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Orlamünder Nachrichten
Ausgabe 7/2025
Nichtamtlicher Teil
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Wissenswertes

... ein Brief aus Wittenberg, geschrieben Samstag zu Pfingsten (03.06.)1525, an den Pfarrer zu Orlamünde

Rektor in Wittenberg in diesem Semester war Augustin Schurff (1495-1548), ein Naturgelehrter und Mediziner. Pfarrer in Orlamünde war Kaspar Glatz (gestorben in Naschhausen 1551), lutherischer Theologe und den Martin Luther einst Katharina von Bora zur Frau geben wollte. Er übernahm am 27. August 1524 als Nachfolger von Andreas Bodenstein (genannt Karlstadt) die Pfarrei in Orlamünde, die mit dem Archidiakonat der Wittenberger Schlosskirche verbunden war, trat seine Stelle vor Ort im Oktober 1524 an und hatte fortan einen schweren Stand, da Karlstadts Einfluss immens war und die Gemüter erhitzt waren.

Der Brief trägt das Siegel des Rektors der Wittenberger Universität aus dem Gründungsjahr 1502 und zeigt den Stifter, den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen im Brustbild mit Kurhut und Hermelinmantel, auf dem vorn die Buchstaben „FRID: 3“ (Fridericus III.) zu sehen sind. Mit beiden Händen schultert Friedrich das Kurschwert nach links. Durch vier zu beiden Seiten paarig angeordnete Wappenschilde unterbrochen, trägt ein verschlungenes Schriftband die Aufschrift: „DOCERE / ME AVSPICE / CEPIT / WITTENBERG. / VNIVERSIT. / 1502.“ („Die Universität Wittenberg hat 1502 auf meine Initiative hin zu lehren begonnen“). Die Wappenschilde enthalten oben links die Kurschwerter der Erzmarschälle und Kurfürsten von Sachsen, oben rechts das Rautenkranzwappen des Herzogtums Sachsen, unten links den (nach innen gewandten) Löwen der Landgrafschaft Thüringen und unten rechts den Löwen der Markgrafschaft Meißen.

Aus dem Inhalt entnommen ging es um des Pfarrers Bitte, die an den Kurfürsten von Sachsen Johann den Beständigen angetragen wurde und dessen Antwort noch aussteht.

Johann der Beständige (1468-1532) hatte erst nach dem Tod seines Bruders Friedrich dem Weisen im Mai 1525 die Kurwürde erhalten und war der Vater des späteren Kurfürsten Johannes Friedrich I. dem Großmütigen, der in Jena die Hohe Schule gegründet hatte, die 1558 zur Universität wurde. Da Johann der Beständige nie ein großes Interesse an der Verwaltung und den Finanzen zeigte, wurden diese, nachdem er seinen eigenen Hof erhalten hatte, vernachlässigt. Sowohl vor Friedrichs Tod als auch danach, als Johann die Verantwortung über die Finanzen des gesamten Kurfürstentums hatte, wurde die Verwaltung als sehr korrupt beschrieben. Er hatte gegenüber der Reformation die gleiche positive Haltung wie sein Bruder. Christliche Glaubensgrundsätze wollte er zur Grundlage seiner politischen Entscheidungen machen.

Marcel Schreiber

archiv@stadt-orlamünde.de