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Amtsblatt Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Saaletal"
Ausgabe 10/2024
Nichtamtlicher Teil
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Wissenswertes

Anfang 2023 kontaktierte unser Verein die Stiftung des Künstlers Gunter Demnig. Unsere Anfrage betraf die Anfertigung einer Stolperschwelle. Man teilte uns mit, dass die Wartezeiten für die Verlegung von einem Stolperstein oder -Schwelle bis zu vier Jahren betragen. Nach einem längeren persönlichen Gespräch mit dem Künstler und der thematischen Besonderheit unserer Anfrage sicherte er uns die Realisierung ein Jahr später, 2024 zu.

Herr Demnig verlegt bereits seit 1992 europa- wie auch weltweit Stolpersteine und hat sich mit diesem einzigartigen weltweit größtem Gedenkmonument einen grenzüberschreitenden Bekanntheitsgrad geschaffen. Seine persönlich angefertigten, 10x10 cm großen, personenbezogenen Stolpersteine erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus. Hinter jeden Stolperstein steht eine persönliche Geschichte.

In Kahla verlegte der Künstler bereits 2016 fünf Stolpersteine, drei in der Roß- und zwei in der Rudolf-Breitscheid-Straße. Es sind im Gehweg eingesetzte Tafeln aus Messing. Deren Inschriften vom Künstler manuell mit Hammer und Schlagbuchstaben eingraviert wurden. Sie sind Mahnung und Erinnerung an das Schicksal von Familie Jacobsthal, Flora Cohn und Erna Titel.

Die Stolperschwelle ist eine der ersten in Thüringen und sollte auf einen der Bahnsteige vom Bahnhof Kahla verlegt werden. Intensive Verhandlungen mit der Deutsche Bahn ermöglichten eine erste Ortsbegehung im Frühjahr 2024. Zusammen mit dem Bauhof der Stadt Kahla, Vertreter der Deutschen Bahn und unserem Verein einigte man sich, die Schwelle im Wartehaus auf Gleis 2 zu verlegen.

Nach zwei Wochen kam eine Rückmeldung der Deutschen Bahn mit der Bemerkung, dass aus technischen Gründen die Verlegung an diesem Ort nicht möglich wäre. Weitere Vorort Termine konnten mit der Deutschen Bahn nicht vereinbart werden, da auf Anfragen keine Antwort erfolgte.

In dieser Situation kam uns die Stadt Kahla zu Hilfe. Gemeinsam mit dem Bauhof wurde alternativ am Bahnhof eine geeignete Stelle gefunden. Wichtig und symbolträchtig für dieses Projekt war der Ort zur Verlegung, der Bahnhof. Hier kamen ab April 1944 mehr als 12.000 Menschen an, die zum Bau des unterirdischen NS-Rüstungswerkes „REIMAHG“ eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu den Stolpersteinen, mit jeweils einen Namen, steht die Schwelle für tausende Zwangsarbeiter, wovon jeder einzelne seine menschliche Geschichte hat.

Donnerstag, dem 19. September begannen die Vorbereitungen für die Verlegung durch Mitarbeiter vom Kahlaer Bauhof.

Am Abend des gleichen Tages begrüßten und begleiteten wir Gunter Demnig in die Gaststätte Rosengarten. Bei interessanten Gesprächen erfuhren wir viel über seine Arbeit, sein Engagement und seine Reisen, die Verlegung von Stolpersteinen ist zu seinem Lebenswerk geworden.

Zum Festakt der Verlegung traf man sich mit allen geladenen Gästen am Bahnhof. Pünktlich um 9.00 Uhr begann der Künstler Demnig mit der Verlegung. Bürgermeister Herr Schönfeld, Frau Schmidt vom LRA SHK, Pfarrerin Frau Wedding und unsere Vereinsvorsitzende Frau Brion hielten eine kurze Ansprache.

Eine weitere Besonderheit und bisher einzigartig ist, dass neben der Stolperschwelle auch ein Stein mit QR-Code verlegt wurde. Beim Scannen des Codes kann man sich über die Geschichte des ehemaligen Rüstungswerk „REIMAHG“ informieren.

Wir bedanken uns bei Bürgermeister Herrn Schönfeld, dem Gremium der Stadt, Herrn Heine und seinen Mitarbeitern vom Bauhof Kahla, Steinmetz Schweiger/Orlamünde, Janos Seibel/Rosengarten Kahla, Pfarrerin Frau Wedding/Kahla, Frau Schmidt/LRA SHK und allen, die an diesem Festakt teilgenommen haben.

Wir konnten an diesem Tag einen weiteren wichtigen Schritt zum Gedenken realisieren. Für nächstes Jahr, 2025, dem 80. Jahrestag der Befreiung sind weitere Projekte in Vorbereitung.