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Rastenberger Kurier
Ausgabe 11/2024
Stadt Rastenberg
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Stadt Rastenberg

Der Volkstrauertag in Rastenberg:

Ein Tag des stillen Gedenkens

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs eingeführt. Die erste offizielle Feierstunde fand 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Bedeutung dieses Gedenktages. Ab 1950 wurde der Volkstrauertag zu einem Tag des Erinnerns an die Gefallenen beider Weltkriege sowie an die Opfer von Gewaltherrschaft weltweit. Diese Tradition wird bis heute gepflegt.

Seit 1952 findet der Volkstrauertag jährlich am zweiten Sonntag vor dem Ersten Advent statt. In diesem Jahr fällt er auf den 17. November.

In Rastenberg wird diese wichtige Tradition seit der Amtseinführung von Bürgermeisterin Beatrix Winter im Jahr 2018 in besonderer Weise begangen. Sie lädt die Bürgerinnen und Bürger herzlich zur Teilnahme am stillen Gedenken auf dem städtischen Friedhof ein, um gemeinsam der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken.

Der Volkstrauertag erinnert uns daran, wie wertvoll Frieden ist und wie wichtig es ist, die Lehren der Vergangenheit nicht zu vergessen.

Gedenkrede zum Volkstrauertag 2024

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

am 17.11.2024 haben wir mit einer kleinen Veranstaltung auf dem Rastenberger Friedhof wieder dem Volkstrauertag gedacht.

Erstmals vor 102 Jahren begangen war damals das gemeinsame Trauern aus dem Solidaritätsgedanken motiviert, der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit denjenigen, die ihre Ehemänner, Väter und Brüder im Krieg verloren hatten.

Heute ist es vor allem ein Tag des Gedenkens. Der Volkstrauertag ist darüber hinaus aber auch ein Tag der Versöhnung, der Verständigung und des Friedens.

Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges liegen nun 79 Jahre zurück. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir seit mehreren Jahrzehnten kein Kriegsgeschehen in unserem eigenen Land erleben mussten.

Bereits zwei bis drei Generationen sind bisher verschont geblieben von durch Krieg verursachten Gräueln und Leid.

Aber seit mehr als zweieinhalb Jahren werden wir mit der Realität konfrontiert.

Der Krieg in der Ukraine war und ist für uns alle präsent - ebenso der furchtbare massive Konflikt zwischen Gaza und Israel. Trotzdem besteht aber auch die Gefahr, dass man im Laufe der Zeit beginnt, wegzusehen … sich an die Bilder in den Medien gewöhnt. Wir sind ja nicht selber betroffen. Wir dürfen nicht abstumpfen.

Es sterben Menschen, die eigentlich noch leben wollten.

Ein Krieg steht schneller an unseren Grenzen, als wir gedacht haben.

Für jeden unter uns wird plötzlich ein Stück weit nachvollziehbar, was Krieg bedeutet.

Der Volkstrauertag ist heute ein wichtiger Tag, um an vergangenes und auch im Moment passierendes zu erinnern - an die Opfer zweier schrecklicher Weltkriege, die Opfer auf beiden Seiten des Ukraine-Krieges und die unzähligen Menschen, welche durch zur Zeit stattfindende bewaffnete Konflikte ihre Heimat und auch ihr Leben verlieren.

Darum ist es auch so wichtig, dass wir den Volkstrauertag als Erinnerung und Mahnung weiterhin und auch gerade in diesen Zeiten begehen.

Leider war die Welt nie frei von Krieg und es vergeht kein Tag, an dem nicht in irgendeinem Land geschossen, gebombt und getötet wird.

Unschuldige Menschen verlieren ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage- sind auf der Flucht vor Krieg.

Unsere Ressourcen und Möglichkeiten zur Hilfe sind begrenzt. Die Angst, in solche Konflikte hineingezogen zu werden, ist bei vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern mittlerweile groß.

Der Appell „Frieden schaffen ohne Waffen“ wurde 1982 in Ost-Berlin von Robert Havemann und Pfarrer Rainer Eppelmann verfasst und veröffentlicht. Der Inhalt beschäftigt sich mit der Problematik des Frieden-Schaffens in Zeiten der Aufrüstung. Viele damals niedergeschriebene Aussagen sind 42 Jahre später so nah an der Wahrheit, dass man sich ängstigen muss.

Daher ist es wichtig, dass wir mutig sind und an unsere Regierung appellieren, mit aller Kraft diplomatische Wege zu suchen und auch zu finden.

Es darf keine Kriegstreiberei stattfinden - es dürfen nicht immer mehr Feindbilder aufgebaut werden, sondern Vernunft, Verantwortung und Versöhnung müssen an erster Stelle stehen.

Unser Gedenken an die Kriege und ihre Opfer ist auch stets verbunden mit dem Kampf um die Demokratie.

Sie ist der wichtigste Schutz gegen solche Entwicklungen. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, wie schnell es geht, die Demokratie für obsolet zu erklären und am Ende ganz abzuschaffen. Das dürfen wir auch heute nicht dulden.

Demokratie muss aber auch zugelassen werden. Davor darf man keine Angst haben. Wenn die Ergebnisse aus demokratischen Wahlen nicht allen recht sind, dann muss man die Ursachen suchen und miteinander reden, damit politisches Handeln zum Wohle aller Mitbürgerinnen und Mitbürger stattfindet.

Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte!!!

Dieser Satz stammt von Heinrich Heine. Unter jedem Grabstein eine ganze Welt. - Das stimmt für die Menschen, welche das Glück hatten, nach einem erfüllten Leben zu sterben. Heute gedenken wir aber jener, die nicht alt starben, die Ihr Leben noch vor sich hatten und noch nicht gelebt hatten.

Gedenken ist wichtig. Es schärft unseren Blick und ist ein Warnruf, die Vergangenheit nicht aus den Augen zu verlieren.

Das sind wir den Opfern von Kriegen und Terrorismus schuldig, aber auch uns selber und unseren Nachkommen, denen wir das Wissen um die Geschichte vermitteln müssen und Demokratie auch vorleben müssen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

der Volkstrauertag mahnt uns, allen Opfern von Krieg, Gewalt und Terror ein ehrendes Andenken zu bewahren und uns für den Frieden einzusetzen.