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Pößnecker Stadtanzeiger
Ausgabe 2/2024
Nichtamtlicher Teil
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Objekt des Monats - Thema Kunst und Architektur

Relief, Studie für die Dresdner Semperoper, Gips getönt, 43 x 93,5 x 7,5 cm, um 1876

Die Architektur wird nicht umsonst auch als Baukunst bezeichnet. Das Zusammenspiel von Kunst und Architektur entsteht durch die angewendeten Gestaltungsmittel und Formen, insbesondere von Bauschmuck sowie einer akzentuiert eingesetzten Farbigkeit der jeweiligen Materialien, die Verwendung fanden. Der am 20. April 1844 als Sohn des Bürgermeisters Emil Diez in Pößneck geborene Bildhauer Robert Diez machte sich im Hinblick auf die Verschränkung von Kunst und Architektur besonders verdient. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Meinigen begann Diez 1863 seine künstlerische Ausbildung an der Dresdner Kunstakademie und unterrichtete dort später als Professor einen der berühmtesten Bildhauer Deutschlands - Ernst Barlach. Studienreisen führten ihn bis nach Paris und Italien. In seiner Schaffenszeit von mehr als 50 Jahren - Diez starb am 6. Oktober 1922 in Dresden - entstanden rund 320 Werke, darunter eine Reihe berühmter, noch heute erhaltener Skulpturen. 1879 trat er beispielsweise mit seinem Erstlingswerk, dem Gänsedieb (später als Gänsediebbrunnen in Pößneck und Dresden aufgestellt), an die Öffentlichkeit und bekam dafür auf der Internationalen Kunstausstellung in München sogleich die Goldmedaille verliehen. Neben Monumentalwerken wie der Zwillingsbrunnenanlage „Stille Wasser“ & „Stürmische Wogen“ am Albertplatz schuf Diez klein- sowie großformatige eigenständige Plastiken, aber auch Entwurfstücke als Studien für repräsentative Bauten, so unter anderem für das Reichstagsgebäude in Berlin, die Semperoper und das Albertinum in Dresden und für öffentliche Plätze und Anlagen.

In der Sammlung des Museum642 befindet sich ein von Diez entworfenes großformatiges Relief, das einst für die Semperoper in Dresden geplant war, aber den Recherchen nach vor Ort offenbar nicht in die Gestaltung einbezogen wurde. Die Wahl des Motivs ist den schönen Künsten gewidmet: Fünf Frauen in antiken Gewändern sind zu einem Reigen im Tanz vereint, wobei die unterschiedlichen Laufrichtungen und fliegenden Gewänder sowie die diese beiden Paare in ihrer Körperhaltung verbindende Mittelfigur eine besondere Dynamik erzeugen. Bei dem Pößnecker Exemplar handelt es sich um eine recht genaue Kopie eines Reliefs, das sich unter dem Namen „borghesische Tänzerinnen“ heute im Pariser Louvre befindet und als Sarkophagrelief in die späthadrianische Zeit um 130/140 n. Chr. datiert werden kann. Solche antiken Reliefs wurden von Künstlern des frühen 20. Jh. häufig kopiert. Durch ein Verdoppeln der Gruppe beziehungsweise das Weglassen einer Figur der Figurengruppen wurde dabei bisweilen auch versucht, die Zahl der neun Musen zu erreichen. Neben Musen konnten derlei Figurenkonstellationen in der Antike wechselweise auch Tänzerinnen, Mänaden als Anhängerinnen des Dionysos oder mythische Gestalten verkörpern. Ob das Relief im Pößnecker Stadtmuseum ein Teilstück ist oder bewusst verkürzt dargestellt wurde, ist nicht verbürgt.

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