Die Ergebnisse heimatgeschichtlicher Aufarbeitung der Entwicklung des Brandschutzes zeigen, dass die Gründungen von freiwilligen Feuerwehren, später auch von Vereinen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten, in der Regel erst gegen das Ende hin oder später. Diese Bewegung hatte im mitteldeutschen Raum 1846, offenbar von der Stadt Meißen ausgehend, ihren Lauf genommen. Die Entwicklung der Feuerwehrtechnik hatte aber schon viel früher zu der Erkenntnis geführt, dass zu deren wirksamem Einsatz eingespielte Mannschaften erforderlich waren. Diese mussten, ob nun auf freiwilliger Basis oder auf administrative Veranlassung hin, nach und nach in den Kommunen rekrutiert werden. Oft war die Anschaffung einer Feuerspritze der Anlass. Es zeugt von Bürgersinn und Vernunft, dass es im Großen und Ganzen dazu keiner Zwänge bedurfte, konnte man doch durchaus das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden. So lässt sich schon sehr früh nachweisen, dass von den Feuerwehren gleichzeitig auch wesentliche Impulse für das gesellschaftliche Leben in den Dörfern und Städten ausgingen, eine Erscheinung, die auch heute noch - oder wieder - allenthalben zu beobachten ist.
Wann in Eyba eine „Freiwillige Feuerwehr“ gegründet wurde, lässt sich nicht nachweisen. Man kann eher annehmen, dass die Eybaer dem Attribut „freiwillig“, zumindest zu der damaligen Zeit, gar nicht die besondere Bedeutung beigemessen haben. Nichtsdestoweniger hatten sie spätestens ab 1820 eine schlagkräftige Wehr, die über einen langen Zeitraum dank ihrer damals modernen Spritze und des gut eingespielten Personals sogar eine anerkannte Sonderstellung auf der Saalfelder Höhe genoss. Das Wissen darüber verdanken wir einem 1985 aufgefundenen Aktenbündel, aus dem ich im Folgenden über einige interessante Vorgänge berichten will.
Die Brandkatastrophe, die am 23.4.1762 binnen einer Stunde acht Gehöfte in Eyba in Schutt und Asche gelegt hatte, war wohl der Anlass, dem Brandschutz und der Brandbekämpfung vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen. Längst hatten sich wieder Nachlässigkeiten eingeschlichen, die die „Hochadligen von Stocmeierschen Gerichte daselbst“, also den Eybaer Schlossherrn, am 25.9.1782 zu folgendem Schreiben an die Gemeinde Eyba veranlassten:
„Nachdem bey hiesigen Hochadeligen Gerichten mißfällig zu vernehmen gewesen, daß
| a) | mit dem Feuer dergestalt fahrläßig umgegangen werde, daß man sogar mit Lichtern in die Ställe und Scheunen gehe, |
| b) | die Nachtwache zum Theil durch Jungen und Weibspersonen besorget und |
| c) | die Brunnen auf dem Dorfe nicht gehörig gereiniget werden, als wird dem hiesigen Adelichen Schultzen Lutsche zu weiterer Bekanntmachung an die hiesigen Unterthanen Kraft dieses anbefohlen, daß ...“ |
Es folgen die Anweisungen zur strikten Einhaltung der Brandschutzbestimmungen mit der Androhung drastischer Geldstrafen bei Zuwiderhandlungen. Dabei beruft man sich auf die bestehende Dorfordnung.
Aus sogen. Citierzetteln geht hervor, dass die Gerichtsherrschaft die Befolgung ihrer Anweisungen auch kontrollierte, und so heißt es in einer Vorladung des Rittergutsbesitzers an den Schultheißen Johann Christoph Lutsche u.a.:
„...hat Schultheiß Lutsche darüber zu referiren, ob der Maurer Friedrich und der Schmidt Lösche ihre Böden gehörig geräumt und allen Feuergefärlichkeiten abgeholfen haben.“
Im Jahre 1818 wurde der Glockengießer Christian August Mayer zu Rudolstadt beauftragt, für Eyba eine neue Doppelspritze anzufertigen. Der im Original vorliegende Contract wäre auch heute noch ein mustergültiger Liefervertrag. Er enthält eine genaue Beschreibung der Spritze, legt den Preis und die Zahlungsbedingungen fest, enthält Garantiezusagen und fixiert den Liefertermin.
Die Feuerspritze wurde 1820 geliefert. Sage und schreibe 94 Jahre lang tat sie ihren Dienst, denn sie wurde am 15. Juni 1914 beim Brand des Meinhardtschen Hauses (Nr. 8) letztmalig eingesetzt. Zwar war an diesem Tage die neugebaute öffentliche Wasserleitung einschließlich der Hydranten schon funktionstüchtig, auch die Schläuche waren vorhanden, doch es fehlten noch die Strahlrohre. Eine Erleichterung der Löscharbeiten bestand aber schon darin, dass der Wasserkasten der Spritze vom Hydranten aus gefüllt werden konnte. Die älteren Einwohner kennen die Feuerspritze noch, auch den Wagen dazu, auf dem noch lange die spätere Motorspritze bei Übungen und Einsätzen transportiert wurde. Leider existieren Feuerspritze und Wagen heute nicht mehr.
