Rückstau der Itz am Bahndammdurchlass bei Bachfeld
Neu errichteter Biberdamm an der Itz am Ortsausgang Bachfeld in Richtung Eisfeld im September 2025
Biberdamm von Foto 2 nach dessen Öffnung im Oktober 2025
Bagger und Multicar des Bauhofs der Stadt Schalkau beim Einsatz für unsere Bürger in Bachfeld
Challenge gemeistert! Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Bürgermeister nach Abschluss der Pflanzaktion am Landambulatorium in Schalkau
Liebe Schalkauer Bürger,
mit einem Lebendgewicht von bis zu 30 Kg und einer Körperlänge von 80 bis 90 cm ohne den markanten Schwanz, der Kelle genannt wird, ist der Europäische Biber unser größtes heimisches Nagetier. Auch im weltweiten Vergleich kommt der imposante Nager damit auf den zweiten Platz und muss sich nur dem Cabybara, einem in Südamerika lebenden Verwandten aus der Familie der Meerschweinchen, geschlagen geben. Seinen wohlklingenden wissenschaftlichen Namen Castor fiber, abgeleitet von den lateinischen Wörtern „castare“ für „schneiden“ und „fibra“ für Faser von Pflanzen (Holz), erhielt der Biber von dem berühmten schwedischen Naturforscher Carl von Linné im Jahr 1758. Damit deutet schon der lateinische Name sehr treffend an was beim Biber biologisches Programm ist, nämlich das Fällen von Bäumen und Sträuchern, um einerseits an deren Zweige und Knospen als Nahrung zu gelangen und andererseits um geeignetes Baumaterial für das Anlegen von Dämmen zur werben.
Dass der Biber wie kaum eine andere Tierart seinen ans Element Wasser gebundenen Lebensraum aktiv zu seinen Gunsten umgestalten vermag, ist allgemein bekannt. Als fleißiger und hochbegabter „Wasserbauingenieur“ kann er selbst aus kleinen Bächen und Rinnsalen beachtliche Sumpf- und Gewässerlandschaften erschaffen. In vom Menschen wenig besiedelten Gebieten baut der Biber mitunter über mehrere Generationen hinweg Dämme, die mehrere 100 m lang sind und dadurch größere Gewässer entstehen lassen, die wiederum auch Lebensraum für viele andere wasserliebende Tier- und Pflanzenarten sind. Der größte Biberdamm der Welt übrigens befindet sich in Kanada und hat eine Länge von etwa 850 m.
In unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft jedoch, wo Mensch und Biber den gleichen Lebensraum beanspruchen, stößt sein natürliches Verhalten nicht nur auf Gegenliebe und Verständnis, sondern sorgt zunehmend auch für Konflikte. Unter Wasser gesetzte Wiesen, gefällte Obstbäume, vernäßte Keller und Häuser, beeinträchtigte Verkehrswege sowie eine mancherorts erhöhte Hochwassergefahr lassen die Bewunderung für die handwerklichen Fähigkeiten des Bibers bei seinen menschlichen Nachbarn dann doch immer öfter in Ärger und Mißmut umschlagen, was für mich durchaus verständlich und nachvollziehbar ist.
Um geeignete Lösungen für die nicht von der Hand zuweisenden Probleme, die seit der Wiederbesiedlung der heimatlichen Fließgewässer durch den Biber in den letzten Jahren auftreten, zu finden, lohnt sich ein Blick in die Geschichte und Vergangenheit dieser in Deutschland fast schon einmal vollständig ausgerotteten Tierart.
