Liebe Garten- und Naturfreunde,
haben Sie bereits Efeu in Ihrem Garten? Dann erzähle ich Ihnen nichts Neues, wenn ich erkläre, dass dieses Gewächs ein ganz unglaublicher „Kletterer“ ist! Laut der Botaniker ist er der einzige einheimische Vertreter der sogenannten „Wurzelkletterer“. Mit seinen Haftwurzeln auch Haftscheiben oder auch Efeufüßchen genannt, ist er in der Lage, an Bäumen und Mauern bis zu 20 Metern emporzuklettern.
Leider sind viele Menschen der Meinung, dass Efeu für Schäden oder sogar für den Tod von Bäumen verantwortlich ist. Sie mutmaßen, dass der Efeu seine Wurzeln wie ein Parasit in den Stamm des von ihm bekletterten Baumes bohre und dessen Leitungsbahnen anzapfe, dass der Baum durch den Efeu Luft, Helligkeit (Sonnenlicht) und Wasser mit Nährstoffen einbüßen müsse und dadurch Schaden erleide. Andere denken, dass dieser immergrüne Kletterer dem Baum im Wurzelraum sämtliche Nährstoffe und Wasser wegnähme. Sie nutzen ihre Argumente, um diese einheimische Kletterpflanze, die bis zu 400 oder gar 500 Jahre alt werden kann, zu verdammen und letztlich zu entfernen.
Diese Frage, ob Efeu Bäume tatsächlich kaputt macht, beschäftigt die Menschen bereits seit Jahrhunderten. Bereits in der griechischen Antike gab es Pflanzenkundige, die diese Meinung vertraten und solche, die dem widersprachen. Und das hat sich bis heute nicht wirklich geändert.
Immer wieder wird der Efeu (Hedera helix) verdächtigt, die Bäume, an deren Stämmen er hochrankt, zu schädigen oder gar zum Absterben zu bringen. Neueste wissenschaftliche Studien aus Deutschland und Europa bestätigen diese Annahmen jedoch nicht. Im Gegenteil – „Efeu ist eine optische und ökologische Bereicherung von Bäumen in unseren Gärten, Parks und Wäldern. Daher sind Maßnahmen zur generellen Entfernung von Efeu an Bäumen in unseren Dörfern und Städten abzulehnen“, so die Wissenschaftler.
Ich habe mich sehr intensiv mit diesen Fragen beschäftigt, mich mit Fachleuten ausgetauscht und auch meine eigenen Erfahrungen mit eingebracht. Dabei mussten wir erkennen, dass die Wahrheit wohl irgendwo „in der Mitte“ anzusiedeln ist. Es gibt da einen Steg zwischen Mythos und Tatsachen.
Ich versuche das jetzt hier näher zu erklären: Generell stellt Efeu für unsere Bäume keinerlei Bedrohung dar. Dies bestätigen wissenschaftliche Studien aus ganz Europa (so eine Abhandlung des BUND-Landesverbandes Hannover). Ich füge hinzu: Wenn es sich um große, gesunde, stattliche Bäume handelt, kann diesen der Efeu nicht wirklich schaden. Anders sieht es aus mit jungen oder schwachen Bäumen. Auch kleinere Gehölze, wie Büsche oder Sträucher, können sehr wohl von Efeu in ihrem Wuchs und ihrer Entwicklung be- und gehindert werden. So können sie relativ schnell überwuchert werden, was zu dauerhaftem Lichtmangel führt, der wiederum zum Absterben dieser Gehölze führen kann.
Kommen wir zu den Nährstoffen. Efeu entwickelt 2 gänzlich unterschiedliche Arten von Wurzeln. Das sind einmal die Bodenwurzeln, die ihn mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Zum andern sind es seine Haftwurzeln, die die Pflanze ausnahmslos zum Klettern benutzt! Was man rund um die Stämme der bewachsenen Bäume sieht, sind die für den kräftigen Baum völlig harmlosen Haftwurzeln. Seine Nährstoffe holt sich der Efeu aus dem Boden! Und auch wenn er sich diese mit einem Baum teilt, ist er dadurch keine ernstzunehmende Konkurrenz. Erfahrungsgemäß wachsen Bäume sogar besser, wenn sie sich die Pflanzstelle mit einem Efeu teilen. Das an Ort und Stelle verrottende Laub des Efeus düngt die Bäume und verbessert allgemein den Boden. ABER, jetzt kommt ein größeres aber, diese Haftwurzeln wachsen z. B. bei mir um das Geäst eines alten Flieders. Die Haftwurzelstränge sind mittlerweile so stark ausgebildet, dass sie das Breitenwachstum der Fliederäste sehr einschränken, respektive unmöglich machen, indem sie dieselben regelrecht einschnüren. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als diesen Efeu radikal zurückzuschneiden. Das ist auf mehreren Seiten richtig schade, denn in diesem Efeu war zur Herbstzeit immer ein außergewöhnliches Gesumme zu vernehmen, bot er doch den Bienchen mit seinen späten Blüten eine ganz wunderbare Nahrungsquelle. Und im Winter war er stets ein sehr beliebter Treff von ganzen Spatzenkolonien, die dort nicht nur Unterschlupf, sondern mit den blauschwarzen Beeren des Efeus auch gleich einen „gedeckten Tisch“ vorfanden.
Welche WENN und ABER wir in Bezug auf den Efeu noch bedenken oder zumindest aufmerksam im Auge behalten sollten, dazu mehr in der nächsten Woche.
Ihre Heidemarie Traut