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Saalfelder Höhen Panorama
Ausgabe 9/2023
Saalfelder Höhe
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120 Jahre Kirche Reschwitz

Um die vollständige Geschichte der 120 Jahre alten Reschwitzer Kirche darlegen zu können, muss man einige Jahrhunderte zurückblicken.

Alte Aufzeichnungen aus der Ortschronik erzählen aus früheren Zeiten, dass vor 1520 eine Kapelle auf dem Kreuzberg, am westlich liegenden Heiligen Berg, da wo später ein Kreuz errichtet war, gestanden haben muß. Im Jahr 1520 soll dann dort eine kleine Kirche erbaut worden sein. Diese Kirche wurde wieder 1640 im dreißigjährigen Krieg, mit samt dem ganzen Dorf, von den in Saalfeld liegenden kaiserlichen Truppen unter Piccolomini, niedergebrannt.

In der kirchenlosen Zeit wurde mit dem Gottesdienst nicht ausgesetzt. Die Stiftung eines leider nicht mehr vorhandenen Abendmahlkelches durch Agnesa Juliana von Lengefeld geb. von Watzdorf aus dem Jahre 1689 bezeugte dies. Erst im Jahre 1736 wurde mit dem Wiederaufbau der neuen Kirche begonnen. Der Innenausbau nahm lange Zeit in Anspruch.

Am 9. November 1755 wurde sie dann endlich eingeweiht. Die Zugehörigkeit der Reschwitzer Kirche stand zunächst unter Saalfeld-Coburgischer, bis 1829 unter Meiningischer und ab 1829 kam sie unter Schwarzburgischer Oberhoheit.

Diese Kirche ging in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November 1901 in Flammen auf. Innerhalb einer Zeit von 1 ½ Stunden lag die erst 1887 restaurierte Kirche in Schutt und Asche, von der nur die vier Mauerwände stehen geblieben sind. Hätten wir eine moderne Schlauchspritze gehabt und nicht die Stoßspritze von 1792, wäre unser Kirchlein noch zu retten gewesen. Von all den in der Gotteslade sich befindenden vielen und mancherlei Büchern und Schriften wurde ein einziges, an allen vier Seiten angekohltes Blatt aus einem der alten Gesangbücher gefunden. Das Blatt will uns etwas sagen:

Es stehen 8 ½ Verse von dem Liede: „O Welt, ich muss dich lassen, ich fahr‘ dahin mein Straßen ...“ darauf. Die Entstehungsursache des Feuers ist unbekannt; einige meinen, durch eine etwas schief stehende (Sakristeiseite zu) Altarkerze, deren Flamme durch eine im Fußboden der Kanzel befindliche Fuge Hitze erzeugte, könne das Feuer entstanden sein, andere durch eine herabgefallene Schnuppe des auf der Kanzelbrüstung befindlichen Lichtes.

Schon bald wurde der Wiederaufbau der Kirche geplant und dem Herrn Baurat Quentin aus Pirna, die Ausführung des Kirchenneubaus übertragen.

Schließlich konnte am 9. Juni der hiesige Kirchenneubau in Angriff genommen werden. Die Ostwand der Kirchenruine wurde abgetragen, um Raum zur Aufmauerung eines massiven Turmes zu gewinnen. Zu letzterem Zwecke wird die Erde tief ausgeschachtet. Beim Graben einer Vertiefung im Altarraum zwecks Einsatzes einer Gerüststange wurde am 12. Juni eine Deckenwölbung durchschlagen, bei näherem Nachsehen erblickte man auf dem Boden des ausgemauerten Raumes ein Skelett. Eine Gruft war somit entdeckt, von deren Vorhandensein keine Urkunde etwas meldet, wenn nicht vielleicht das betreffende Kirchenbuch in Graba darüber Auskunft gibt, zu dessen Pfarrsprengel hiesiger Ort früher gehörte. Ein Anzeichen, welches auf das Bestehen einer Gruft schließen ließ, war auch nicht zu bemerken. Behördlicher Seite ist eine gänzliche Öffnung des Grabgewölbes nicht gestattet und ward wieder mit Erdreich verfüllt worden. Wahrscheinlich eine Grabkammer der Rittergutschaft derer von Lengefeld (wurde 1818 zerschlagen).

