Titel Logo
Der Leinetalbote
Ausgabe 9/2025
Örtliche Mitteilungen
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Auswanderer aus Steinbach:

Abb. 1: Katharina und Josef Weber in Wisconsin (USA). Sie kleideten sich wie zu Hause in Steinbach.

Abb. 2: Die Familie Joseph Weber mit ihren acht Kindern, um 1900.

Abb. 3: Anton Weber (1845-1917), ein angesehener Mann in Grey (USA), um 1900.

Johann Joseph Weber (1819-1901)

Rund sieben Millionen Menschen wagten zwischen 1818 und 1914 von Bremerhaven aus den Weg nach Amerika - in die neue Welt -, mehr als 90% wanderten in die USA aus. Hinter dieser Zahl verbergen sich Schicksale und Geschichten, die sich anhand der Lebensbeschreibungen der Auswanderer nachzeichnen lassen.

Mitte des 19. Jahrhunderts reisten auch aus Steinbach einige Familien nach Amerika. Die Spur von Joseph Weber lässt sich besonders gut verfolgen. Als Erinnerungsstück brachte er eine Bibel in die neue Welt. In ihr notierte er wichtige Daten über seine Familie. Auf das Vorsatzblatt schrieb Joseph in Deutsch: „Dieses Buch wurde von mir gekauft. Ich wurde auf den Namen Joseph getauft, Geburtsname. Ich wurde im Jahr 1819 am 6. Mai geboren. Der Ort ist genannt Steinbach, Königreich Preußen, Regierungsbezirk Erfurt, nähe Heiligenstadt. Im Jahr 1846, am 12. März, verließ ich mein Zuhause, um dorthin zu gehen, die Vereinigten Staaten von Amerika.

Aus dem Steinbächer Kirchenbuch erschließen sich weitere Daten: Joseph war das 7. Kind des gleichnamigen Ackermanns Joseph Weber (1786-1824) und seiner Ehefrau Maria Anna Catharina geb. Heimbrodt (1786-1852). Der Vater verstarb schon mit 37 Jahren an einem Schlaganfall. Josef war da 5 Jahre alt.

Trotz dieser Kindheit ohne Vater wurde Joseph Weber Ackermann in Steinbach. 1843 gründete er hier eine eigene Familie, indem er Katharina Elisabeth Kulle aus Bodenrode heiratete. Als die Familie 1846 ausreisen wollte, waren bereits zwei Kinder geboren. Im September 1843 kam Martha Elisabeth und im Juli 1845 Anton zur Welt. Anton war zu Reisebeginn noch kein Jahr alt.

Amerika war für Joseph nicht ganz fremd. Mindestens zwei ältere Geschwister, eine Schwester Viktoria und ein Bruder Anton Bernhard waren ebenfalls ausgereist. Es gab also bereits Erfahrungen mit dem Auswandern, dennoch war vieles Ungewiss.

Die kleine Familie reiste von Steinbach zunächst nach Bremerhaven. Auch das war schon ein Abenteuer, Eisenbahnen gab es noch nicht. Von Bremerhaven fuhren die Schiffe direkt nach Amerika. Weber und weitere Eichsfelder, die meisten aus Heuthen, wählten die Brigg „Tuskar“, die am 21. März 1846 zur Reise über den Ozean in See stach. Das zweimastige Segelschiff nahm die Südroute. Nach langen einundsiebzig Tagen trafen die Auswanderer in New Orleans (Louisiana) ein. Auch für ein Segelschiff waren einundsiebzig Tage eine ungewöhnlich lange Reise und so wurde der Proviant knapp. Der Kapitän rationierte das Wasser. Um seine beiden kleinen Kinder zu retten, stahl Joseph heimlich Wasser.

Als die Familie in New Orleans ankamen, hatten sie noch lange nicht ihr Ziel erreicht. Sie traf Vorkehrungen, um über den Mississippi nach Galena (Illinois) zu reisen. Joseph arbeitete hier sechs Jahre lang im Bergbau. In Galena wurden Bleierze abgebaut. Das Leben als Bergarbeiter sollte jedoch keine Dauerlösung sein. Josef war Landwirt. Sie sparte die Familie Dollars, um eine Farm zu kaufen (5000 Dollar). Die Geldreserven aus Steinbach können also nicht üppig bemessen gewesen sein.

Schließlich gründeten die Steinbächer in der Nähe von Sinsinawa (Wisconsin, Grant County) die ersehnte Farm. Im Laufe der Zeit wurden weitere sechs Kinder geboren. Joseph und seine Familie blieben katholisch, waren in die Gemeinde integriert und wurden angesehen Pioniere.

Als Joseph Weber 1901 im Alter von 81 Jahren verstarb, hinterließ er eine kranke Frau, fünf Söhne, drei Töchter und einen Bruder, John (Johannes) Weber, der in Cassville, Wisconsin lebte. Die Trauerfeier fand in der katholischen Kirche „St. Joseph“ in Sinsinawa statt, wo Pfarrer Pater Schweitzer das Requiem zelebrierte. Eine Jahr später starb Josephs Frau Katharina.

Joseph Weber hatte ein Testament hinterlassen. Die Farm bekam sein 5. Sohn Valentin. Aber er musst seine sieben weiteren Geschwister auszahlen. Die Erbschaftssachen gingen ohne Streit vonstatten.

Der noch in Steinbach geborene Anton Weber (1845-1917), also der älteste Sohn, betrieb wie sein Vater Landwirtschaft, vor allem Viehzucht, jedoch im Pipestone County (Minnesota). Er heiratet 1870 Justina Wiederhold, deren Eltern ebenfalls aus dem Eichsfeld eingewandert waren. Auch Anton war angesehenes Mitglied der Katholischen Gemeinde in Gray. Außerdem war er hier zehn Jahre lang Schatzmeister der Gemeinde und 20 Jahre lang Schulleiter.

Die aus Steinbach kommende Familie Weber vermehrt sich sehr stark. Viele Grabsteine sind noch vorhanden. Ein Enkel Anton Webers, er hieß Anton Arthur Weber (1905-1979), wurde Priester und Missionar in China. Von dort aus berichtete er in Briefen über das Leben in einer fremden Welt. Doch das ist eine andere Geschichte.

Peter Anhalt