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Pößnecker Stadtanzeiger
Ausgabe 1/2024
Nichtamtlicher Teil
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Objekts des Monats - Thema Wirtschaft 

Notgeld (Vorder- und Rückseite eines 75-Pfennigscheins) aus der Serie „Pößnecker Ansichten und Bräuche“

Eine Besonderheit Pößnecks ist bis heute der schräge Marktplatz, auf dem seit dem Mittelalter Handel mit Lebensmitteln und vielfältigen Gütern betrieben wurde. Die Preise richteten sich dabei nicht nur nach den jeweiligen Erträgen, sondern wurden auch durch politische Umstände mit beeinflusst. Ein aus Mangel- oder Krisensituationen entstandener Geldersatz, der von Staaten, Gemeinden oder auch privaten Unternehmen herausgegeben wurde, um fehlende gesetzliche Zahlungsmittel zu ersetzen, war das sogenannte Notgeld. Neben den üblichen Geldformen - Münze und Geldschein - konnten beim Notgeld mitunter auch verschiedenste Materialien wie Leder, Seide, Leinen, aber auch Porzellan, Presskohle oder einfache Pappe zum Einsatz kommen. Welche Gegenstände als Zahlungsmittel umfunktioniert wurden, war äußerst vielfältig und konnte regional unterschiedlich sein.

Während und nach dem Ersten Weltkrieg war zur Bewältigung der drängenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme und bedingt durch die Inflation überall im Land viel Geld notwendig. In dieser Periode wurde auch für Pößneck ein eigens gestaltetes Notgeld mit Ansichten der Stadt ausgegeben.

Über 17 Exemplare aus der hier abgebildeten Notgeldserie nach Entwürfen des Architekten und Mitglieds des Jenaer Kunstvereins Oskar Rohde werden im Museum642 verwahrt. Die Motive der 1921 erschienenen Serie mit ihren 25-, 50- und 75-Pfennigscheinen reichen vom Rathaus über den Marktplatz mit Brunnen, die Stadtkirche bis zur Darstellung der Feierlichkeiten im Rahmen des Lichterfestes auf dem Marktplatz und sind vom Jugendstil maßgeblich beeinflusst. Im selben Jahr erschien auch eine Notgeldserie mit Motiven aus „Hermann und Dorothea“ von Goethe, ein Werk, für das die Stadt Pößneck recht sicher als Urbild diente. Die Motive wurden von Georg Kötschau geschaffen, der in Jena als Zeichner unter anderem für Ernst Haeckel tätig war. Die aus 10 nummerierten Scheinen bestehende Serie „Hermann und Dorothea“ zeigt auf der Vorderseite je eine Szene aus dem Epos Goethes und auf der Rückseite Textpassagen zusammen mit bekannten Pößnecker Sehenswürdigkeiten.

Viele Scheine des Notgeldes wurden dabei nicht selten aufgrund ihrer spezifischen Motive nie als Zahlungsmittel verwendet, sondern wanderten in die Alben von Sammlern oder hingen und hängen vielleicht noch eingerahmt an heimischen Wänden.

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