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Vogtei-Echo - Amtsblatt der Gemeinde "Vogtei"
Ausgabe 21/2023
Heimatgeschichte
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900 Jahre Archidiakonat

Das Jahr 2023 ist schon ein besonderes, auch wenn es von vielen garnicht als solches wahr genommen wird. 900 Jahre Archidiakonat, ein Anlass darüber zu schreiben und auf unser Stiftsgebäude aufmerksam zu machen. Oberdorla war im Thüringer Gebiet ein bedeutender Ort. Der Stift wurde Archidiakonat und gehörte damit zu den 5 Verwaltungszentren in Thüringen. Unser Stiftsgebäude soll das Letzte, noch erhaltene, in ganz Thüringen sein und gehört damit zu eines der ältesten Gebäude im Unstrut-Hainich Kreis. Ein Schatz den es zu erhalten gilt. Leider ist der Zustand des Gebäudes kein Aushängeschild für unsere Vogtei. Es gab schon mehrer Versuche dies zu ändern, leider bis jetzt ohne eine Lösung. Das genaue Datum, zur Ernennung zum Archidiakonat, ist nicht bekannt. Der erste Nachweis ist eine Urkunde aus dem Jahr 1123. - Mühlhäuser Urkundenbuch Nr. 31 - In dieser Urkunde erscheint der Propst von Dorla erstmals in der Funktion eines Archidiakons. Diese Urkunde hat folgenden Inhalt und ist eine Übersetzung von Sanitätsrat Dr. Bienwald:

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Bekannt soll es werden sowohl den Späteren, wie den Jetztlebenden, dass Bobo, ein freier Mann, mit seinen Brüdern, Verwandten und Freunden auf seinem Grund und Boden ein Kirchlein errichtet hat zur Ehre Gottes, Jesus und seinen Heiligen in dem Orte, der Sebeche (Seebach) heißt.

Auch hat der Erzbischof und Legat des apostolischen Sitzes, Adalbert (von Saarbrücken Erzbischof von Mainz 1100-1137), diese Kirche Taufe, Begräbnis und andere geistlichen Verrichtungen übertragen im Einverständnis mit dem Propst Richard von Dorla, der das Kirchenspiel und die Mutterkirche zu verwalten hat, und dessen Erzpriester Hunold.

Dieser Pakt soll aber gesichert für alle Ewigkeit gelten. Der nämlich oben genannte Bobo hat von seinem Lande so viel der Kirche gegeben, wie diejenigen, die ihm zu diesem Pakt geraten haben, gewünscht haben. Auch das soll man wissen, dass dieser nämliche Bobo diese Kirche nach seinem Willen und nach dem Wunsche des Erzbischofs so selbständig gemacht, dass er und seine Erben nur so viel Macht über sie haben, als er selbst festgelegt hat. Allen Einwohnern des Orts soll sie offen stehen. Es soll dem Propst auch nicht gestattet sein, einen anderen Priester für den Altar zu bestimmen als einen, der ihm von den Ortsansässigen vorgeschlagen wird. Der sollte, wenn er würdig wäre, von dem Propst bestätigt werden.

23. Juli 1123

Thüringen wurde in 5 solcher Bezirke eingeteilt und hatte 13 Erzpriester die dem Propst unterstanden. Welche Bedeutung der Ort hatte kann man schon anhand der Karte erkennen. Zwischen den Jahren 1000 und 1050 richtete das Erzdiözese Mainz in Thüringen Archidiakonate ein, kirchliche Verwaltungsbezirke, die zu dieser Zeit große Machtbefugnisse hatten. Im Mainzer Territorium in Thüringen wurden folgende Archidiakonate gebildet und nach dem Archidiakonatssitz benannt:

St. Marien-Erfurt, St. Severien-Erfurt, Heiligenstadt,

Jechaburg bei Sondershausen und Oberdorla.

Der Verwaltungssitz des Oberdorlaer Archidiakonats war das Oberdorlaer Stift; der war der jeweilige Propst, sein Stellvertreter der Offizial des Dorlaer Stiftes. Das Gründungsjahr des Dorlaer Stiftes ist nicht überliefert, erstmalig wird der Propst Richardt 1123 als Archidiakon genannt. Oberdorla lag an der nördlichen Stelle dieses kirchlichen Verwaltungsbezirkes, die entferntesten Orte des Archidiakonats lagen über 60 km südlich.

Wie Jechaburg wurde Oberdorla als Sitz dieses kirchlichen Zentrums gewählt, weil ehemals heidnische Kultzentren in der Nähe lagen. Das Archidiakonat Oberdorla war in 13 Verwaltungsbezirke unterteilt, die sich Erzpriestersitze nannten, von diesen wurden insgesamt 131 Pfarreien betreut.

Erzpriestersitze oder Sedesorte waren:

Oberdorla selbst, Falken, Heringen/Werra, Röhrda im Ringgau, Vacha in der Rhön, Ochershausen, Mihla, Lupnitz, Ufhoven, Creuzburg/Werra, Hausen und Behringen.

