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Stadt Wadern
Ausgabe 8/2023
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Über den Umgang mit Zielen - nicht nur beim Fasten

Kaum oder gar nicht sind die guten Vorsätze vom Jahresanfang in die Tat umgesetzt, da hat auch noch die Fastenzeit begonnen. Jetzt nehmen sich viele noch was vor. Aber die Zeit vergeht gefühlt immer schneller. So sehr wir uns auch auf den Frühling freuen, haben wir schlechte Gefühle, weil wir kaum mit der Realisierung der Pläne und dem Einlösen von Versprechen nachkommen. Das fördert die Unzufriedenheit mit sich und der Welt, erhöht den Zeit und Realisierungsdruck und fördert die Griesgrämigkeit. Kein Wunder, dass viele versucht sind, den Zeitrahmen nach hinten zu erweitern. Allerdings, für gläubige Christen ist die Sache klar: Die Fastenzeit hat an Aschermittwoch begonnen, von da an sind es 40 Tage bis Ostern, keiner mehr und keiner weniger. Der Termin ist Ostern, der wird nicht verschoben - auch nicht, wenn die Fastenziele nicht erreicht sind.

In Sachen Nachhaltigkeit drängt sich allerdings immer öfter der Eindruck auf, dass Termine nach hinten verschoben werden, wenn sich abzeichnet, dass die Ziele hinsichtlich Erderwärmung, CO2-Ausstoß und Klimaschutz nicht erreicht werden. Für fromme Fastende geht das gar nicht, nicht nur aus Prinzip. Die Terminvorgabe eröffnet eine Perspektive, setzt einen klaren Rahmen und nicht zuletzt: Sie kann die Motivation verstärken. An Ostern wird auf jeden Fall gefeiert. Darauf kann sich jeder einrichten, wie streng er es mit den Fastenregeln auch immer halten mag. Gäbe es den Termin nicht, könnte man das Fasten nach Belieben immer wieder aufschieben. Das wäre kaum glaubwürdig und kaum effektiv.

Klar, inzwischen ist die konsequente Einhaltung der Fastenzeit mit ihren Regeln eher die Ausnahme. Wir nehmen es nicht mehr so genau damit, wie unsere Vorfahren. Die Kirche selber ist weniger streng; die Leute orientieren sich weniger am Kirchenjahr und an religiösen Regeln. Das ist auch nicht notwendig schlecht. Strenge Fastenregeln oder andere Vorgaben möchten die wenigsten aus freien Stücken befolgen. Vielleicht verhält es sich mit dem Verschieben von Klimaschutzzielen so ähnlich. Inzwischen meinen viele, wenn auch nicht alle, hinter den oft ehrgeizig formulierten Zielen der UNO, EU, des Bundes und des Landes stecke nicht viel mehr als eine reine Absichtserklärung oder die Sache sei immer schon halbherzig betrieben worden oder die immer wieder verschobenen Klimaschutzziele seien ja sowieso nicht zu erreichen. Das Schlechteste aber wäre, wenn jetzt gedacht würde: Wenn die wichtigen Entscheider in Wirtschaft und Politik, insbesondere unsere Mandatsträger, die doch in unserem Auftrag und zu unser aller Wohl tätig sein sollen, den Klimaschutz nicht ernst nehmen, warum soll dann gerade ich etwas dafür tun?

Dazu kommt die folgende Beobachtung: Alle Jahre wieder tauchen vor Beginn der Fastenzeit neue Diäten auf, meist kombiniert mit Ergebnissen aktueller Studien und neuen Erkenntnissen. Da ist meistens etwas dran! Der Witz ist nur: So plausibel alle Ratschläge sein mögen: Fasten, verzichten und sich vernünftig verhalten muss jede und jeder für sich selber. So kommt es auch beim Klimaschutz darauf an, wie ernst Sie selber die Meldungen über die schmelzenden Gletscher, den steigenden Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse und Trockenheit nehmen und welche Konsequenzen Sie für sich daraus ziehen. In der Fastenzeit - seit jeher als eine Zeit der Reflexion, der Besinnung auf das, was einem wichtig ist, verstanden - könnte ja zum Unverständnis für die Politik der Vorsatz kommen, sich persönlich nicht beirren zu lassen und die eigenen Anstrengungen und Gewohnheiten zum Umwelt- und Klimaschutz fortzusetzen, vielleicht sogar noch zu intensivieren - und beachten, dass die Zeit läuft.