Anders als die aktuellen Problemfälle vielleicht vermuten lassen, brachten in der Vergangenheit nicht die Landnutzungskonflikte den Biber an den Rand des Aussterbens, sondern sein begehrtes Fell, welches besonders dicht und wasserabweisend ist sowie das sogenannte Bibergeil, ein Sekret, dem eine heilende und aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird. Hinzu kam im Mittelalter, dass die katholische Kirche den Biber wohl wegen der schuppentragenden Kelle zu den Fischen zählte und damit den Verzehr desselbigen während der Fastenzeit erlaubte. Infolgedessen wurde dem Biber in Europa und Asien intensiv nachgestellt, so dass er in weiten Teilen seines Verbreitungsgebietes ausgerottet wurde. Anfang des 20. Jahrhunderts war der Biber in Deutschland bis auf ein kleines Vorkommen von wenigen Tieren am Mittellauf der Elbe schließlich ausgestorben. Nur durch eine strenge Unterschutzstellung der Art gelang es im letzten Jahrhundert den Rückgang der Population zu stoppen und damit die Art vorm Aussterben zu bewahren. Mitte der Achtzigerjahre war die Population in der ehemaligen DDR dann auch wieder auf etwa 2000 Tiere angewachsen. Durch Wiederansiedlungsprojekte wie z.B. in Bayern konnte der Biber auch in anderen Teilen seines ehemaligen Verbreitungsgebietes erfolgreich etabliert werden. In Thüringen ist der Biber seit 2007 nach fast 400 Jahren wieder heimisch geworden. Seither ist die Population stark angewachsen und hat sich auch am Lauf der Itz und ihrer Zuflüsse wieder angesiedelt. In Thüringen schätzt man den Bestand auf etwa 900 und deutschlandweit auf mehr als 40.000 Tiere.
Aufgrund der äußerst positiven Bestandsentwicklung gilt der Biber gemäß der Roten Liste, welche ein naturschutzfachliches Gutachten ist, in Deutschland nicht mehr als gefährdete Art (nur noch Status Vorwarnliste), auch wenn er in Thüringen noch vorerst diesen Schutzstatus genießt. (siehe Kategorien der Roten Liste)
Kategorien der Roten Liste:
0 = Ausgestorben oder verschollen, 1= Vom Aussterben bedroht, 2 = Stark gefährdet, 3 = Gefährdet, G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, R = Extrem selten, V = Vorwarnliste
Warum aber der Biber in Deutschland trotz stark abgenommener Gefährdung immer noch den strengen und restriktiven Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes unterliegt und im Sinne dieses Gesetzes sogar als besonders und streng geschützte Art eingestuft ist, mag man zwar juristisch erklären können, weil der Biber seit 1992 den EU-weiten Schutz der FFH-Richtlinie unterstellt ist. Für die Bürger aber, die mit den negativen Folgen der unregulierten Ausbreitung des Bibers konfrontiert sind, ist dieser naturschutzfachliche Widerspruch nicht nachvollziehbar.
Deutlich wird dies am praktischen Beispiel. Schon seit längerer Zeit wurde vom Biber die Itz im Bereich Bachfeld wiederbesiedelt. Erste Probleme traten dann durch Aufstauen der Itz und der damit verbundenen Vernässung und Bodenaufweichung am Bahndamm der Eisenbahnstrecke Eisfeld-Sonneberg bei Bachfeld auf. Durch den Anstieg des Wasserpegels und durch die Errichtung eines weiteren Biberdammes hat sich inzwischen das Problem auf Teile der bebauten Ortslage von Bachfeld ausgeweitet. Konkret betroffen sind die Häuser an der B89 von der Ortsmitte linksseitig in Richtung Eisfeld, denen bei Starkregen und normalem Hochwasser nun die Überflutung ihrer Grundstücke und Kellerräume droht. Da der Biber zu den besonders und streng geschützten Tierarten gemäß Bundesnaturschutzgesetz zählt, ist das Entfernen eines Biberdammes eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Diese Rechtslage führt schließlich dazu, dass die betroffenen Anwohner nicht mehr selbst Schäden von ihrem Eigentum abwenden dürfen, ohne sich dabei einer Straftat schuldig zu machen.
Dass das mit Blick auf die reale Gefährdungslage des Bibers eine mit normalem Menschenverstand auch nicht mehr nachvollziehbare und deshalb auch absurde Rechtssituation ist, dürfte indessen nicht nur unseren betroffenen Bürgern klar sein, sondern auch den Verantwortlichen in den Behörden. In Anerkennung der tatsächlich berechtigten Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer genehmigte deshalb die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Sonneberg den Antrag der Stadt Schalkau auf Beseitigung eines Biberdammes durch die Mitarbeiter unseres städtischen Bauhofs noch im September. Anfang Oktober schritt der Bauhof dann mit dem gerade erst neu angeschafften Bagger zur Tat und stellte den ungehinderten Abfluß der Itz wieder her. Damit Baumeister Biber aber nicht so schnell den Zustand wieder rückgängig machen kann, wurde ihm das „Baumaterial“ vor Ort entzogen und abtransportiert, das immerhin beachtliche zwei Multicarfuhren umfasste.