Der Official des Archidiakonats war zumeist mit der Wahrnehmung der geistlichen Gerichtsbarkeit vertraut. Da Oberdorla weit von den südlichen Orten entfernt lag, stand dem Official in Eisenach ein Gebäude zur Verfügung, in dem er seine Amtshandlungen durchführen konnte. Wenn in einem Ort des Archidiakonats über Brandstiftung, Raub, Beleidigungen oder andere sehr weltliche Delikte verhandelt werden musste, so waren weltliche Gerichte dafür zuständig. Doch bei ehelichen und eherechtlichen

Angelegenheiten, bei Schacher, Wucher, Gotteslästerung und bei Zauberkünsten aller Art, unterstanden die Täter die Gerichtsbarkeit des Archidiakonats. In der Eisenacher Zweigstelle des Oberdorlaer Archidiakonats wurden Gerichtsverhandlungen über Bewohner der Rhön, des Ringgaues und des Werratales abgehalten, soweit sie zum Dorlaer Archidiakonat gehörten. In Oberdorla fanden bedeutsame Verhandlungen kirchlicher Angelegenheiten und Besitzungen statt, wie an einer Urkunde gezeigt wird:

1148, Februaris zu Dorla:

Erzbischof Heinrich I. von Mainz bestätigt dem Kloster des heiligen Michael zu Gerode (Eichsfeld), unter Abt Eberhard, die Schenkung Lehngüter zu Helven (Klosterhof Helbe bei Klein-Berndten) durch den Freien Christian genannt von Roth (nomine de loco qui dicitur Roth) und den Gütern von den erzbischöflichen Ministralien Hugo von Heringen. U.d.Z.: Godeboldus prepositus de Thurlon. Comes Ernestus, Godefridus de Amanaburg, Frater Wikerus, Rokerus de Billsten. Ministratlis: Heinricus de Cornere (Körner) usw. Acta sunt hec.a.d. 1148 indict. X regnante rege Cunrado huis nominis III. Data Thurlon.

Mainz wollte mit der Gründung der Archidiakonate seine Macht in Thüringen organisatorisch festigen und ausbauen. Der Gerichtsschreiber Hans Parze schreibt darüber in seiner

"Landesgeschichtsschreibung"

"Mehr als in jedes andere Territorium des Landes ist Mainz in die große Geschichte Thüringens verwickelt. Seine Kerne waren Erfurt mit den reich ausgestatteten Stiften und Klöstern St. Marien und St. Severia, die Stifte und Archidiakonatssitze Dorla, das Stift St. Martin Heiligenstadt und das Stift Jechaburg."

Und an anderer Stelle:

"Der Propst von Dorla, Nicolaus Lübig, Sohn eines Eisenacher Bürgers, hat sich lange in Rom aufgehalten, damit unsere Herrschaft wohl gedeihen könne".

Vorgesetzter der Thüringer Archidiakone war der Erfurter Weihbischof mit dem Titel:

"Vikarius generalis in pontificalibus per Thuringiam, Hassiam et Eichsfeldiam."

Nennung von Oberdorlaer Pröpsten, Officialen und Erzpriestern:

Durch Verkaufsurkunden und andere Urkunden sind die Namen vieler verantwortlicher Kirchenleute des Stiftes von Oberdorla erhalten geblieben. Die meisten Erwähnungen sind den Urkundenbüchern von Herpuet, Hübner oder Dobenecker entnommen.

Nennung von Oberdorlaer Pröpsten, Officialen und Erzpriestern:

1083 Propst Embricho

1123 Propst Richardt und Erzpriester Hunold

1148 Propst Godebold

1152 Propst Burchardt I.

1207 Propst Burchardt II.

1217 Propst Folkwin

1223 Propst Folkwin, Erzpriester Günther

1249 Propst Simon (Auch Domherr von Mainz)

1260 Vicepropst Rudolf

1269 Official Rudolf

1274 Propst Gerhard

1304 Official Hartung

1309 Official Berthold

1322 Official Wytkind

1330 Domherr von Botycherode

1330 Propst Botho von Stollberg, Graf

1334 Peter von Bebelheim

1347 Propst Konrad von Worbis

1362 Propst Dietrich

1364 Propst Orthonius

1399 Propst Nikolaus Lübich

1408 Propst Mathias Hebestein

1413 Propst Verlt

1417 Propst Johannes Schönberg

1418 Propst Johannes Scheubing

1437 Propst Johannes Menzer, Official Werner Dransfeld

1447 Dietrich v. Bodenrode, er wurde Generalrichter in Erfurt

1462 Official Konrad Uden (Udonis)

Die von 1123 an genannten Pröpste waren gleichzeitig Archidiakone, sie hatten ihren Wohnsitz in der Oberdorlaer Propstei, im jetzigen Pfarrhaus. Der Generalrichter in Erfurt war der Vorgesetzte der Archidiakone und Officialen in rechtlichen Angelegenheiten.

Quellen: Paul Karmrodt, Hermann Herwig und einer Studienarbeit, die auf dem Bürgermeisteramt liegt.

Heimat- und Trachtenverein Oberdorla

Hans W. Schuhmann