „105 Jahre Blasmusik“ gefeiert. Während die Gastensembles aus Geismar (Eichsfeldkreis), Falken (Wartburgkreis) sowie aus dem benachbarten Diedorf und weitere Bands mit exklusiven Konzertbeiträgen begeistern konnten, stellten sich neben weiteren Musikerfreunden aus der Region auch zahlreiche Gratulanten ein. Dazu gehörten Südeichsfeld-Bürgermeister Andreas Henning, Unstrut-Hainich-Landrat Thomas Ahke sowie der Bundestagsabgeordnete Wilhelm Gebhardt aus Wanfried.
Undenkbar gewesen wäre das zweitägige Jubiläumsfest ohne den Wegbereiter und Musikanten Benno Döring. Und wenn er seine alte Trompete in den Händen hält, kommt er unweigerlich ins Schwärmen. Auf ihr hat der 89-Jährige einst bei unzähligen Konzerten, Bällen, Kirmes- und Geburtstagsfeiern oder aber zu kirchlichen Festen und Prozessionen in seinem Dorf gespielt. Als erster Trompeter führte er mit seinem inzwischen legendär gewordenen Instrument die Wendehäuser Blasmusikanten zur Grenzöffnung am 12. November 1989 bei ihrem Einzug ins hessische Wanfried an. In die Klänge „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ und weiterer Lieder stimmte dann das Wanfrieder Glockengeläut ein.
Wie kaum ein Wendehäuser hat also Benno Döring das musikalische Leben in dem Dorf geprägt. Umso mehr freut sich der erstaunlich frisch wirkende Senior, dass die jetzigen „Heuberg-Musikanten“ die Tradition hochhalten und auf 105 Jahre Blasmusik im Ort blicken dürfen. Das Ensemble wiederum ist überaus dankbar, dass dessen Nestor nicht nur mit Trompete, Posaune, Flügelhorn oder Tuba tonangebend gewesen war, sondern auch über viele Jahre als Leiter voranging.
Doch Benno Döring, der in den 1950er-Jahren im Orchester der Reichsbahndirektion Erfurt spielte und nach der deutschen Wiedervereinigung beispielsweise 15 Jahre Stabführer des Musikzuges der Feuerwehr Eschwege war, weiß natürlich viel über die Musikgeschichte in seinem Heimatdorf. Während zunächst von der Wendehäuser Orgelbaufamilie Johannes Creutzburg im 18. Jahrhundert verschiedene Kirchen im Eichsfeld und in Hessen jeweils mit einer Königin der Instrumente ausgestattet worden seien, müssen im Laufe der Zeit auch andere Leute in dem Dörfchen und der Umgebung musikalisch aktiv geworden sein.
Nachweisbar ist laut Chronik, dass der Landwirt Heinrich Thon aus Schierschwende Männer um sich geschart und die Blasmusik ins Leben gerufen hat. Aus Wendehausen waren unter anderem Karl Hentrich, Alfons Richwien, Albert Montag und Heinrich Montag mit von der Partie. Der Erste Weltkrieg zerriss jedoch die Bande der Geselligkeit und des Musizierens. Heinrich Leister und Josef John zählten zu den Kriegsopfern und die Musik verklang.
Um 1920 wagten die verbliebenen Wendehäuser Musikanten mit Unterstützung vieler Bürger und Lehrer dann einen Neuanfang. Nach dem Zweiten Weltkrieg unternahm die Kapelle „Rumba Nera“ unter Ernst Leister mit Adelbert Montag, Alfred Döring, Hermann Döring und Alois Döring II mit Tanzmusik einen erneuten Anlauf. Viele Blasmusiker und Helfer aus dem damaligen Grenzdorf kümmerten sich später um den Bau des neuen Festplatzes mit einem Musikpavillon im Freien. Ob von dort aus ab 1972 Klänge vielleicht auch bis in den Westen hinüber zu hören gewesen waren, ist nicht überliefert.
Heute bestreiten die aus den Eichsfeld- und Kreuzthaler Musikanten hervorgegangenen „Heuberg-Musikanten“ unter Leitung von Stefan Montag jährlich etwa 30 Auftritte nicht nur auf Eichsfelder und Thüringer Bühnen, sondern auch in Hessen und Niedersachsen. Unter Regie von Dieter John gaben die „Heuberger“ am 5. Mai 1992 ihr Eröffnungskonzert in der Festhalle. Deren Repertoire erstreckt sich von der Egerländer Blasmusik und den gängigen Volksmusik-Arrangements bis hin zu Schlagermusik und Ballermann-Hits.
Im Jugendblasorchester Diedorf spielen übrigens neben weiteren Wendehäusern auch die elfjährigen Urenkel Tim und Nils Montag von Benno Döring mit. Nils hat sich bereits die gut 60 Jahre alte Trompete vom Uropa reserviert.
Fotos und Text: Reiner Schmalzl