Wer von Wingerode zum Wallfahrtsort Etzelsbach startet, kann auf dem neuen Weg entlang des Gewässers Etzelsbach gehen oder mit dem Fahrrad fahren oder mit dem Pferd reiten. Ein anderer Weg führt den Mühlberg hinauf Richtung Bodenröder Struth, an welcher man entlang oder hindurch gehen kann. Beim Weg durch die Struth sieht der Wanderer oder Wallfahrer, welche gewaltigen Veränderungen der Wald erfahren hat. Der Sturm Friederike im Januar 2018 hatte den Fichtenbestand niedergelegt und ein gewaltiges Chaos verursacht.
Die Mitglieder des Genossenschaftswaldes standen vor der übermenschlichen Aufgabe, das Schadholz aufzuarbeiten und ein Konzept für die Aufforstung zu finden. In den vergangenen Jahren wurde aufgeräumt und aufgeforstet. Dass das nicht planlos geschah, ist durch eine Holztafel am Hauptweg dokumentiert. Es wurden 10200 Bäumchen und Sträucher gepflanzt, darunter:
| 1550 | Weißtannen |
| 1500 | Lärchen |
| 1000 | Bergahorn |
| 1000 | Roterlen |
| 6000 | Stieleichen |
| 500 | Vogelkirschen |
| 150 | Bergulmen |
| 150 | Esskastanien |
| 100 | rote Hartriegel |
| l50 | zweigriffiger Weißdorn |
Gegenwärtig sieht man Waldarbeiter, die den jungen Pflanzen Lebensraum verschaffen, indem sie Beikräuter und Birken entfernen.
Es ist ein jahrhundertealter Schmerz der Wingeröder, dass die Struth nicht zu Wingerode gehört. Es ist jedoch urkundlich festgestellt und nachgewiesen, dass das Kloster Beuren 1347 die Struth an Bodenrode verkauft hat. Adalbert Dölle schreibt in seiner Dissertation über „Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Beuren im Eichsfeld“ aus dem Jahre 1957, dass Bodenrode zum ersten Mal als Klosterdorf erwähnt wird, als das Kloster verkauft an die „gothusluden zu Bodenrode und deren Nachkomlingen unse Holz, das da hießet die Wingeroder Struet“. Verkäufer: Propst Conrad unter der Äbtissin Catharina.
Dass der Verkauf der „Wingeroder Struet“ an Bodenrode ein Affront, ein entsetzliches Ärgernis für die Wingeröder war, die seit 1281 schon Klosterdorf waren, ist erklärlich. Es entstand so auch die Sage vom Struthmichel, dem meineidigen Bürgermeister von Wingerode, der schuld sein sollte, dass alles so gekommen ist.
Es gab auch immer wieder Ärger um die Struth. Wurde er provoziert durch die Wingeröder?
Jedenfalls veröffentlicht der Ortsvorstand von Bodenrode im Worbiser Kreisblatt vom 20. April 1844 und auch in späteren Ausgaben folgende Anzeige:
„Verbotene Wege im Flurbezirk Bodenrode. Von jetzt ab sind die zwei Fußwege, welche von Wingerode durch den hiesigen Struthwald und dann durch das Feld, Stumpfenstieg genannt, nach Steinbach und Reinholterode führen, für Einheimische und Fremde zu passieren gänzlich verboten, und zwar in der Art, dass jeder Fußgänger mit 5 Sgr. und jeder Reiter mit 10 Sgr. bestraft wird, wobei der dadurch verursachte Schaden besonders bezahlt werden muss, was hierdurch zur allgemeinen Kenntnis gebracht wird.
Bodenrode, den 15. April 1844.“
Darüber, wie dieses Verbot durchgesetzt wurde, gibt es keine Überlieferung.
Die Wingeröder sollten froh sein, dass sich die Waldgenossenschaft Struth so rührig um den Forst kümmert, wo sie als Nutznießer die frische Waldluft atmen und Beeren und Pilze (z.B. Maronen), demnächst noch die Früchte der Edelkastanie, die auch Maronen genannt werden, sammeln können.
Werner Stitz