Bild H. M. Labitzke: Oberdorlaer Bankgebäude 1930
Bild H. M. Labitzke: Friedrich Erdmann mit Frau Else, Anlass war die Silber-Hochzeit 1947
Anwalt und Freund Joseph Appelrath
Nach dem 1. Krieg kam Friedrich Erdmann, bezüglich des Geldwesen und der zunehmenden Zahl der Vorgänge, auch in Oberdorla, welches 3000 Einwohner zählt, der Gedanke eine Verkehrsstelle dafür im Ort zu schaffen. Es entstand hieraus am 1. Juni 1923 die Genossenschaftsbank als Kreditgenossenschaft e.G.m.b.H. zu Oberdorla. Im Jahre 1924 hatte Bank 412 Mitglieder und bis April 1939 stieg ihre Zahl auf 1213 Mitglieder und eine Jahresbilanz von 19 /2 Millionen RM. Seit 1934 gehörte die Bank der gesetzlichen Prüfungsverband an, die das Institut einer jährlichen Überprüfung unterzog. Im Jahre 1925 war im Vorstand Friedrich Erdmann aus Oberdorla, Kurt Kömel aus Kammerforst, Fritz Erdmann und Wrede aus Oppershausen, im Aufsichtsrat der Vorsitzende Ortwin Stollberg Landwirt und Mühlenbesitzer, Adam Karmrodt Landwirt, Johann Michael Breitbarth Landwirt, A. Breitbarth und O. Schreiber. Die Bank war Mitglied im Thüringer Genossenschaftsverband e.V., sie hatte ihren Sitz in Gotha.
Nach der Machtergreifung der NSDAP versuchten diese Einfluss auf diese Verband zunehmen, eine ihrer Forderungen war die Entlassung des Vorstandes. Die Mitglieder der Oberdorlaer Bank fühlten sich 1934 nicht mehr von dem Verband vertreten. Landwirtschaft und Handwerk hatte im Verband keine Bedeutung mehr, dies wurde auf einen Verbandstag deutlich und so trat man aus selbigen aus. Nun war man auf der Suche nach einem neuen Verband, denn der Raiffeisenverband in Erfurt wollte die Oberdorlaer Bank nicht aufnehmen. In Halle war man bereit die Oberdorlaer Bank aufzunehmen, so trat man dem Landwirtschaftlichen Genossenschaftsverband der Provinz Sachsen bei. In der Zeit des 3. Reich wurde die Bank immer wieder aufgefordert, an die verschieden Gruppierungen der NSDAP, zu spenden, was auch gemacht wurde. Die SA wollte von der Bank Tornister und Dolche bezahlt haben, dies wurde aber abgelehnt. Man entschied für einen Schellenbaum, damit konnte man keinen Schaden anrichten und man konnte der Bank keine Vorwürfe machen. Der Vorstand bekam öfters Schwierigkeiten mit dem Landrat Ruhs und dem NSDAP Kreisleiter Vollrath, so wurde Friedrich Erdmann 8 Tage in Schutzhaft bei der Gestapo in Erfurt genommen und Ortwin Stollberg kam 4 Monate ins Gefängnis. Bei diesen Streitigkeiten wurde die Bank vom Rechtsanwalt Joseph Appelrath, ein Mühlhäuser Anwalt und Freund, vertreten. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches 1945 verließen die NSDAP-Mitglieder den Vorstand. Es war dies Kurt Kömel und Gustav Röth aus Kammerforst. Der aus Kammerforst stammende Kömel war Träger des Goldenen Parteiabzeichens, trotzdem sollte er und Röth schon 1934 aus der Partei ausgeschlossen werden. Nach dem Einmarsch der Amerikaner am 4.4.1945 musste die Bank am 8. Mai 39.200 RM herausgeben. Dieses Geld verteilten die Amerikaner unter den polnischen und französischen Zwangsarbeiter in Oberdorla.
Die Angestellten der Banken mussten im Juni 1945 Fragebögen zu ihrer Zugehörigkeit zur Partei, Formationen oder Gliederungen der NSDAP ausfüllen. Am 19. Juni 1946 fragte die Bank, beim Raiffeisenverband Thüringen in Erfurt, nach einer Wiedererlangung des von den Amerikanern verteilten Geldes nach. Des weiteren waren bei der Bank 26.732,55 RM an Parteigeldern beschlagnahmt worden.
