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Stadtkurier Neuhaus
Ausgabe 5/2025
2. Nichtamtlicher Teil
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2.1. Nichtamtlicher Bekanntmachungen der Stadt Neuhaus am Rennweg

Auszüge aus den Aufzeichnungen des Chronisten Gustav Töpfer

“In der Chronik 1946 - 1949 geblättert”

Im Juni 1946 wurde in unserem Ort der Volkschor Siegmundsburg von sangesfreudigen Bürgern und ehemaligen Mitgliedern der “Lyra” und der “Sängerlust” gebildet. Die Leitung übernahm der ehemalige Lehrer und Ehemann der Lehrerin Arthur Roos.

Die Drückerei:

Viele Familien waren in Siegmundsburg auf diesem Gebiet tätig. Auch die Kinder mussten hier mithelfen, da diese Artikel schlecht bezahlt wurden. Die Figuren, Tiere und Ostereier usw. wurden nach Limbach zur Firma Heerlein, nach Schalkau und zu dem Bürger Max Reichenbacher in Siegmundsburg geliefert. Aus einer gelben Masse, welche in der Massemühle im Neumannsgrund geholt wurde, gemischt mit Tonerde welche in der Flur von Siegmundsburg zu finden war, wurde die Drück- oder Knetmasse, welche dann eine braune Färbung aufwies, hergestellt. In den Formen, die mit Öl ausgestrichen wurden, wurde die Masse gelegt und beide Formteile dann zusammengedrückt. Anschließend wurde der gedrückte Gegenstand aus der Form genommen und auf ein Brett zum Trocknen gelegt. Nachdem die Nähte verputzt waren, wurde die Ware geliefert. Alle Wege zur damaligen Zeit wurden zu Fuß begangen. Die Ware wurde im Tragekorb transportiert. Ein Verkehrsmittel gab es in unserem Ort damals noch nicht.

Elektrischer Strom auch für die letzte Siedlung Thüringens. Nur wenige wissen, dass es heute noch inmitten des Thüringer Waldes eine Siedlung gibt, in der man nur auf das Licht der Petroleumlampen angewiesen ist. Und das nicht etwa, weil die Lichtleitung durch den Krieg zerstört wurde, sondern weil es hier noch gar keine Lichtleitung gab. Es ist der Steinheider Ortsteil Neumannsgrund. Die SED hat nunmehr die notwendigen Vorbereitungsarbeiten in Angriff genommen, damit auch diese letzte Siedlung des Landes Thüringen an das Netz der Licht- und Kraftwerke angeschlossen werden kann.

11.01.1947

Die Demontagen werden in der sowjetischen besetzten Zone eingestellt. 74 SAG-Betriebe werden an den Landesregierungen zurückgegeben.

Die Lebensmittelkarte VI, die Karte mit den niedrigsten Rationen, wurde abgeschafft.

25.02.1947

Die Läden des ehemaligen Bürgermeisters von Siegmundsburg, Ewald Beck, Ernst Ehrhardt und August Höhn wurden aufgrund ihrer Tätigkeit während der Hitler-Ära geschlossen.

Aufgrund der vielen Diebstähle auf den Feldern unseres Ortes und auf den Wohngrundstücken wurde der Flur Selbstschutz ins Leben gerufen. Jedesmal zwei Männer machten in den Nachtstunden Streife.

Das Jahr 1947 war ein “Dürrejahr”, es herrschte großer Wassermangel. Zu Anfang des Monats Mai konnte schon im Feuerlöschteich gebadet werden. Aufgrund der großen Hitze war die Quelle der Wasserleitung versiegt. Die Oberländer holten ihr Wasser an der Werra-Quelle und die Unterländer am Hartwigsbrunnen. Die Hiftenberger holten ihr Wasser am Pechbrunnen in der Pechwiese. Auch gegenüber der Bäckerei Greiner wurde von dem Bächlein Wasser geholt. Zum Tränken des Viehs wurde Wasser aus dem Grümpenbach beim Peter Seck entnommen.

In der Kartonagen-Fertigung des Bürgers Kuno Bechmann wurde eine Verkaufsstelle des Konsums eingerichtet.

Am 09. Oktober 1947 wurde durch die sowjetische Militärmacht der Befehl 234 erlassen.