Für wie lange der wiederhergestellte Hochwasserschutz für die betroffenen Anwohner anhält, bleibt indes vorerst abzuwarten. Trotzdem kann an dieser Stelle bereits ein positives Fazit gezogen werden. Zeigt doch dieses konkrete Beispiel sehr anschaulich, dass es auch in der aktuell geltenden Rechtslage möglich ist, mittels Ausnahmegenehmigung, die das Bundesnaturschutzgesetz im § 45 für gut begründete Einzelfälle ja erlaubt, vom Regelfall des Gesetzes abzuweichen, um andere Rechtsgüter wie z.B. den Hochwasserschutz der Anwohner oder den sicheren Betrieb von Verkehrswegen zu gewährleisten. Selbst die Entnahme einzelner Biber wäre in begründeten Ausnahmefällen sogar nach dem Bundesnaturschutzgesetz möglich wie ein Blick zu unseren Nachbarn im Landkreis Coburg beweist. Hier werden nämlich schon seit einigen Jahren Ausnahmegenehmigungen für Abschüsse einzelner Tiere aufgrund des Hochwasserschutzes erteilt, ohne dass dadurch der Biberbestand als Ganzes gefährdet wird.
Ich bin deshalb sehr zuversichtlich, dass sich auch in Thüringen die Praxis im Umgang mit dem Biber an die veränderten Verhältnisse anpassen wird. Ein Wildtiermanagement, dass sowohl den Interessen des Artenschutzes als auch denen des Hochwasserschutzes der Anwohner von Gewässern gerecht wird, muss deshalb etabliert werden. Denn auf Dauer wird es gerade im ländlichen Raum für den Biberschutz nur Akzeptanz geben, wenn man gleichzeitig andere berechtigte Interessen ebenfalls angemessen berücksichtigt, zumal die ursächlichen Gründe für den einstigen Rückgang der Biberpopulation (Verwertung des Fells und des Bibergeils) heutzutage gar nicht mehr von Bedeutung sind. Eine Naturschutzbehörde, die ihre im Bundesnaturschutzgesetz verankerten Handlungsspielräume im pflichtgemäßen Ermessen gegenüber den Bürgern verantwortungsvoll nutzt, kann für die aktuellen Herausforderungen schon jetzt vernünftige Lösungen bieten. Entscheidend ist am Ende nur der Wille zum Handeln.
Ob Baumschulen sich die Baumpflanz-Challenge ausgedacht haben, um den Verkauf von Bäumen anzukurbeln, ist nicht bekannt. Egal wer es auch gewesen sein mag. Die seit einigen Wochen in den sozialen Medien laufende Aktion erfreut sich jedenfalls großer Beliebtheit. Denn die Spielregeln sind ganz einfach: Vereine, Firmen oder Organisationen pflanzen einen Baum binnen Wochenfrist und dokumentieren dies mit einem kurzen Videofilm. Anschließend nominieren sie die nächsten Teilnehmer, die dann wiederum innerhalb der vorgegebenen Frist einen Baum pflanzen müssen usw. Nominierte Teams, die die Challenge, also ihre Herausforderung, nicht bestanden haben, müssen dem vorschlagenden Team einen Grillabend ausrichten.
Nachdem schon viele Vereine unserer Stadt mit Bravour an der Baumpflanz-Challenge teilnahmen und dies in tollen Videoclips dokumentierten, fiel die Nominierung diesmal auf den Bürgermeister und seine Stadtverwaltung. Am 15. Oktober pflanzte unser Team eine Linde eines privaten Sponsors auf dem Gelände unseres Landambulatorium in Schalkau. Als nächste Teilnehmer wurden von uns der Gemeindekirchenrat der Kirchgemeinde Schalkau und der Stadtrat der Stadt Schalkau nominiert. Unser Videofilm zur Pflanzaktion kann im Übrigen auf der Webseite der Stadt Schalkau angeschaut werden.
Euer/Ihr
Mark Schwimmer
Bürgermeister