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Amtsblatt des Saale-Orla-Kreises
Ausgabe 8/2024
Nichtamtlicher Teil
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Landrat Christian Herrgott informiert zur Schließung des Krankenhauses in Schleiz

Der Schock in weiten Teilen der Region sitzt noch immer tief. Am 14. August informierte die Geschäftsführung der Sternbach-Klinik in Schleiz ihre Belegschaft und anschließend auch die Öffentlichkeit darüber, dass das Krankenhaus keine Zukunft hat und die Arbeitsverträge zum Montagsende gekündigt würden. Weniger als eine Woche später wurde der letzte verbliebene Patient entlassen, was die mehr als 150-jährige Geschichte des Schleizer Krankenhauses besiegelte.

Folgende Informationen kann Landrat Christian Herrgott über die Klinik-Schließung und deren Folgen geben.

Landrat Christian Herrgott über …

… die plötzliche Schließung der Sternbach-Klinik: Die Schließung der Sternbach-Klinik ist ein schmerzhafter und schwer zu akzeptierender Einschnitt für den Saale-Orla-Kreis, der mich auch persönlich sehr bestürzt. Das Krankenhaus hatte für den gesamten Landkreis nicht nur eine wichtige medizinische, sondern auch eine große gesellschaftliche Bedeutung. Bedauerlicherweise lässt sich die Schließung aufgrund der desolaten finanziellen Situation nicht mehr abwenden.

… das Ausmaß der finanziellen Misere: Monatlich stehen Einnahmen von 1,5 Millionen Euro und Ausgaben von 2,1 Millionen Euro gegenüber. Die Klinik fährt also einen monatlichen Verlust von 600.000 Euro ein – rund ein Drittel des gesamten Umsatzes. Das ist Wahnsinn! 2023 machte die Klinik 5 Millionen Euro Verlust, in diesem Jahr steuerte sie auf 7 Millionen Euro Verlust zu.

Leider wurden mir die Zahlen, die zeigen, wie dramatisch die Situation tatsächlich ist, auf eindringliche Nachfrage erst eine Woche vor der Verkündung der Klinik-Schließung zur Verfügung gestellt. Es ist mir unbegreiflich, warum die Klinikleitung die dramatische wirtschaftliche Lage so lange nicht offen kommuniziert hat. Dass im August – als der Geschäftsführung längst klar gewesen sein muss, dass es nicht weitergehen würde – sogar noch neue Mitarbeiter eingestellt wurden, grenzt an Hohn.

… eine Finanzspritze über 2 Millionen Euro und den Insolvenz-Antrag Ende Juni: Im Frühjahr 2024 wurden durch die Geschäftsführung erstmals wirklich konkrete finanzielle Schwierigkeiten signalisiert – ohne aber das tatsächliche Ausmaß offenzulegen. Eine kurzfristig durch die Landesregierung bereitgestellte Finanzhilfe von 2 Millionen Euro sollte bis zum Jahresende ausreichen. Tatsächlich sind die Gelder längst aufgebraucht.

Selbst nachdem Ende Juni die Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt wurde, wurde die Situation beschönigt und die Öffentlichkeit in Sicherheit gewogen. Alles sei auf einem guten Weg, die Insolvenz in Eigenverwaltung diene der Restrukturierung des Hauses und man sei guter Dinge, einen Investor zu finden. Nichts davon entsprach der Realität! Der erhoffte Einstieg eines finanzstarken Partners kam aufgrund der eklatanten wirtschaftlichen Schieflage nicht zustande, was für jeden mit Insider-Wissen absehbar gewesen sein muss.

… die vergebliche Bemühung, doch noch eine Lösung zu finden: Ich habe mir den Erhalt des Schleizer Krankenhauses – in dem ich wie viele Bürgerinnen und Bürger des Saale-Orla-Kreises geboren wurde – zum Ziel gesetzt. Nachdem mir die Geschäftszahlen Anfang August vorgelegt wurden, habe ich in enger Abstimmung mit dem Ministerpräsidenten und der Gesundheitsministerin intensiv dafür gearbeitet, doch noch eine Zukunft für den Krankenhausstandort zu ermöglichen. Leider war es mit einem Zeitfenster von gerade einmal einer Woche unmöglich, eine Lösung zu finden.

