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Vogtei-Echo - Amtsblatt der Gemeinde "Vogtei"
Ausgabe 23/2024
Gemeinde Vogtei
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Nichtamtlicher Teil

Nachruf auf Pfarrer Wolfgang Senz

(geb. 14.2.1947, gest. 31.10.2024;

Pfarrer in Oberdorla 1982-2007)

„O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt,

die den ganzen Tag und die ganze Nacht

nicht mehr schweigen sollen.“ (Jesaja 62, 6)

- dies war der vorgeschriebene Text für die letzte Predigt im aktiven Dienst, die Pfarrer Wolfgang Senz am Reformationsfest 2007 in Oberdorla hielt. Was für ein Datum und was für ein Text für diese bemerkenswerte Predigerpersönlichkeit. Der Heilige Geist weht eben doch, wo er will!

„Gehet ein, gehet ein durch die Tore!“ heißt es im oben zitierten Text weiter: Am Reformationsfest 2024 ist Wolfgang Senz durch dieses Tor in Gottes Ewigkeit heimgerufen worden.

Wenn ich mir diesen unseren Pfarrer in Erinnerung rufe, so sehe und höre ich ihn in erster Linie als jemanden, der eine übersprühende Freude daran hatte, zu predigen und Gottesdienste zu feiern und nicht nur zu absolvieren. Ja, Wolfgang Senz hatte etwas zu sagen und war dran am Wort Jesu, der spricht: „Ihr seid das Salz der Erde.“ - und nicht: Ihr seid der Zuckerguss. Er hat dem prophetischen Amt der Kirche eine Summe gegeben und das Evangelium in den Alltag gebracht, das uns aus sich selbst heraus oft genug über Kreuz liegt. Darüber war zu reden und zu streiten und darüber wurde geredet und gestritten, weil es von Relevanz war und nicht unter den Teppich gehörte.

Was das auch für die eigene Geradlinigkeit in der Zeit der kirchenfeindlichen SED-Diktatur bedeutete, muss uns größte Achtung abringen. Ich denke da beispielhaft an den evangelischen Kindergarten und glaube, diesen gäbe es ohne die Beharrlichkeit von Pfarrer Senz heute nicht mehr.

Doch es ist zu kurz gedacht, Pfarrer Senz auf dieses prophetische Amt zu reduzieren. Es verkennt die seelsorgliche Summe seines Wirkens. Der Trost, den er aus Gottes Wort spenden konnte, war ein Zeichnen zarter Hoffnungsbilder und nicht ein rasches Dahinpinseln von Rührseligkeiten. Vielleicht war diese zarte Saite für manche dann auch überraschend oder wurde gar übersehen. Ein Widerspruch war sie keinesfalls, weil uns in Wolfgang Senz ein leidenschaftlicher Zeitgenosse begegnete. Und die Medaille der Leidenschaft hat eben immer zwei Seiten.

Mit Leidenschaft hatte es sicher auch zu tun, was er in Oberdorla baulich bewegte. Die Kirchturmsanierung, die Notsicherung des Stiftsgebäudes, die weitsichtige Renovierung des Jugendheims, die Restaurierung des prächtigen Buntglasfensters im Altarraum, die grundhafte Sanierung des Pfarrhauses zum Ende seiner Dienstzeit. Hier wurde mit Verantwortung und großem Geschick immer wieder um Spenden geworben und gleichzeitig nachhaltig gespart und die Vorhaben begeisternd breit kommuniziert: Eben Gott ein Haus bauen und nicht nur Gottes Häuser verwalten. So Möglichkeiten der Begegnung schaffen und immer den Anspruch haben, diese als Bereicherung, ja in guter reformatorischer Manier als Bildungserlebnis zu verstehen. Wolfgang Senz‘ Amtszimmer war ein Denkort - oft bis spät in die Nacht. Allein die sorgfältige thematische Vorbereitung jeder Frauenhilfsstunde zeigt, dass es ihm bei kirchlichen Angeboten wirklich um einen Mehrwert für die Menschen ging.

Dass dabei auch neue Wege zu gehen sind, davon zeugen inzwischen zur Tradition gewordene Dinge, die damals auch regional bahnbrechend waren: Johannis- und Martinsfest, die Angergottesdienste an Pfingsten und Kirmes, die Ausbildung qualifizierter Lektorinnen, neue Formen des Krippenspiels, das Kinderabendmahl und die zahlreichen neuen Lieder, die Pfarrer Senz fest in der Gemeinde verankert hat.

Ich möchte mich hier auf diese Erinnerungen begrenzen. Ein Nachruf ist ein Bild, das eine Person zeichnet und eine andere Person wird ihre eigenen Erinnerungen teilen. Diese Bilder sind hell und dunkel, bei manchen bleiben vielleicht auch weiße Stellen auf der Leinwand. Die sollten dann nicht durch verklärte Erinnerungen übertüncht werden. Mein Vertrauen ist darauf gerichtet, dass es am Ende sowieso Gott ist, der all das zum schönsten Gemälde zusammensetzt und dem unser Dank für das Geschenk des Lebens von Wolfgang Senz gebührt. Der höhere Chor ist nun sicher um Wolfgangs schöne Summe reicher. Vielleicht ja auch mit einem Protestlied - ein Protestlied gegen den Tod, dass er uns hier so ans Herz gelegt hat:

Ich sing dir mein Lied - in ihm klingt mein Leben.

Die Töne den Klang hast du mir gegeben

von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen,

du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Johannes Zähle