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Cölledaer Anzeiger
Ausgabe 10/2023
Nichtamtlicher Teil
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„Lebensader in der Region“

Begegnungen über Kreisgrenzen:

Mit dem Musikzug der Pfefferminzbahn von Sömmerda zum Fest der Vereine nach Auerstedt

Die Pfefferminzbahn machte es möglich: Franziska I., die Pfefferminzprinzessin der Stadt Kölleda höchstpersönlich, hatte zum ersten Mal die Gelegenheit, Auerstedt kennenzulernen. Bei der Ankunft des in Sömmerda gestarteten Musikzuges am 9. September bereiteten ihr die Dorfbewohner und Gäste des Festes der Vereine am Bahnsteig einen herzlichen Empfang. Mit der Bahn sei es von Kölleda im Landkreis Sömmerda bis nach Auerstedt im Weimarer Land ein Katzensprung, ansonsten fast eine kleine Weltreise, meinte die Hoheit und spielte damit darauf an, dass die Politik seit einigen Jahren die Bahnstrecke von Buttstädt bis Großheringen stillgelegt hat.

Mit dem Musikzug und damit verbunden weiteren Sonderfahrten am Samstag setzte der Pfefferminzbahn e.V. ein Zeichen zum Erhalt und Weiterbetrieb der von Straußfurt über Sömmerda, Kölleda, Buttstädt nach Großheringen führenden Pfefferminzbahn-Strecke.

Dass die Strecke ab Buttstädt einfach eingestellt wurde, kann Günther Tänzer bis heute nicht verstehen. Der 88-Jährige gehörte zu den interessierten Fahrgästen im Musikzug, in dem der Weimarer Entertainer Andreas Max Martin und das Duo „The Buskers“ für gute und lautstarke Stimmung sorgten. Günther Tänzer berichtete, dass dies früher sozusagen seine Hausstrecke gewesen sei. Als Lokführer habe er sowohl Personen- als auch Güterzüge auf der Pfefferminzbahnstrecke gefahren.

Tradition verpflichtet, bemerkte die seit 2019 im Amt befindliche Pfefferminzprinzessin Franziska, warum sie die Einladung zur Mitfahrt gern angenommen habe: „Ich finde es super, wenn sich Menschen dafür einsetzen, dass die fast 150-jährige Tradition dieser Bahn weitergeführt wird. Wir setzen heute gemeinsam ein Zeichen, die Pfefferminzbahn noch attraktiver zu machen.“

Auch wenn es für Franzi die erste Fahrt mit der Pfefferminzbahn überhaupt war, weiß sie das Bahnfahren zu schätzen. Sie reise selbst mit der Familie regelmäßig mit der Bahn nach Stralsund, ihrem Lieblingsort an der Ostsee. Da komme man wesentlich entspannter an als nach einer strapaziösen Autofahrt.

Für Lisa Graupeter war die Sonderfahrt auf der Pfefferminzbahnstrecke zum wiederholten Mal ein besonderes Erlebnis. Als sie erfuhr, dass der Musikzug von Sömmerda in Richtung Großheringen startet, erklärte sie sich sofort bereit, mitzufahren. Auch wenn ihre Amtszeit als Erdbeerkönigin von Gebesee Anfang des Jahres endete, reiste sie zu diesem Anlass nicht etwa in Zivil, sondern als Krankenschwester. Gemeinsam mit ihrem Vater, der zu ihr passend einen Arzt verkörperte, sorgte sie für reichlich Spaß, fühlte den Fahrgästen den Puls und verabreichte bei Bedarf gern einen Pfefferminzlikör als Schluckimpfung. „Viele Fahrgäste haben sich bei uns dafür mit einer kleinen Spende bedankt. Dieses Geld kommt dem Pfefferminzbahnverein und damit einer wichtigen Sache zugute“, freute sich die tatsächlich als Kinderkrankenschwester arbeitende Bahnfahrerin Lisa Graupeter.

Marion Schneider, Vorstandsmitglied des Vereins, begrüßte die Fahrgäste in Auerstedt und forderte noch auf dem Bahnsteig von Andreas Max Martin und den aus Eckhard Czichos und Ralf Terjung bestehenden „The Buskers“ musikalische Vorträge ein. Das ließen sich die Vollblutmusiker nicht zweimal sagen. Schon vor Jahren hatte Andreas Max Martin sich in Sachen Pfefferminzbahn engagiert, indem er eigens ein Lied von der Pfefferminzbahn komponierte. Dieses gab er am Samstag mehrfach in einer modern produzierten Version zum Besten.

Gemeinsam mit den Auerstedtern erlebten die Ankömmlinge in und vor der Festhalle einige entspannte Stunden. Schon zum dritten Mal feierten der Sportverein, die Feuerwehr, der Kirmesverein und der Historischer Verein 1806 gemeinsam. Für Thüringer Rostbratwürste und Getränke war reichlich gesorgt.

Es sei wichtig, dass sich Menschen über Kreisgrenzen hinweg kennenlernen und begegnen und miteinander feiern können, sagte Marion Schneider. Die Auerstedter Unternehmerin und Politikerin betrachtet diesbezüglich die Pfefferminzbahn als eine Lebensader in der Region. Sie setzt sich dafür ein, dass Personenzüge künftig wieder über die komplette Strecke verkehren. „Die Politik sollte nicht immer nur die Förderung und Entwicklung ländlicher Räume schönreden. Am Beispiel der Pfefferminzbahn könnte sie ihr Handeln konkret unter Beweis stellen“, stellte sie unmissverständlich klar. Marion Schneider kommt es nicht nur darauf an, den derzeit ruhenden Streckenabschnitt von Buttstädt bis Großheringen baldmöglichst wieder zu aktivieren, sondern darüber hinaus unbedingt eine Anbindung bis Jena zu schaffen. Das mache für die Menschen hier wirklich Sinn und dann könnte, so ihre Vision, sich die Pfefferminzbahn als ein verbindendes und belebendes Element für die Region erweisen.

Der Pfefferminzbahn e.V. blickt schon voraus auf 2024. Dann steht mit dem 150jährigen Jubiläum der Pfefferminzbahn ein besonderer Höhepunkt an.