… eine mögliche Übernahme des Krankenhauses durch den Landkreis: Angesichts der Dimensionen der finanziellen Verluste und der Tatsache, dass es keinerlei Aussicht auf eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit gibt, war und ist eine Übernahme des Krankenhauses in kreiseigene Strukturen nicht vertretbar. Eine Übernahme hätte keine nennenswerten Einspareffekte und der Saale-Orla-Kreis ist auch nicht in der Lage, jährlich sieben Millionen Euro Verlust mit Steuergeldern zu kompensieren. Selbst wenn wir Museum Schloß Burgk, die Gießerei Heinrichshütte und unsere Musikschulen schließen würden – was niemand möchte –, würde das Geld nicht ausreichen.

… den Vergleich zu Krankenhaus-Übernahmen in Sonneberg und Hildburghausen: Die Situation ist nicht mit der der Regiomed Kliniken in Südthüringen vergleichbar, deren Verlust im Verhältnis zu den Umsätzen „nur“ ca. 5 Prozent entspricht. Und das stellt bereits eine sehr große Herausforderung dar. In Schleiz sprechen wir von über 30 Prozent Verlust.

… das Ende des Krankenhausstandorts Schleiz: Ich wünschte, ich könnte die Zuversicht ausstrahlen, dass eine Fortführung des Krankenhausbetriebs noch irgendwie möglich sei, aber wir befinden uns nicht in der Situation, in der man falsche Hoffnungen wecken sollte. So hart es ist: Das Krankenhaus in Schleiz ist Geschichte.

Unser vordringliches Ziel muss es nun sein, wenigstens des Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) zu erhalten, damit die Menschen der Region weiterhin Zugang zu wichtigen ärztlichen Leistungen haben. Daran arbeiten wir intensiv.

… weitere Wege für den Rettungsdienst: Durch den Wegfall des Krankenhauses in Schleiz fallen für den Rettungsdienst weitere Fahrten zu anderen Krankenhäusern an. Das ist Fakt. Deswegen befinden wir uns im engen Austausch mit den Rettungsdienstzweckverband, um den Rettungsdienst im Saale-Orla-Kreis sowohl personell als auch mit zusätzlichen Fahrzeugen zu stärken. Die Rettungsfristen bei Notfällen müssen weiterhin eingehalten werden.

Zugleich muss man betonen, dass es in der Zeit seit dem Aufnahmestopp in Schleiz [mindestens bis Redaktionsschluss des Amtsblattes] keine Probleme bei Versorgung und dem Transport von Notfällen gab. Es gibt hier keinen Engpass! Bereits vorher war es üblich, dass insbesondere Patienten mit schwerwiegenderen Diagnosen nicht nach Schleiz, sondern direkt in größere Krankenhäuser im Umland gebracht wurden.

… Großveranstaltungen im Saale-Orla-Kreis: Es kann und es soll auch weiterhin Großveranstaltungen im Saale-Orla-Kreis geben. Die medizinische Absicherung solcher Ereignisse erfolgt durch die jeweiligen Veranstalter mit einem eigenen Sanitätsdienst, der unabhängig vom regulären Rettungsdienst agiert. In dieser Hinsicht hat die Krankenhaus-Schließung keine Auswirkungen.

… die Zukunft der Krankenhaus-Mitarbeiter: Insbesondere gut ausgebildetes medizinisches und Pflegepersonal wird überall gesucht. Diejenigen unter den weit über 150 Beschäftigten, die es wollen, werden einen neuen Job finden. Als Landratsamt möchten wir aber dabei unterstützen, dass diese berufliche Zukunft in der Region liegt und der Weg dorthin ohne unnötigen bürokratischen Aufwand und größeren Zeitverzug gelingt. Hierzu befinden wir uns im engen Austausch mit freien Trägern und potenziellen Arbeitgebern in der Region. Auch die Sternbach-Klinik selbst bemühte sich um eine Weitervermittlung der Arbeitskräfte.