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Oppurger Anzeiger
Ausgabe 2/2024
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Klaus Hetzer

In Gedenken an Klaus Hetzer

(1927 - 2023)

Einen unermüdlichen ehemaligen Oppurger Lehrer, Chronisten, Heimat- und Ahnenforscher mit viel, viel Leidenschaft

Wenn ich an Klaus Hetzer denke, habe ich sofort Bilder und Erinnerungen aus meiner Schulzeit vor Augen.

In den 1960er Jahren war Klaus Hetzer mein Lehrer für Zeichnen und später Kunsterziehung, der einmal in der Woche die AG (Arbeitsgemeinschaft) - Junge Historiker - anleitete, zu der auch ich gehörte.

Durch ihn wurde mein und auch das Interesse einiger anderer Schüler für Orts- und Heimatgeschichte angefeuert. Er war ein engagierter und leidenschaftlicher Lehrer der gern mit jungen Menschen arbeitete und dabei viel weiterzugeben hatte.

Seinem Wirken als Ortschronist ist es zu verdanken, dass wir heute eine so umfangreiche dokumentierte Sammlung von zusammengetragenen und bearbeiteten heimatgeschichtlichen Aufzeichnungen haben.

Ich glaube sagen zu können, dass sein Lebenswerk ganz oben in einer Reihe von heimatgeschichtlichen engagierten ehemaligen Oppurger Einwohner, wie Friedrich Dedié, Karl Gottlieb Schilling, Max W.Schulz, Harry Wünscher und einiger anderer einzuordnen ist.

Durch jahrzehntelanges sammeln und aufarbeiten von geschichtlichen Daten, Fakten und Dokumenten hat er mehr als 30 gedruckte Manuskripte über die engere Heimat Thüringen, den Orlagau, das Orlatal und besonders die Orte Oppurg, Kolba und Rehmen in Eigenregie verfasst, darunter Werke wie:

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Oppurg und seine Bewohner im Laufe der Jahrhunderte

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Die Besitzer der Gehöfte in Oppurg, Kolba und Rehmen

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Das Familienbuch von Oppurg, Kolba und Rehmen

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Abhandlungen über Traditionen, alte Berufe, Leben und Sitten in früherer Zeit und natürlich mehrere Bände der Oppurger Chronik mit Kolba und Rehmen.

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Er schrieb die erste Version der Oppurger Schulchronik (diese wurde von Karl Möcker weiter ausgearbeitet).

Mit den von Klaus Hetzer verfassten Werken und den zusammengetragenen Fakten verfügt Oppurg über ein hervorragend aufgearbeitetes Archiv seiner Vergangenheit, einen Schatz für jeden heimatgeschichtlich interessierten Bürger.

Doch was wissen wir über Klaus Hetzer, der eher sehr zurückhaltend und unauffällig hier lebte. Kurz vor seinem 96. Geburtstag erzählte er mir einiges aus seinen Leben.

Klaus Hetzer wurde am 22. Mai 1927 als erstes Kind des Ehepaars Hugo Edmund Hetzer aus Langendembach und seiner Frau Gertrud Klara geb. Lindig aus Oppurg geboren. Nach der Übergabe des elterlichen Hauses an Gertrud Klara zog das Paar 1936 nach Oppurg Schmiedestrasse 100 (heute Nr. 11). Nach anfänglich glücklichen Kindertagen begann 1939 der zweite Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen. Die Familie Hetzer galt als Teilselbstversorger, da sie etwas Getreide erntete und auch jährlich ein Schwein schlachtete. 1942 wurde dem Ehepaar Edmund und Klara Hetzer der zweite Sohn, Helmer Hetzer geboren. Vater Edmund wurde 1943 einberufen und nach einer kurzen Ausbildung in einem Pionierregiment zum Stellungsbau an die Ostfront versetzt.