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Einführung des 8 Stunden Tages

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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

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Der bezahlte Urlaub für Arbeiter und Angestellte wurde wiederhergestellt und verlängert.

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Jugendliche Arbeiter bis 16 Jahren dürfen nur 42 Stunden, und im Alter von 16 bis 18 Jahren 45 Stunden arbeiten.

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Ab 18.04.1948 ist folgender Urlaub zu bezahlen:

18 bis 24 Tage für schädliche und schwere Arbeit.

12 Tage für alle anderen Werktätigen.

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Ab 01.11.1947 wird in den Betrieben zusätzlich zu den Rationen eine warme Mahlzeit ausgegeben.

Im November 1948 entstand die volkseigene Handelsorganisation (HO). Sie öffnete zunächst in einigen Großstädten freie Läden. In diesen Läden wurden rationierte Waren, die im übrigen Handel nur auf Lebensmittelkarten oder Bezugsschein erworben werden konnten, zu höheren Preisen frei verkauft.

1 kg. Weizenmehl

15.-- DM

1 kg. Margarine

110.-- DM

1 kg. Zucker

33.-- DM

1 kg. Kunsthonig

26.-- DM

1 Brötchen

-.80 DM

1 Paar kunstseidene Damenstrümpfe

27.-- bis 33.-- DM

1 Paar Herrenschuhe

250.-- bis 300.-- DM

Dennoch war der Andrang in den freien Läden groß, denn ihre Preise lagen unter denen des schwarzen Marktes. Da der Konsum bei uns im Ort als einziges Geschäft den Ansprüchen unserer Menschen genügte, wurde kein HO-Geschäft eröffnet. Außerdem befindet sich noch die Bäckerei Greiner am Ort. HO-Geschäfte wurden dann in Steinheid und Scheibe eröffnet.

13.12.1948

Gründung der Pionierorganisation in der sowjetischen Besatzungszone. Bei uns in der Schule zu Siegmundsburg wurde die Pionierorganisation wenige Wochen später, im Jahre 1949, aufgebaut. Als 1. Gruppenratsvorsitzender fingierte der Schüler Rudi Schott. Als dieser 1950 aus der Schule entlassen wurde, wurde der Schüler Gustav Töpfer eingesetzt. Als Gruppen Pionierleiter wurde der Jugendliche Edgar Morgenroth eingesetzt. Da dieser Rundfunkmechaniker von Beruf war, wurde auch angefangen ein Radio zu basteln. Im Jahre 1951/52 verließ dieser dann illegal unsere Republik und verzog zu seiner Freundin in den Westen.

Ab März 1949 steht der Volkschor Siegmundsburg unter seinem neuen Dirigenten Hans Herdan aus Steinheid.

Am 21.05.1949 wurde in den Horch-Werken in Zwickau der 1. Traktor aus eigener Produktion fertiggestellt.

Bildung der Maschinenausleihstationen in der Ostzone. Bei uns wurde in Schmiedefeld eine solche zu einem späteren Zeitpunkt aufgebaut. Auch bei uns im Ort haben die Maschinen der Station den Bürgern viel Hilfe gegeben. Später wurden diese Stationen zur Maschinen-Traktoren-Station (MTS) umbenannt.

Durchführung der 1. Plankirmes in der Geschichte des Ortes.

Aus unserer einklassigen Volksschule muss mit Beginn des neuen Schuljahres am 01.09.1949 die achte Klasse nach Steinheid in die Schule. Da die Fahrmöglichkeiten sehr gering sind, müssen die Schüler mit dem Rad oder zu Fuß in die Schule nach Steinheid. Dieses Vorhaben hat sich aber nicht durchgesetzt und so war dies nur eine einmalige Ausgabe.

Zur Einweihung der Schule in Saargrund am 11.09.1949 nahm auch der Volkschor Siegmundsburg teil.

Seit dem Herbst werden die Stromabschaltungen nach Plan durchgeführt. Zwar saßen wir danach auch noch in regelmäßigen Abständen im Dunkeln, aber zumindest wusste man vorher, wann das sein würde.

Im Jahre 1949 gehörte unser Ort noch zum Amtsgericht Schalkau. Dieses wurde später aufgelöst und das Kreisgericht Sonneberg gebildet.

Zum Ende des Jahres 1949 hatte unser Ort 406 Einwohner.

Rolf Kirchner

Natur- und Heimatfreunde e.V. Siegmundsburg