Werte Schalkauer Bürger,
ist Ihnen/Euch vielleicht das Zitat „Kommt, lasst uns unseren Kindern leben.“ schon einmal im Alltag begegnet? Wenn ja, dann sind Sie sicher beruflich als Pädagoge, Kindergärtner oder Lehrer tätig oder haben die im Nachbarlandkreis Saalfeld-Rudolstadt befindlichen Heimatmuseen in Oberweißbach und in Bad Blankenburg besucht. Dieser, für unsere heutige Zeit sprachlich etwas ungewohnte Satz, stammt nämlich von dem im 19. Jahrhundert lebenden Pädagogen Friedrich Fröbel, der für sein Konzept des Kindergartens weltweit bekannt geworden ist.
Das „uns unseren Kindern“ bedeutet zum einen, dass wir als Eltern und Gesellschaft mit unseren Kindern leben sollen. Im Miteinander geht es darum, die unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einerseits und den Erwachsenen andererseits anzuerkennen und beiden Gruppen durch entsprechende Angebote gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Zum anderen bedeutet das „uns unseren Kindern“ aber auch, dass wir als Gesellschaft für unsere Kinder leben sollen. Im Füreinander wird die Verantwortung der Erwachsenen gegenüber den Kindern und Jugendlichen deutlich.
Auch beim Thema Jugendarbeit gilt dieser Leitgedanke Fröbels. Jugendarbeit ist deshalb auch gesetzliche Aufgabe der öffentlichen Verwaltung und soll vor Ort durch die Gemeinde und den Landkreis umgesetzt werden. Der Stadt Schalkau kommt somit bei der Jugendarbeit eine wichtige Rolle zu.
Schaut man sich aber die aktuelle Situation in Schalkau an, so ist schnell festzustellen, dass die Jugendarbeit derzeit ausschließlich von Vereinen geleistet wird. Zu nennen sind die Sportvereine, wie z.B. der FC Blau-Weiß Schalkau, der TSV 1898 Bachfeld, die Schützengesellschaft Schalkau und der Tennisclub Schalkau, aber auch die Jugendfeuerwehr, der Kulturbund und die Kirmesgesellschaften in Theuern und Bachfeld. Alle diese Vereine leisten auf ehrenamtlicher Basis eine hervorragende Jugendarbeit. Ein Angebot an Jugendliche außerhalb der Vereine gibt es zurzeit leider nicht.
Dass das nicht immer so war, zeigt das Beispiel des Schalkauer Jugendklubs. Noch Ende der Achtzigerjahre wurde dieser auf Beschluss der damaligen Verwaltungsgemeinschaft Schalkau/Rauenstein gemeinsam von der Stadt Schalkau und den ortsansässigen Betrieben VEB Elektra Schalkau und LPG Pflanzen- und Tierproduktion Schalkau errichtet. Unter dem Leiter des Jugendklubs, Herrn Detlef Berthold, den alle liebevoll „Berthi“ nannten, blühte die Jugendarbeit in Schalkau auf. Auch nach der Wende, als der Jugendklub und Herr Berthold als Jugendpfleger von der Stadt Schalkau übernommen wurden, erlebte die Jugendarbeit eine glanzvolle Zeit. Noch heute erinnern sich die Jugendlichen von einst gerne in Gesprächen an diese schöne Zeit.
Im Jahr 2007 zog sich die Stadt Schalkau allerdings aus der Jugendarbeit zurück und übertrug die Nutzung des Jugendklubs an den Jugend- und Freizeitverein Proclub Schalkau e.V., welcher seitdem für die Bewirtschaftung des Gebäudes allein verantwortlich ist. Aus heutiger Sicht muss der Rückzug der Stadt Schalkau aus der Jugendarbeit aber kritisch eingeschätzt werden, weil dadurch die sozialen Kontakte zu den Jugendlichen späterer Jahrgänge nicht mehr aktiv durch die Zusammenarbeit mit der Schule gepflegt und aufgebaut werden konnten, was schließlich nach und nach zum Erliegen der Jugendarbeit führte. Ebenso nachteilig erwies sich diese Entscheidung auch für das Jugendklubgebäude selbst. Dringend notwendige Investitionen, wie z.B. die Dämmung des Daches, die Erneuerung der Heizung und der Außenanlagen, blieben seither aus.
Im Ergebnis dieser Entwicklung kommt der Landkreis Sonneberg in seinem aktuell gültigen Jugendförderplan aus dem Jahr 2021 zu folgender Feststellung: „Im Planungsgebiet 4 (Schalkau) wird festgestellt, dass der Versorgungsgrad eher unterdurchschnittlich ist und nicht als ausreichend bzw. bedarfsgerecht bezeichnet werden kann.“
Aufgrund dieser Situation wurde im Jahr 2023 in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Landkreises Sonneberg, der Stadt Schalkau und dem Sozialdienstleister Volkssolidarität Südthüringen e.V. ein Grundlagenkonzept zum Aufbau der Jugendarbeit in Schalkau entwickelt, welches vom Jugendhilfeausschuss des Kreistages auch im Dezember 2023 beschlossen worden ist. Im Februar 2024 erfolgte eine öffentliche Vorstellung des Konzeptes in der ehemaligen Bibliothek in Schalkau.
Das Kernstück dieses Konzeptes beinhaltet die Schaffung einer halben Stelle für einen Sozialarbeiter, der bei der Volkssolidarität Südthüringen e.V. als Träger eingestellt wird und dessen Personalkosten je zur Hälfte vom Landkreis Sonneberg und der Stadt Schalkau getragen werden.
Gemäß dem Konzept soll der Sozialarbeiter die bereits in einer Testphase erprobte Jugendarbeit an der Gemeinschaftsschule „Johann Wolfgang von Goethe“ in Schalkau, die sogenannte „Bewegte Pause“, wieder fortführen und die notwendige Netzwerkarbeit mit dem Jugend- und Freizeitverein Proclub Schalkau e.V., den Vereinen, der Stadt Schalkau und dem Jugendamt aufnehmen.
Nach dem Grundsatz „Miteinander & Füreinander“, welches das Leitmotiv für die Jugendarbeit bei der Volkssolidarität Südthüringen ist und inhaltlich dem eingangs erwähnten Zitat Friedrich Fröbels entspricht, soll nach und nach die Jugendarbeit in Schalkau am Standort des Jugendklubs wiederaufgebaut werden. Eine fachliche Unterstützung erfährt das geplante Projekt zudem auch von der Hochschule Coburg, die die Entwicklung der Jugendarbeit durch Studenten wissenschaftlich begleiten will.
Dass aller Anfang schwer ist, zeigt sich insbesondere bei der Suche nach einer fertig ausgebildeten Fachkraft für die geplante halbe Stelle. Leider konnte bisher noch kein geeigneter Bewerber gefunden werden. Aufgrund dessen soll die Jugendarbeit ab Februar zunächst mit einem in berufsbegleitender Ausbildung befindlichen Mitarbeiter der Volkssolidarität auf Basis von 10 Wochenstunden beginnen, denn auch kleine Schritte sind allemal besser als Stillstand.
In diesem Sinne wünsche ich unserer Jugend in Schalkau, dass der geplante Aufbau der Jugendarbeit erfolgreich gelingen möge.
Ihr/Euer
Mark Schwimmer
Bürgermeister