die Zeit schreitet unaufhaltsam voran, nunmehr sind es nur noch wenige Tage bis zum Weihnachtsfest und vor der Tür steht schon das Jahr 2024. Nur will bei mir noch gar keine richtige Weihnachtsstimmung aufkommen. Schaut man sich die medienwirksamen Entscheidungen der letzten Wochen im politischen Berlin und Erfurt an, dann beschleicht mich eher ein Gefühl der Beklemmung. Denn noch nie war die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit des politischen Handelns größer als jetzt.
Da wäre zu erst die Asylpolitik zu benennen. Hier wurde nach dem sogenannten Migrationsgipfel des Bundes und der Länder, der Prüfauftrag an die Bundesregierung, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind, als der große Durchbruch zur Bekämpfung irregulärer Migration gefeiert.
Ich dachte immer, unsere Regierungen sind dem Grundgesetz verpflichtet. In Art. 16a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht auf Asyl und die damit verbundenen rechtsstaatlichen Verfahren in Deutschland verbrieft. Außerdem beginnt mit dem Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ nach der Präambel nicht nur der Grundrechtsteil, sondern der gesamte Text des Grundgesetzes. Das Grundgesetz selbst spricht also zuerst von Menschenrechten. Auf diese Menschenrechte kann sich jeder gegenüber unserem Staat berufen. Man erkennt sie schon daran, dass ihr Text selbst nicht auf die Formulierung „Alle Deutsche“ abstellt, wie es bei den Bürgerrechten der Fall ist. Wie also kommt man auf die Idee, den Pfad des Rechtsstaates zu verlassen? Sollen hier nur Beruhigungspillen verteilt werden, nach dem Motto das prüft so schnell keiner? Hier werden wir nicht gleich beim Mogeln erwischt?
Zumal doch bekannt ist, dass das britische Drittstaaten-Modell vom Obersten Gerichtshof in London abgelehnt worden ist. Auch Dänemark hat seine Planungen für ausgelagerte Asylverfahren ausgesetzt. Nicht wegen einer Gerichtsentscheidung, wie im Falle Großbritanniens, sondern weil die EU-Kommission gegen die Pläne war. Alle bisherigen Überlegungen scheitern an dem Problem der sicheren Drittstaaten. Wie wenig erfolgreich solche Überlegungen sind, zeigt schon das z. Zt. noch nicht einmal die Rückführung nicht anerkannter Asylsuchender funktioniert bzw. der Streit um die Liste sicherer Herkunftsländer noch lange nicht beendet ist. Denn Stand heute gibt es bis auf Ghana und den Senegal nicht ein einziges sicheres Herkunftsland außerhalb Europas.
Ähnlich katastrophal sieht es mit einer soliden Finanzpolitik aus. Nach dem Urteil zum Klimafonds fehlen der Ampelregierung 60 Milliarden Euro. Doch die Folgen sind wohl noch gravierender, denn auch der 200 Milliarden Euro schwere Wirtschaftsstabilisierungsfonds dürfte von diesem Urteil betroffen sein. Die Folgen des Karlsruher Urteils zum verfassungswidrigen Nachtragshaushalt 2021 und zur Schuldenbremse sind demnach weitaus heftiger als bislang diskutiert. War bisher „nur“ von einer Finanzierungslücke von 60 Milliarden Euro für einen der wichtigsten Punkte des Koalitionsvertrages, dem Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft, die Rede, steht jetzt auch noch die Finanzierung der Strom- und Gaspreisbremse auf der Kippe.
Sollte man nicht erwarten können, dass bei ca. 500 Millionen Euro externen Beratungskosten allein im Jahr 2022 und einem Stellenaufwuchs von ca. 10.000 Beschäftigten in den Bundesministerien und den nachgeordneten Behörden im selben Jahr, so viel Fachkompetenz vorhanden ist das ein solches Desaster nicht zu Stande kommt?
Dem ist anscheinend nicht so. Vielmehr müssen sich Verbraucher und Unternehmen wohl oder übel auf höhere Strom- und Gaspreise einstellen, denn eine anderweitige Kreditfinanzierung über den normalen Bundeshaushalt 2024 kommt durch die Schuldenbremse nicht in Frage. Auch die Finanzierung der durch das kommunale Wärmeplanungsgesetz bis 2028 zu erarbeitenden Wärmeplanungen liegt nun auf Eis. Dies bedeutet für jeden Wohnungseigentümer weiterhin im Dunkeln zu stehen beim Umgang mit dem „Heizungsgesetz“.
Leider ließe sich dies weiter so fortsetzen, wie zum Beispiel mit der Bildungspolitik, wo man sich lieber mit dem Linken Prestigeprojekt „3. Beitragsfreies Kindergartenjahr“ beschäftigt, als aktiv die hohen Stundenausfälle an unseren Schulen anzugehen. Oder die Verkehrspolitik, hier bringt der Nahverkehrsplan 2023 - 2027 auf der wachstumsstärksten Nahverkehrsstrecke in Thüringen, der Saalbahn, eine deutliche Verschlechterung der Anbindung des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt an die Metropolregion Mitteldeutschland mit sich. Der hier in der Region gut gebuchte Franken-Thüringen-Express entfällt und verkehrt dann auf der ICE-Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt. So kann eine gewollte Verkehrswende nicht funktionieren, im Gegenteil, hier werden die Pendler im Stich gelassen.
Wenn Regierungshandeln so versagt bzw. so schlecht kommuniziert wird, dann brauchen wir uns nicht wundern, dass die Umfragewerte einer demokratiefeindlichen und in einigen Bundesländern als sogenannter extremistischer Verdachtsfall eingestuften Partei immer neue Höhen erklimmen. Die Geschichte der Weimarer Republik sollte allen Demokraten eigentlich Mahnung genug sein, wie schnell nicht Vorstellbares zur bitteren Realität werden kann.
Wir können also auf ein interessantes und bewegtes Jahr zurückblicken, welches bereits jetzt seine Auswirkungen auf 2024 zeigt. Aber Bange machen gilt nicht, deshalb möchte ich mit einem Weihnachtsgedicht von Theodor Fontane enden.
Noch einmal ein Weihnachtsfest,
immer kleiner wird der Rest,
aber nehm´ ich so die Summe,
alles Grade, alles Krumme,
alles Falsche, alles Rechte,
alles Gute, alles Schlechte -
rechnet sich aus all dem Braus
doch ein richtig Leben heraus.
Und dies können ist das Beste
wohl bei diesem Weihnachtsfeste
In diesem Sinne wünsche ich von ganzen Herzen
allen Bürgerinnen und Bürgern,
allen Unternehmern und Gewerbetreibenden,
allen Vereinen und Institutionen in unserer Gemeinde und
allen denjenigen, die sich zum Wohle unserer Gemeinde einsetzen,
besinnliche Stunden in der Adventszeit,
ein frohes Weihnachtsfest und
einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Ihr Bürgermeister
Sven Mechtold