Abb.: Johann Georg Bergmann, Veteran des Deutsch-Französischen Krieges im Jahr 1890. Foto: Hermann Ilberg, Heiligenstadt. Sammlung Christel Kinzel.
von Peter Anhalt
Einer der Teilnehmer am Deutsch-Französischen Krieg war der Schneidermeister Johann Georg Bergmann. Er kam aus einfachen Verhältnissen. Schon sein Vater Moritz Bergmann (1799-1875) betrieb in Steinbach das Schneiderhandwerk. Dessen erste Frau Anna Maria Kurze (1803-1837) verstarb nach der Geburt des 4. Kindes, so dass er im November 1837 Maria Anna Kaiser (*1812) heiratete. Nun bekam das Ehepaar nochmals fünf Kinder, das zweite war Johann Georg Bergmann. Auch er wurde Schneider und legte sogar eine Meisterprüfung ab.
Im Oktober 1869, da war Johann Georg immerhin schon 29 Jahre, heiratete er eine Frau aus Greußen, die er in Heiligenstadt kennen und lieben gelernt hatte. Sie war dort als Dienstmagd in einer Apotheke beschäftigt. In Steinbach wird diese Beziehung zu einer Frau, die das „falsche Gesangbuch hatte“ keine große Freude bereitet haben, waren doch damals die konfessionellen Unterschiede fast unüberbrückbar. Immerhin hatte der Brautvater als Mühlenbauer einen anständigen Beruf!
Das junge Eheglück währte nicht lange. Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich den Krieg. Der frisch gebackene Ehemann wurde einberufen und musste die Familie verlassen. Bergmann nahm 1870 am Feldzug gegen Frankreich teil. In seiner Abwesenheit wurde im Juli 1870 der Sohn Hermann Clemens geboren. Die berühmte Schlacht von Sedan fand am 1. und 2. September 1870 statt. Der deutsche Sieg war vorentscheidend für den Ausgang des Krieges, für Johann Georg Bergmann endete die Schlacht jedoch tragisch. Er verletze sich am Fuß. Als er nun am Krücken nach Hause kam, zierten seine Brust einige Auszeichnungen. Sein Handwerk konnte er unbeschadet fortführen.
Der „Sedantag“ (2. September) war im Deutschen Kaiserreich ein patriotischer Feiertag, der besonders vom Kriegerverein begangen wurde. Veteranen des Kriegs standen dann besonders im Mittelpunkt. Es gab in Steinbach noch mehrere Kriegsteilnehmer, doch als „Hannjerje“ Bergmann verstarb, lebte nur noch einer von ihnen. Es war Heinrich Kramer(1854-1937), dessen Goldene Hochzeit in Steinbach besondere Aufmerksam bekam.
1925 hieß es in einer Zeitungsnotiz: „Zur letzten Ruhe bestattet wurde hier, wie wir schon anderweit berichteten, am Sonntag der Schneidermeister Georg Bergmann. Plötzlich und unerwartet riss ihn der Tod von dem Schauplatz des Lebens. Immer noch rüstig und wohlgemut, trotz seiner 85 Jahre, führte ihn der treue Stock durch das Leben. Bergmann erlitt im Kriege 1870/71 einen Unfall, so dass er seit jener Zeit hinkte. Als alter Veteran nahm er immer noch regen Anteil an den Veranstaltungen des Kriegervereins. Darum ließ es sich Letzterer auch nicht nehmen, den braven Kameraden das letzte Geleit zu geben und ihm den letzten Gruß als Ehrensalve nachzusenden. Mit dem Verstorbenen ist der vorletzte Veteran dahingegangen. Er möge in Frieden ruhen.
Das Leben des Veteranen war ansonsten recht einfach. Die Schneiderei brachte in einem Dorf wie Steinbach nicht viel ein. Meist waren nur Flickarbeiten zu erledigen. Einen kleinen Nebenverdienst erzielte eine Kanarienvogelzucht. Die Vögel wurden damals auf dem obersten Boden gezüchtet. Zweimal im Jahr traten die gefiederten Sänger in Tragegestellen ihre weite Reise nach Hamburg und von dort nach Amerika an. Ehefrau „Rike“ kümmerte sich um die kleine Landwirtschaft (Ziegen), wusch und bügelte Manschetten und Kragen für Männerhemden. Auf einem Familienbild von 1890, in Heiligenstadt aufgenommen, sind die einfachen Familienverhältnisse nicht wahrzunehmen. Eltern und Kinder haben den besten „Staat“ an. Natürlich trägt Johann Georg stolz seine Auszeichnungen aus dem Krieg 1870/71. Gern erzählte er von der Schlacht bei Sedan.
Weniger Glück hatte da Johannes Schneider II (1840-1870). Er war Infanterist bei der 4. Kompanie des Magdeburgischen Füsilier-Regiments Nr. 36, in dem viele Eichsfelder dienten. Schneider wurde bereits am 18. August 1870, bei der verlustreichen Schlacht bei Gravelotte, von einem Granatschuss getroffen und verstarb an den Folgen. Die Nachricht von seinem Tod wurde jedoch erst am 16. März 1871 vom Kommandeur schriftlich bestätigt. Schneider war der einzige Steinbächer, der in diesem Krieg gefallen war. Seine Gebeine ruhen in Frankreich.