1946 war Friedrich Erdmann Geschäftsführer, Vorsitzender und Bankvorstand, Stellvertreter war Paul Erdmann Postagent aus Langula, im Aufsichtsrat der Vorsitzende Ortwin Stollberg, Stellvertreter Adam Karmrodt, die weiteren waren Heinrich Breitbarth Landwirt Oberdorla, Joh. Michael Breitbarth, Berthold Muder Landwirt Oberdorla, Karl Pressler
Landwirt aus Langula, Paul Schönfeld Landwirt aus Niederdorla, Albert Ackermann Dachdecker aus Oberdorla und Martin Breitbarth Weber aus Oberdorla. Friedrich Erdmann setzte sich für eine Vereinigung mit der Mühlhäuser Kreissparkasse ein. Ob es zur Vereinigung der Oberdorlaer Bank mit der Mühlhäuser Sparkasse kam, ist mir nicht bekannt.
Aus alten Sparbüchern geht hervor, dass die Kunden der Oberdorlaer Bank von der Raiffeisenbank übernommen wurden. In den alten Bankbücher sind noch Eintragungen der Raiffeisenbank aus den Jahre 1960 zu finden. Aus einem Schreiben vom 19.6.1945 geht hervor, dass die Oberdorlaer Bank folgende Filialen hatte:
Görmar, Höngeda, Seebach, Flarchheim, Niederdorla, Langula, Oppershausen und Kammerforst. Die letzte Vermögensbilanz stammt vom 31. Dez. 1950 und war die Maschinenpark-Bilanz, sowie eine Gehaltsliste, aus dem Jahr 1951. Das Bankgebäude wurde Mitte der 80iger Jahre an die Familie Labitzke verkauft. Ihr ist auch zu verdanken, das viele Unterlagen, Fotos, Urkunden (leider werden immer noch 84 Urkunden vermisst, die in den 90iger Jahren übergeben wurden) und Filmmaterial erhalten blieb und nicht entsorgt wurden.
Die Oberdorlaer Bank finanzierte mit Krediten die Wiedereröffnung des Steinbruchs im Hainich, die Gründung der Firma Weber, den landwirtschaftlichen Fuhrpark, unterstützte die Käserei Weiß, die Schuhfabrik Erdmann und den Bau der Siedlungshäuser in der Mühlhäuser Straße, Marktweg, Heimstättenweg und Konrad-Lange-Straße. Der landwirtschaftliche Fuhrpark bestand aus Holzmaschinen, Zugmaschinen, Scheibeneggen, Binder, Pflüge, Anhänger, Maschinen für Feld- und Scheunendrusch, Kartoffeldämpfer, Saatgutreiniger und Flachsraufmaschinen. Diese Angaben stammen aus dem Jahr 1944. Sie hatte sich in den 30iger und 40iger Jahren zu einer der größten Genossenschaftsbanken im Deutschen Reich entwickelt.
| In dem Statut der Bank waren z. B. festgelegt: | |
| - | Beteiligung: Jedes Mitglieder kann maximal 100 Anteile a. 10 RM erwerben. Die Haftung betrug 100 RM je Anteil. |
| - | Mitglied können nach schriftlicher Beitrittserklärung, Personen, Gesellschaften, Korporationen oder verpflichtungsfähige Vereine werden. Aufnahme durch Vorstand und Aufsichtsrat. |
| - | Die Mitgliedschaft erlöscht, nach einem Ausschließungsverfahren, Austrittserklärung oder durch Tod eines Mitgliedes, immer zum Jahresende. |
| - | Der Vorstand besteht aus 2 oder 3 Mitgliedern, den Geschäftsführer und den Kontrolleur. |
| - | Der Aufsichtsrat besteht aus 3 bis 9 Mitgliedern. Die Wahlperiode läuft von Generalversammlung zu Generalversammlung. Ein Drittel scheidet nach jeder Periode aus. Erst durch Los, später nach Eintritt der Einzelnen. An den monatlichen Aufsichtsratssitzungen hat der Vorstand einen Kassenbericht vorzulegen. |
| - | Nach Abschluss des Geschäftsjahres findet eine Generalversammlung statt. Diese muss im Mühlhäuser Anzeiger bekannt gegeben werden. Durch die Mitglieder, den Vorstand oder des Aufsichtsrates kann eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen werden. Hier sind die Bilanz über Gewinn und Verlust, Beschwerden und sonstige Vereinsangelegenheiten darzulegen. Beschlüsse der Generalversammlung haben bindende Kraft. |
| - | Die Genossenschaft darf Immobilien nur zur eigenen Nutzung erwerben. |
| - | Jede Art von Spekulationsgeschäften ist ausgeschlossen. |
| - | Kredite kann nur an Mitglieder vergeben werden. Hauptamtliche Vorstandsmitglieder sind während der Amtsdauer ausgeschlossen. |
Der Bericht wurde unterschrieben vom Vorstandsmitglied Kurt Kömel und von den Aufsichtsratsmitgliedern Karmrodt, Breitbart, Stollberg und Schönfeld.
Heimat- und Trachtenverein Oberdorla
Hans. W. Schuhmann