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Vogtei-Echo - Amtsblatt der Gemeinde "Vogtei"
Ausgabe 13/2023
Heimatgeschichte
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Was Kamerten vum Lutherfaste in Arfert erziahlt

1.

Im Müllhisser Bluate do hatt ich gelasen,

se machten in Arfert änn grueßes Waasen,

se wull'n d'n Dokter Luther Ihren,

änn prachtigen Zoog derh de Schtuad ufführen.

2.

Ich doochte – un wanns eumol kost änn puar Tualer,

döi häste nach wenigstens verr doi Schtater.

Un schiene muss es sieh, sue wiese do beschrebbn,

du bist je sust immer drheime geblebbn.

3.

Gald häste je genung, verr was suastan schpuare,

du kast je eumol nach Arfert gefuahre.

Am Mittwochen, smorgens do zuug ich mich uahn,

un ging in de Schtuad an de Isenbuahn.

4.

Do wuahr abber än gefahrlich Gedränge,

vun Menschen, me kunnt sich nach niengezwänge.

Jetzt hatt ich de Kuarten, nun abber flink in d'n Wäun,

dr Schaffnar, dar pfäff, furt simme, wie gefläun.

5.

Un kuamen, kaum dass mes uns versuahn,

schunt morgens am selben Taje in Arfert uahn.

Ich hatte natürlich gefahrlichen Hunger,

drimm schnätt ich än tüchtiges Schtick Broteworscht runger.

6.

Eu hat ich drbie nach än halbes Bruet.

Ich kann uch gesaje, äs schmackte siehr guet.

Nun gings in änn Bierhus, dann uff doi Worscht,

do krächt ich änn erbarmlichen Dorscht.

7.

Wie ich nun gegassen, änn gaatliches Knistchen,

un Bier getrunken, do lacht ich mich ins Fistchen.

Nun wusst ich nich raacht, wuas ich uahn sull fange,

dann bis zum Fastzooge, do duurt es nach lange.

8.

Wie ich änne Wiele hat gesassen,

do fuhl mich ihn, was ich baal vergassen.

Bim Obschied drheim, sait Marie-Anneliese,

in Arfert, do loss dich de Glocken wiese.

9.

Doi äss nach grösser wie alle dröi,

vun unsern Kärchen in dr. Vogtoi.

Doi hängt uffn Dome, doi musste sieh,

dann sue wuas gätts uff dr Walt nich mieh.

10.

Ich doocht ans Schprichwort vum Papst un vun Rom,

un bänn ebbar d'n Willemsplatz gung ich hän zum Dom.

Uff dan Schtroßen do wuar änn gefahrlich Getümmel,

me suag nur Mainschen un Hisser un Himmel.

11.

An dan Ihrenpforten, verr Junker Jörg,

ich drängte mich abber glücklich derch.

Un kuam nach gerade, als wie gerufen,

am Dome uahn, mätt dan vialen Stufen.

12.

Änn Mann schloss grade uff d'n Torm,

nun gings trepp-uahn, gungs wie im Storm.

Ich wuahr d'r Erschte, un ferr ungefahr,

sue gruade tousend Mainschen hingerhar.

13.

Uff eimol wuahr ich uff änner Gallerie,

do kumme sich wiet inhar imgesieh.

Ich abber machte flink uff de Teer,

ich hatte bange, se drängten sich veer.

14.

Nun wädder treppuff, ich hatte kaum Odd'n,

bis dass ich kuam, uff d'n ebberschten Bodd'n.

Do schtung ich nun, un wuar ganz verschrock'n,

do grade vermich, do hung se, de Glock'n.

15.

Sue grueß binoh wie min Nabber sin Huus,

sust suagse wie andere Glocken uus.

Nun bänn ich nich schtille drbie schtieh geblebb'n,

ich dann belasen, wuas druff äss geschrebb'n.

16.

Un wuas do verr Nuahmen han druan geschtin,

dorebber es je änn Wielchen verginn.

Ich wuahr je alleine, känn Mainsch wuar drbie,

do kunn ich das Ding sue racht uahngesieh.

17.

Uff emmol do horch ich: Wuas gätts dann do ungen,

das äss je Musik, do wärd je gesungen.

Das äss dr Fastzoog, nun wärds abber Ziet,

dass me was drvon sesinn krit.

18.

Ich springe sue flink, als wie mancher Junger,

döi vialen dunkeln Treppen runger.

Un kuam an de Teer nach d' Gallerie,

do wuarsch mätt minner Freide verbie.

19.

Do drussen, do wuar änn gefahrlich Gedränge,

vun dar förchterlichen grueßen Mainschenmenge.

Zum Unglück ging nach ussen de Teer,

wull tousend Mainschen stungen drfeer.

20.

Do kumme vun do, sue raacht us d'r Hieh,

dan ganzen grueßen Platz ebbersieh.

Ich schtung abber im dunkeln, wie im Kall'r,

do drussen natürlich wuarsch daste hall'r.

21.

Ich hann gebattelt, geschumpft, reserniert,

dach hätt mich do drussen känn Mainsch gehiert.

Dröi Schtuine hann ich geschtackt sue im Thorme,

erbarmen guabs nich, met mich ormen Worme.

22.

Erscht wie döi ganze Geschichte verbieh,

kunn ich mätt dahn andern runger gegieh.

Ich gung an Buahnhof, do hatt ich nach Glück,

dann ich fuhr mätt d'n erschten Zooge zurück.

23.

Un wie ich's verziahle, d'rheim minner Ahlen,

do hätt se sich verr Lachen d'n Buch gehahlen.

Un hätt mich nach tichtig usgelacht,

un äu nach änn bisschen schlacht gemacht.

24.

Na Kamerten seitse, das äss abber ebbertrebben,

swerr besser du wörscht drheim geblebbm.

Sue aalt un sue dumm, me sills gor nich denke,

höi häste zwei Gröschen un gieh in de Schenke.

25.

Verziahl allen Lieten, wuas du häst gesinn,

un wu de bim grueßen Fastzooge häst geschtinn.

Un denk an das Schprichwort jeden Morgen,

war dahn Schuaden hätt, bruch verrn Spott nich se sorgen.

Dann ferr viale schtitt in jeden Falle,

de Dummen waarn im Laben nich alle!

Das vorstehende Gedicht in Vogteier Mundart, vermutlich um 1925 (?) entstanden, wurde mir vom Heimatfreund Kurt Heilwagen, Nazza, zugesandt. Geschrieben wurde dies von Ernst Noll in Freitagszell, so die Unterschrift. Er soll in Oberdorla geboren sein, nach einem Hinweis. Die Schreibweise gibt uns einen weiteren Grund zur Annahme.

Kurt Heilwagen lässt an dieser Stelle alle interessierten Leser fragen, ob sich aus dieser Familie noch Nachkommen in Oberdorla aufhalten. (Telefon 036924/30228)

Armin Walter/Renate Gladitz