Seine diesjährige Handwerk- und Gewerbetour führte Landrat Christian Herrgott Mitte des Monats Mai zu vier Unternehmen, die sich nicht nur seit Jahrzehnten in der Region etabliert haben, sondern seitdem auch fest in Familienhand befinden – und etwas schafften, was insbesondere für kleinere Betriebe nicht mehr selbstverständlich ist: die Übergabe der Geschäfte an die nächste Generation. Stellvertretend hierfür betonte der Senior-Chef der Tischlerei Militzer aus Schleiz, Ralf Militzer, gegenüber dem Landrat, wie viele Kollegen aus dem Handwerk ihn dafür beneiden, dass ihm gemeinsam mit seinem Sohn eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge geglückt ist.
Ähnlich dürfte es bei der Firma Heizung Läßig in Bodelwitz sein, wo Christian Herrgott seine Handwerks- und Gewerbetour startete. Beim gemeinsamen Rundgang berichtete Familie Läßig sichtlich stolz von der Firmengeschichte, die mit der Gründung im Jahr 1988 begann. Seitdem ist das Unternehmen, das Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie Photovoltaikanlagen installiert, fest in Familienhand. Anfang 2018 übergab Wolfgang Läßig den Betrieb an seinen Sohn Torsten und auch für Enkel Johannes gab es nie einen Zweifel daran, ins Familienunternehmen mit einzusteigen.
Gemeinsam hat man in den vergangenen Jahrzehnten sehr wechselhafte Zeiten erlebt. „Erst gab es zu viele kleine Betriebe, die um die vorhandenen Aufträge konkurriert haben und jetzt ist es genau umgekehrt und für die viele Arbeit findet man nicht mehr genügend Arbeitskräfte im Handwerk“, berichtet Wolfgang Läßig. Der Familienbetrieb kämpft wie viele andere Gewerke auch mit Nachwuchssorgen. Die Pläne der Landesregierung, die Meisterausbildung in Thüringen ab dem kommenden Jahr kostenfrei zu machen, begrüßt Familie Läßig daher sehr.
Auch Winfreid Zein, der Gründer der Zein-Haustechnik GmbH hat sich Anfang der 1990er Jahre bewusst für einen regionalen Standort entschieden und gehörte zu den Ersten, die sich im Gewerbegebiet in Ranis ansiedelten. Die Zein-Haustechnik GmbH bietet seither Komplettlösungen im Bereich Heizung und Sanitär an. „Vom Rohbau zum fertigen Bad bekommt man bei uns alles aus einer Hand und über einen Ansprechpartner, was von unseren Kunden besonders geschätzt wird“, beschreibt Marcus Zein, der seit diesem Jahr Hauptgesellschafter und Geschäftsführer ist.
In den Jahren nach der Wende war das aktuell 18 Mitarbeiter zählende Unternehmen auch deutschlandweit unterwegs, seit 2001 liegt der Fokus aber wieder klar auf dem regionalen Umfeld. „Wir arbeiten zu 95 Prozent für Privatkunden. Die bürokratischen Hürden bei Aufträgen für die öffentliche Hand sind in den vergangenen Jahren einfach zu groß geworden“, bemängelt Marcus Zein. Als positive Entwicklung hingegen sah er die Zusammenarbeit und den Austausch der regionalen Handwerksbetriebe untereinander, der sich im Vergleich zum harten Konkurrenzkampf der vergangenen Jahre und Jahrzehnte sehr verbessert habe.
Ebenfalls kurz nach der politischen Wende legte Gerd Wachter mit dem Schritt in die Selbstständigkeit als Fußboden- und Parkettlegerbetrieb den Grundstein für die heutige Firma Maler & Parkett Wachter GmbH u. Co. KG in Tanna. Lebhaft beschrieb er, wie er sich Mitte der 1990er Jahre, als sich Aufbruchsstimmung im Zuge der Wiedervereinigung abflaute, für einen Firmenneubau entschied und sich fragen lassen musste, wie man denn in diesen schwierigen Zeiten bauen könne. „Es gibt keine Zeit, wo man sagt: Jetzt leben wir in einer guten Zeit. Die Bewertung erfolgt immer erst rückblickend“, so Gerd Wachter.
Inzwischen führt sein Sohn Christian das sechs Mitarbeiter zählende Unternehmen seit mehreren Jahren, das seit der Erweiterung des Angebots um Malerarbeiten seit 2004 Komplettlösungen für Innenräume vom Fußboden bis zur Decke anbietet. Dass das gerne angenommen wird, zeigt die Auftragslage, die Christian Wachter als sehr gut beschreibt. Die Wartezeit für Kunden beträgt derzeit etwa ein halbes Jahr.
Die mit Abstand längste Tradition der vier Unternehmen, die Landrat Christian Herrgott besuchte, weist die T&R Militzer KG aus Schleiz vor, die als Tischlerei und Küchenstudio tätig ist. Inzwischen wird die Firma, deren Geschichte bis 1919 zurückreicht, durch Toni Militzer in vierter Generation geführt. Dass auch hier die Auftragslage gut ist, zeigt nicht zuletzt der aktuell in den Endzügen befindliche Anbau der Werkstatt. Passend dazu merkte dessen Vater und Vorgänge Ralf Militzer an, dass die Küche das Auto als Statussymbol in Deutschland abgelöst habe.
Eine Besonderheit in der sieben Mitarbeiter zählenden Belegschaft ist, dass seit August ein junger, taubstummer Mann ausgebildet wird. Wie Toni Militzer betont, ist es für ihn und die übrigen Mitarbeiter mitunter durchaus herausfordern, inzwischen spielen sich die Prozesse aber immer besser ein. Und noch etwas – neben der eingangs erwähnten, geglückten Unternehmensnachfolge – dürfte andere Handwerksfirmen neidisch machen: Bei einem Team, in dem niemand älter als 34 Jahre alt ist, muss sich der Betrieb mindestens vorerst keine Nachwuchssorgen machen.
Am Ende seiner Tour zeigte sich Christian Herrgott zufrieden mit den gewonnenen Eindrücken. „Als Landrat liegt mir die Handwerks- und Gewerbetour besonders am Herzen, um mich direkt vor Ort im persönlichen Gespräch über neue Entwicklungen und aktuelle Trends zu informieren und auch die Sorgen und Nöte unserer regionalen Unternehmen kennenzulernen. Dass sich diese vier Unternehmen auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gut behaupten, ist ein positives Signal“, so der Landrat.
Text und Fotos: Pressestelle Landratsamt