Offenbar hatte die Feuerspritze von 1820 schon eine Vorläuferin. Wenn auch direkte Nachrichten darüber fehlen, so darf man dies erstens aus der Überschrift des Liefervertrages mit der Glockengießerei Mayer schließen, in der ausdrücklich von der „Verfertigung einer neuen Doppelspritze“ die Rede ist, zweitens aus dem Jahresbericht 1820 des Eybaer Chronisten Johann Georg Müller, der auch formuliert, dass eine „neue“ Feuerspritze angeschafft wurde. Sie kostete übrigens 300 Reichstaler und das ebenfalls 1820 neu errichtete Spritzenhaus 100 Reichstaler, wovon die Gemeinde drei Viertel und die Gutsherrschaft ein Viertel zu tragen hatten.
Das wohl wichtigste und aufschlussreichste Aktenstück ist eine namentliche Aufstellung über die Neuformierung der Löschmannschaften aus dem Jahre 1820, also dem Anschaffungsjahr der neuen Doppelspritze. Die darin zum Ausdruck kommende Sach- und Fachkenntnis von der Organisation der sogenannten Feuerlöschanstalten nährt die Theorie, dass die Eybaer auf fundierte eigene Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgreifen konnten. Dieses Lehrbeispiel für das Feuerwehrwesen jener Zeit soll hier ungekürzt wiedergegeben werden:
Feuerdirector: Herr Schultheiß Lutsche
zur Trommel und Feuerlärm: 1.Alte Rose, 2.Schneider Hauke
Special-Direktoren: I.Gerichtsschöppe Schorrn, Director über die Spritze
Mannschaft: Spritzenmeister der Schmidt Loesche
Spritzenmannschaft: 1.der Wagner Häsner, 2.Nusbickel, 3.Woekel, 4.der junge Kurz, 5.Michaelis, 6.Zimmermann Baumann, 7.Fritze, 8.Meuer
Reserve: 9.Metzners Eydam, 10.Bärschneiders Sohn
II.Johann Georg Müller: Director über die Feuergerethschaften und Waßeranbeyschafer
Personale: A.die sämtlichen Anspänner, B.Weiber, C.Kinder, D.Knechte und Mägde vom Hof
III.Gerichtsschöppe Bärschneider: Director zur Rettung und Ausraeumen
A.die übrigen Domestiken vom Hof, B.die übrigen Bauern
IV.Der alte Kurz: Director beym Pflugfeuer, Mannschaft: a.Alte Wagner, b.Alte Jahn
Feuerlaeufer: 1.Nach Saalfeld: Leonhart, 2.Nach Reschwitz: Rosens Sohn
Stürmen sowie die Trommel geschlagen wird
Wir sehen, dass alle Einwohner, die körperlich dazu in der Lage waren, zu den Löscharbeiten und weiteren Nebentätigkeiten herangezogen werden mussten. Dabei dürfte die ununterbrochene Beschickung der Spritze mit Wasser eine zentrale Bedeutung gehabt haben, zu deren Sicherung sowohl das Heranschaffen durch Gespanne als auch die bekannte Eimerkette nötig waren. Die Alarmierung erfolgte durch Feuerruf und Trommeln. Die Einwohner wurden also bei Gefahr zusammengetrommelt, ein Ausdruck, den wir auch heute noch im übertragenen Sinne verwenden. Gesonderte Mannschaften hatten die Rettung von Menschen, Vieh und Sachwerten zu besorgen sowie das Übergreifen eines Brandes durch Flugfeuer zu verhindern.
Bemerkenswert ist, dass die Feuerläufer, deren Aufgabe es war, weitere Hilfe aus der Nachbarschaft herbeizuholen, sich nach Saalfeld und Reschwitz, nicht aber zu den näher gelegenen Orten Arnsgereuth, Kleingeschwenda oder Lositz zu begeben hatten, ein möglicher Hinweis darauf, dass diese Gemeinden damals noch keine moderne Löschtechnik besaßen. Es verstand sich von selbst, dass die Honoratioren der Gemeinde, also der Schultheiß, die Gemeinderäte und Schöffen, auch im Brandschutz das Sagen hatten.
Der erste Einsatz der Eybaer Mannschaft mit ihrer neuen Feuerspritze fand am 6. August 1822 in Lositz statt, wo an diesem Tage vier Scheunen abbrannten.
Schultheiß Johann Georg Steiner schrieb mit ungelenker Hand einen Dankesbrief an die Eybaer:
„Die Gemeine Lositz attestiret, daß sich die sämtlichen Einwohner aus Eyba nebst ihrer Spritze, auch zugleich der Herr Rittergutspachter bei unsern Brande sich sehr hilfreich und arbeitsam bezeiget haben, da hingegen stattet ihnen die Gemeine Lositz einen Herzligen innigsten Dank ab. Gott helfe, daß es ihnen auf eine angenehme Art möchte vergolten werden, den 6. August 1822.“
Otto Müller, Ortschronist Eyba, 2020