1942 begann Klaus eine Lehre als Klischee-Ätzer (später nannte man es Chemograph) im Vogel Verlag in Pößneck. Nach knapp 2 Jahren, im Januar 1944 versetzte man ihn mit 16¾ Jahren in ein Wehrertüchtigungslager nach Waltershausen. In einer RAD Abteilung (Reichsarbeitsdienst) wurde er zum Flakhelfer ausgebildet. Am 21.Mai 1944 führte ihn der Weg über Wolfenbüttel nach Minden Richtung Westfront. Ihn ereilte eine Thyphus-Quarantäne, die ihn wieder für eine Woche in die Heimat brachte. Danach erhielt er die Einberufung ins hessische Friedberg. Über Siegen und Marburg wurde er Richtung Norden versetzt, wo er nahe Hamburg, schon von weiten die großen Schutthaufen vor der Stadt sah. Aarhus (Dänemark) und Oslo (Norwegen) waren weitere kurze Stationen für ihn im Krieg. Doch schon bald war er wieder in Deutschland und landete in diesem Chaos in der Eifel, wo gerade die Ardennenoffensive anlief, in deren Verlauf er verletzt wurde und über mehrere Stationen von Cochem, Hanau und Bamberg nach Pößneck ins Lazarett kam, welches sich damals im “Hotel Ritter” in der Saalfelder Strasse befand. Nach einiger Zeit im Pößnecker Lazarett, entlies er sich Ende Mai 1945 selbst. Noch nicht ganz auskuriert machte er sichauf den Fußweg nach Oppurg. Es fiel ihm schwer, aber er wollte unbedingt nach Hause. Fast 5 Stunden war er unterwegs. Kurz vor dem Nimritzer Weg traf er Pabst`s Fritz, der ihn das letzte Stück mit nahm. Anfang Juni 1945 wurde er offiziell vom Armeedienst entlassen. Sein Vater kehrte erst 1 Jahr später, im Juni 1946 aus russischer Gefangenschaft wieder zurück. Nachdem er endlich gesundheitlich wieder auf dem Posten war, bot ihn der Oppurger Maurermeister Willi Ritter, der ein Baugeschäft führte, noch im Spätsommer 1945 eine Stelle als Handlanger an. In seinem Beruf konnte er nicht weiter arbeiten, da der Vogelverlag teilweise demontiert wurde (Reparationsleistungen an die SU). Klaus schulte zum Maurer um und büffelte nach Feierabend, so dass er schon nach einem ¾ Jahr die Prüfung als Maurer ablegte (normalerweise 3 Lehrjahre). Durch seine Arbeit als Maurer im Bauunternehmen Ritter, war er an vielen Abrissarbeiten und Neubauten in Oppurg und Umgebung beteiligt. Seine letzte Baustelle war 1950 der Wohnhausbau Biering in Oberoppurg. In der Unterhaltung mit ihm spürte man selbst nach mehr als 75 Jahren ein funkeln in seinen Augen und einen freudig zufriedenen Blick als er vom Kennenlernen seiner späteren Frau erzählte. Am 23.12.1945 fand im Pönecker Schützenhaus ein Bauernball statt. Karli Schütze hatte ihn einfach mitgenommen, obwohl er kein Bauer war. Auf diesem Ball lernte er Käthe Voigt aus Rehmen kennen, die er am 30.4.1948 heiratete. Das Paar schenkte 1950 Tochter Ellen und 1953 Sohn Jörg das Leben. Ab 1948 führte Klaus auch zahlreiche bauliche Veränderungen an seinem Wohnhaus in Oppurg durch. Ab den 1950er Jahren wurden verstärkt auch junge Lehrer gesucht, da viele in die Westzonen abwanderten. Klaus bewarb sich im Sommer 1950 für eine Aufnahmeprüfung in Gera für die Ausbildung als Unterstufenlehrer, die er auch erfolgreich bestand.

Am 1.9.1950 begann er das Studium in Gera. Anschließend 1951/1952 absolvierte er ein einjähriges Schulpraktikum an der Bürgerschule in Pößneck, wo er eine Mädchenklasse unterrichtete. Da kam der damalige Oppurger Schulleiter Karl Czech auf ihn zu und schlug ihm einen Tausch vor. Czech hatte in Oppurg eine 4. Klasse, mit der die junge Lehrerin nicht zurecht kam. So wechselte Klaus Hetzer an die Oppurger Schule.

Mit Beginn des Schuljahres 1952/1953 absolvierte er noch ein einjähriges Direktstudium in Altenburg. Am 1.9.1953 trat er in Kolba seinen Dienst als Grundschullehrer an, wo er bis zur Auflösung der Schule 1968 tätig war. Anschließend von 1968 bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung 1990 übte er seinen geliebten Beruf an der Oppurger Schule aus und wollte eigentlich noch gar nicht aufhören, er hatte noch so viele Ideen und sogar schon ausgearbeitete Lehrpläne für eine Neugestaltung des Heimatkundeunterrichts. Doch die Zeiten waren anders. Er wurde verabschiedet, obwohl er noch voller Elan und Tatendrang steckte.

Nun hatte er zwangsläufig mehr Zeit für sein Hobby, die Heimatgeschichte der Region. Die ehemalige Oppurger Pastorin Gisela Möcker erinnert sich, dass Klaus Hetzer in den 1990er Jahren immer wieder und mehrfach monatelang im Oppurger Kirchenarchiv Bücher und Dokumente (beginnend im 16. Jahrhundert) aufarbeitete. In Sachen Ahnenforschung tauchte er tief in die Materie ein und schuf so eine umfassende Dokumentation über geschichtlichen Ereignisse und Entwicklungen in unseren Gemeinden. Bis 2020 schrieb Klaus noch an Manuskripten. 2017 starb seine Frau Käthe. Seit 2023 verschlechterte sich auch sein Gesundheitszustand zunehmend. Am 15.12.2023 schloss Klaus Hetzer nach kurzer schwerer Krankheit im gesegneten Alter von 96 Jahren für immer seine Augen. Klaus Hetzer bleibt für mich und für viele, die ihn kannten und seine Werke gelesen haben - unvergessen.

Wir verneigen uns vor seinem Wirken, als Mensch und Lehrer

sowie seinen Lebenswerk - der Heimatgeschichte.

Wolfgang Wunderlich