Titel Logo
Stadt Wadern
Ausgabe 1/2025
Stadtwerke Info
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Nicht alles wird von jetzt auf sofort anders

Wer jetzt noch einen „guten Rutsch“ wünscht, scheint spät an zu sein. Trotzdem wünschen wir es Ihnen. Wenn nicht mit Verspätung, dann hat dies mit Besserwisserei zu tun. Wir hoffen, Sie nehmen es mit Humor… Tatsächlich kommt der Ausdruck laut einer Theorie vom hebräischen „Rosch ha-Schana“. Das bedeutet „Anfang des Jahres“. Über das Jiddische könnte „Rosch“ (im Sinne von „Anfang“) im Deutschen als „Rutsch“ aufgefasst worden sein. Weil wir immer noch von „Jahresanfang“ sprechen, dürfen wir Ihnen also einen guten Rutsch wünschen. Im Übrigen feiern wir den Jahreswechsel zwar so, als beginne von einem Moment zum nächsten etwas Neues, wie es Uhren und Kalender nahelegen. Aber mit der Zeit und ihrer Messung ist das so eine Sache. Ohne „Zeitmessung“ würden wir gar nicht merken, dass das alte Jahr vergangen und das neue angebrochen ist. So betrachtet „rutschen“ wir wirklich ins neue Jahr hinein. Die meisten Veränderungen geschehen so: allmählich, schleichend, oft lange unbemerkt.

Andererseits bleiben wir dem Modell der linearen Zeit, so wie sie die Uhren und Kalender messen, verbunden. Das zeigt sich unter anderem darin, dass wir auf den Punkt sozusagen zum Jahresanfang Vorsätze fassen. Klassiker sind: Weniger essen und trinken, mehr bewegen, bewusster leben usw. Bei der Umsetzung merken wir dann, dass dies alles gar nicht von jetzt auf sofort möglich ist. Eine Veränderung der Lebensweise erfordert eine allmähliche Gewöhnung. Gleichwohl gibt es Unterschiede, fragen Sie Ex-Raucher: Die einen haben auf einen Schlag damit aufgehört, die anderen nach und nach. Aber Zeit, um dauerhaft Nichtraucher zu sein, brauchten die einen ebenso wie die anderen. Diese Überlegungen lassen sich auf alles Mögliche übertragen. Energiesparen und Klimaschutz gehen auch nicht von heute auf morgen; mit dem Inkrafttreten neuer Gesetze und Verordnungen sind die Klimaziele längst nicht erreicht.

Ähnlich verhält es sich mit den Befürchtungen, die sich meistens unter die guten Vorsätze und Erwartungen mischen, Abstiegsängste jeder Art, Furcht vor Krankheiten und Misserfolgen usw. Bestimmte Sachen wollen wir auf keinen, andere hingegen auf jeden Fall. Meistens sind die Sachen verwoben und schwer zu entwirren. Darüber hinaus kann der Eindruck entstehen, dass manche Befürchtung erst entsteht, nachdem auf die Möglichkeit des Eintretens hingewiesen wurde. Wie die Versicherung: „Der Hund macht nix!“, nicht nur bei Kindern das Misstrauen gegenüber dem Tier gerade hervorrufen kann. Auf diese Weise könnten auch die sogenannten Triggerwarnungen wirken. Gemeint sind die Warnhinweise bei Filmen oder Texten, die darauf aufmerksam machen sollen, dass bestimmte Inhalte für einige Menschen belastend sein könnten. Als nicht ganz unernst gemeinte Verhohnepipelung solcher Triggerwarnungen hat Harald Martenstein, Kolumnist des „Zeit-Magazins“, eine „Triggerwarnung für 2025“ ausgesprochen: „Das (…) Jahr wird (…) Gewalt enthalten, Wirtschaftskrisen, verspätete Züge und steigende Preise (…).“ (Ausgabe Nr. 55 vom 24.12.2024, Seite 6, oder: https://www.zeit.de/zeit-magazin/2024/55/harald-martenstein-jahresvorschau-2025-triggerwarnung, aufgerufen am 31.12.2024) Der Autor bringt weitere Beispiele und verweist in diesem Zusammenhang auf die „Büchse der Pandora“ aus der griechischen Mythologie, die nicht nur alle erdenklichen Übel enthielt, sondern zugleich den unwiderstehlichen Reiz hervorrief, sie auch zu öffnen…

Wie auch immer: Wir haben nicht alles in der Hand, sind aber auch nicht allem ausgeliefert. Es kommt darauf an, den eigenen Spielraum zu nutzen und sich dafür Zeit zu nehmen – ohne sich ins Bockshorn jagen zu lassen oder verzagt zu sein, aber auch ohne übermütig zu werden. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein gutes neues Jahr.