Radiomoderator Volker Rebell bei seinem Vortrag in der Neustädter Stadtbibliothek; Bild: Alfred Engelmann
Widmung im Bibliotheksexemplar von „Ein Beatle in Verden“. Das Buch dokumentiert die Dreharbeiten zum Film „Wie ich den Krieg gewann“. Bild: Alfred Engelmann
Mit fünf historischen Stadtrundgängen auf den Spuren des Zweiten Weltkriegs und des Todesmarsches von KZ-Häftlingen durch Neustadt begann das diesjährige Projekt des „Fördervereins für Stadtgeschichte“ zum Thema „Gegen den Krieg - Weltkriegsende und neue Kriegsgefahr“. Interessierte Teilnehmer waren Schüler der Schlossschule und des Orlatal-Gymnasiums, der Staatlichen Regelschule „Johann Wolfgang von Goethe“ und Bürger der Stadt und der umliegenden Gemeinden. Insgesamt sollen die von der „Partnerschaft für Demokratie im Saale-Orla-Kreis“ geförderten Veranstaltungen an die Schrecken des Krieges erinnern und vor der Gefahr neuer kriegerischer Auseinandersetzungen warnen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war diese wohl noch nie so real wie in diesen Tagen.
Große Aufmerksamkeit fand auch die Lesung von Dr. Hubertus Knabe aus der aktualisierten Neuauflage seines Buchs „Der 8. Mai als Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland“ am 20. Mai in der Stadtbibliothek. Nüchtern und sachlich schilderte der prominente Historiker und Gründungsdirektor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen die Nachkriegszeit im Osten des Deutschen Reichs und danach in jenen Territorien, die seit Sommer 1945 zur Sowjetischen Besatzungszone wurden. Das wichtigste Kriegsziel der Roten Armee, so Knabe, sei keineswegs eine „Befreiung“ gewesen, sondern die militärische Niederschlagung Hitlerdeutschlands. Dies war mit Plünderungen und Zerstörungen, Massenvergewaltigungen und Liquidierungen verbunden, wobei sich die Gewalt auch gegen sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland, die eigenen Landsleute also, gerichtet habe. Der Lesung schloss sich eine Diskussion von beklemmender Eindringlichkeit an, in der auch unterschiedliche Sichtweisen und verschiedene Deutungsperspektiven ausgetauscht wurden. Das Narrativ der „Befreiung“ sei auch deshalb zu hinterfragen, weil im Osten Deutschlands unter sowjetischer Besatzung erneut eine Diktatur errichtet wurde.
Den Vortrag mit Buchvorstellung, Filmszenen und Musik des Journalisten und Radiomoderators Volker Rebell am 6. Juni verfolgten exakt 62 Besucher. Rebell hat ein Buch über den englischen Antikriegsfilm „Wie ich den Krieg gewann“ veröffentlicht, der 1967 in die Kinos kam und als „respektlose Demontage sämtlicher Kriegsfilmklischees“ gilt. Der bekannteste Darsteller ist John Lennon, der auf dem Höhepunkt seiner Beatles-Karriere einen Soldaten des Zweiten Weltkriegs spielt. Die Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Krieges wird auf satirisch-tragikomische Weise mit teilweise makabren Szenen vor Augen geführt. Ein Exemplar seines Buchs mit dem Titel „Ein Beatle in Verden“ hat Volker Rebell der Stadtbibliothek Neustadt übergeben, wo es seither ausgeliehen werden kann. Seine Widmung beendet der Kultmoderator mit den Worten: „Nie wieder Krieg - Make Love Not War“. - Dem ist nichts hinzuzufügen.
Prof. Dr. Werner Greiling
Förderverein für Stadtgeschichte e.V.