Der Historiker Dr. Paul Burgard (Saarbrücken) referierte über den „Aufstand an der Orla. Ein Rückblick auf den Bauernkrieg nach 500 – und nach 30 Jahren“, Fotos: Alfred Engelmann
Die rund 120 Besucher des 57. Historischen Vortragsabends kamen von nah und fern.
Bürgermeister Ralf Weiße erinnerte schon in seiner Begrüßung daran: Dr. Paul Burgard, Verfasser einer viel beachteten Darstellung über den Aufstand in Neustadt an der Orla im April 1525, war nicht zum ersten Mal in der Orlastadt. Vielmehr recherchierte Burgard schon vor rund 30 Jahren in den hiesigen Archiven. Am 24. Oktober 1997 stellte er seine Untersuchungsergebnisse den Neustädtern noch vor Erscheinen seines Werks „Tagebuch einer Revolte“ vor. Es war damals der fünfte Historische Vortragsabend des zwei Jahre zuvor gegründeten „Fördervereins für Stadtgeschichte“. Seither ist viel Zeit ins Land gegangen. Die Aufstände, zu denen es in vielen Orten des Alten Reichs und der deutschsprachigen Schweiz gekommen war und die sich 1525 mehr und mehr nach Thüringen verlagerten, liegen inzwischen 500 Jahre zurück. Damals ließen sie die herrschende Ordnung ins Wanken geraten. Und wenn die Ursachen des Aufbegehrens auch vielfältig waren, hatten sie doch allerorten mit der einsetzenden Reformation zu tun.
Aus Anlass des 500-jährigen Bauernkriegsjubiläums konzipierte die „Historische Kommission für Thüringen“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Werner Greiling gemeinsam mit der Forschungsstelle für Neuere Regionalgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Vortragsreihe, die in zehn Orten des Freistaats Thüringen mit jeweils unterschiedlichen Themen und Referenten gastierte. Der Auftakt war am 17. August 2024 in Hohenleuben, der Schlusspunkt wird am 22. Mai in Heldrungen mit einem Vortrag über die letzten Tage von Thomas Müntzer gesetzt. Dabei lag es nahe, in Kooperation mit dem „Förderverein“ und der hiesigen Stadtverwaltung auch in Neustadt an der Orla Station zu machen und erneut Dr. Burgard zum Vortrag einzuladen. Der Saarbrücker Historiker skizzierte unter dem Titel „Aufstand an der Orla. Ein Rückblick auf den Bauernkrieg nach 500 - und nach 30 Jahren“ das spannende und aufwühlende Geschehen in den letzten Apriltagen des Jahres 1525 in und um Neustadt an der Orla. Die Zuhörer erfuhren viel von den Konflikten der Bürger und Bauern mit dem hiesigen Adel, von der Praxis der Plünderungen, die Burgard als „Gewalt unter Vorbehalt“ bezeichnet, und insbesondere von den „Raubzügen“ in die Umgegend, bei denen die Teiche der Herren leergefischt und die Beute anschließend gemeinsam verspeist wurde.
Dass der Neustädter Haufen zeitweise bis auf 3.000 Personen angewachsen war und dass der Widerstand gegen die Obrigkeit für einige Beteiligte harte Konsequenzen nach sich zog, kann man in Burgards Buch auch nochmals nachlesen. In der Neustädter Stadtbibliothek ist es ebenso vorhanden wir in der Universitätsbibliothek in Jena. Jedenfalls zeigte sich keiner der rund 120 interessierten Besucher von der Veranstaltung im Neustädter AugustinerSaal enttäuscht. Und viele nutzten den sich anschließenden Empfang mit Wein und einem kleinen Imbiss, um das Gehörte zu vertiefen und zu diskutieren. Dies war ganz im Sinne der Veranstalter, die lehrreiche Geschichtskultur mit anspruchsvoller Geselligkeit zu verknüpfen versuchen. In Neustadt gelang dies bereits zum 57. Mal.
Dr. Philipp Walter
Geschäftsführer der „Historischen Kommission für Thüringen“