Am 01. Nowember 1903 wurde das neuerbaute Gotteshaus unter vielen Gästen aus der Gemeinde und den Kirchenmitgliedern eingeweiht. Der Kirchen- und Schulvorstand, bestehend aus Pfarrer Sickmüller-Vorsitzender, Kantor Emil von Ende, Schultheiß Ernst Barth, Landwirt Bernhard Ullrich und Bauerngutsbesitzer Hermann Weber, bedankte sich bei folgenden Unternehmern, die am Bau beteiligt waren:

Hermann Hartwig/Saalfeld

Zimmer- und Tischlerarbeiten,

Karl Wagner/Reschwitz

Erd- und Maurerarbeiten,

Wilhelm Franke/Blankenburg

Steinmetzarbeiten,

Emil Franke/Saalfeld

Klempnerarbeiten,

Ludwig Eschrich/Saalfeld

Schieferdeckerarbeiten.

Viele Bürger aus Reschwitz spendeten für die neue Kirchenausstattung.

- Aber ein großer wohltätiger Gönner soll hier erwähnt werden. Die Familie von Frege, Bankiersfamilie aus Leipzig, Schlossbesitzer vom Wetzelstein. Sie waren von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts Domherr und Comthur an unsere Kirche-.

Größte Einzelspende für unsere neue Kirche kam von dem Politiker und Rittergutsbesitzer Arnold Woldemar von Frege-Weltzien, der ca. 620 Mark für eine neue Turmuhr spendete.

Schließlich beliefen sich die Baukosten auf insgesamt 22 585,78 Mark.

In Anregung des Pfarrers Emil Sell/Obernitz bekam dann 1936 unsere Kirche ein 3-Glockengeläut. Gekostet haben sie 1500 Mark. Gestiftet wurden sie von dem Altschultheiß Ernst Barth und Ehefrau Bertha (1000 Mark), dem Ehepaar Hugo und Elsa Hoffmann (300 Mark) und weiteren 7 Bauern (je 25 Mark) von hier.

1991 begannen umfangreiche Außenarbeiten an der Kirche zu Reschwitz. So wurde durch die teilweise stark verwitterte Fassade ein neuer Außenputz aufgezogen und mit einem neuen Farbanstrich versehen, auch das Dach und die Dachrinne wurden repariert. Die Turmuhr bekam ein neues Ziffernblatt mit vergoldeten Zeigern. Der Wetterhahn und die Turmkugel wurden abgenommen und von dem Kunstschmied Michael Gerhardt aus Knau restauriert. Auch das wieder entdeckte Jesu-Kreuz, dass Jahrzehnte verstaubt unter dem Kirchendach lag, wurde wieder anstelle des schlichten Holzkreuzes aufgehängt.

Dank Fördermittel konnten erst solch große Baumaßnahmen realisiert werden.

2004 kamen dann die Innenarbeiten der Kirche dran. Die Malerarbeiten wurden von der Firma Roland Meyer aus Obernitz ausgeführt. Bei den Renovierungsarbeiten wurden alte Malereien von 1903 entdeckt. Die Holzprofile der Decke waren nach alten Vorlagen entstanden, ebenso Blumenmotive, Weinlaub und Trauben,

- Reschwitz hatte früher mit den größten Weinanbauflächen hier im Saaletal -, sowie Getreideähren, die man in den siebziger Jahren überstrichen hatte.

Heute erstrahlt die Kirche wieder im neuen Glanz und lädt alle Besucher: innen zum Verweilen ein.

Gernot Blochberger

Ortschronist