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Der Leinetalbote
Ausgabe 11/2025
Örtliche Mitteilungen
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Gemeinde Wingerode

Johannes Schütze wurde am 16. April 1807 in Kalteneber geboren. Am 9. März 1831 wurde er zum Priester geweiht und wirkte zunächst als Kaplan an der Neustädter Kirche in Heiligenstadt. 1835 wurde er Pfarrverweser an der Altstädter Kirche in Heiligenstadt. Am 31. Dezember 1838 wurde er als Nachfolger von Joseph Nolte Pfarrer von Wingerode, wo er auch als Schulinspektor und später als Dechant wirkte. Er begann 1867 mit dem Bau der neuen Kirche, die am 13. Juni 1869 durch den Bischof Dr. Konrad Martin feierlich eingeweiht werden konnte. Pfarrer Johannes Schütze starb am 31.Dezember 1886 in Wingerode an dem Tag, als er vor 48 Jahren Pfarrer des Ortes geworden war. Sein Nachfolger wurde Karl Schmerbauch, gebürtig aus Bodenrode.

Exemplare von der Festschrift zum Kirchweihjubiläum 1869 - 2019 sind über den Autor dieses Beitrages noch erhältlich.

Pfarrer Schütze hatte nicht nur mit dem Bau der Kirche zu tun, die ihm organisatorisch viel abverlangte. Er musste sich auch im so genannten Kulturkampf den Bismarckschen Gesetzen stellen. Der Reichskanzler und Gründer des Deutschen Reiches, Otto v. Bismarck, sah in der Katholischen Kirche einen Feind seiner Staatsidee, welche die volle Trennung von Kirche und Staat, eine nationale Kirche anstrebte. Dr. Dr. Adalbert Dölle hat in seinem Buch: “Der Kulturkampf auf dem Eichsfeld und im Fuldaer Land von 1872 bis 1887“ in Archiven folgendes gefunden:

1875 Oktober 28 (LH 1002, Bl. 28) Der Landrat in Heiligenstadt berichtet nach Erfurt, Pfarrer Schütze in Wingerode sei mit 30 Mark bestraft worden, weil er die Beerdigung des Christian Schütze in Hohengandern, der sein Bruder war, vorgenommen habe, obwohl Pfarrer Schaffeld nicht verhindert war und auch die Genehmigung nicht erteilt hatte.

(Anmerkung d. Verf:: Pfarrer Schaffeld hatte die Maigesetze von Bismarck anerkannt, wurde vom Regierungspräsidenten in Erfurt gestützt, aber kirchlicherseits gerügt und von den Pfarrkindern geschmäht).

1875 November 2. (ebd.Bl. 109) Der Oberpräsident schreibt an den Staatsanwalt v. Strombeck in Heiligenstadt, Pfarrer Schütze wegen eines unbefugter Weise vorgenommenen Beerdigungsaktes zu bestrafen.

Die Bismarckschen Gesetze trafen die Kirche in allen Kirchorten hart. Bischof Konrad Martin von Paderborn, geboren in Geismar, konnte sich der Inhaftierung nach einer bereits verhängten Festungshaft nur entziehen, weil er ins Exil nach den Niederlanden und dann nach Belgien ging, wo er am 16. Juli 1879 im Schwesternkloster in Mont St. Guibert starb. Pauline von Mallinckrodt, die Stifterin der Genossenschaft der Schwestern der christlichen Liebe sorgte dafür, dass die Leiche des Bischofs nach Paderborn überführt, zunächst in der Kapelle des Mutterhauses beigesetzt und am 25. Juli feierlich im Dom zu Paderborn bestattet wurde.

Pfarrer Schütze wohnte in der „Alten Pfarrei“, heute Leinestraße 1. Von dort gab es eine Brücke über die Leine, die über das damalige Grundstück Bergener den Weg zur Kirche abkürzte. Der spätere Pfarrer Joseph Brodmann nutzte den sogenannten Pfarrsteg (Foto Archiv Kath. Kindergarten, etwa 1968) als Abkürzung zur Kirche.

Werner Stitz