Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen führt im nächsten Jahr flächendeckend die Biotonne ein. Im Interview beantwortet Evelyn Warmuth, Leiterin des Fachdienstes Abfall und Altlasten im Landratsamt, die wichtigsten Fragen.
Frau Warmuth, warum wird die Biotonne eingeführt?
Die Einführung der Biotonne ist gesetzlich vorgeschrieben gemäß dem Kreislaufwirtschaftsgesetz - ein Bundesgesetz, das bereits seit 2015 eine getrennte Erfassung des Bioabfalls vorsieht. Unser Landkreis hat sich lange gegen die flächendeckende Einführung gewehrt. Wir haben zahlreiche Hausmüllanalysen durchgeführt, um nachzuweisen, dass bei uns im ländlichen Raum Bioabfälle hauptsächlich kompostiert werden und nicht im Restmüllbehälter landen.
Mit welchem Ergebnis?
Im Durchschnitt der Untersuchungen fanden sich mehr als 40 Prozent organische Abfälle, also Bioabfälle wie anfallende Nahrungsmittel- und Küchenabfälle, überlagerte Lebensmittel, aber auch Gartenabfälle im Restmüll. Deswegen wurden wir wiederholt aufgefordert, die Biotonne einzuführen. Im Übrigen sind wir diesbezüglich einer der letzten Landkreise in Thüringen. In fast allen anderen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es die Biotonne bereits seit vielen Jahren. Unser Kreistag hat deshalb im Oktober 2022 einen entsprechenden Kriterienkatalog für die Einführung der Biotonne ab 1. Januar 2025 mehrheitlich beschlossen. Seit dieser Entscheidung arbeitet die Verwaltung intensiv daran, den Beschluss umzusetzen und die Rahmenbedingungen für die Einführung zu schaffen.
Welche Kosten entstehen dem Bürger im Zusammenhang mit der Biotonne?
Für die Biotonne wird eine gesonderte Abfallgebühr erhoben. Eine Zusatzausstattung mit kostenpflichtigen Bio-Filterdeckeln ist möglich.
Bisher gibt es bei uns im Landkreis ein Mindestentleerungsvolumen bei Restmüll von 400 Litern ohne Eigenkompostierung und von 240 Litern bei Eigenkompostierung pro Person und Jahr. Bei Nutzung einer Biotonne soll dann künftig, auch ohne Eigenkompostierung, ein Mindestentleerungsvolumen von 240 Litern gelten. Die Mehrkosten für die Nutzung der Biotonne können so - bei konsequenter Mülltrennung - teilweise kompensiert werden. Mit anderen Worten: Wer derzeit seinen Biomüll im Restmüll entsorgt hat, zahlt ja darauf auch Gebühren.
Wie oft wird die Tonne geleert?
Die Leerung der Biotonne erfolgt ganzjährig 14-tägig. Als Behältergrößen sind Bioabfallbehälter mit einem Behältervolumen von 80, 120 und 240 Litern vorgesehen. Für Großwohnanlagen sind auch größere Behältergrößen möglich.
Kann man sich von der Pflicht befreien lassen?
Eine Befreiung aufgrund von Eigenkompostierung oder Behältergemeinschaft ist möglich. Bislang haben rund 19.000 Grundstückseigentümer, das entspricht etwa 47 Prozent, einen Antrag auf Befreiung vom Anschlusszwang gestellt. Diese werden vorerst auf die Biotonne verzichten. Somit gehen wir derzeit von einem Anschlussgrad von gut 53 Prozent der Haushalte im Landkreis aus.
Der überwiegende Großteil derjenigen, die keine Biotonne wünschen, hat die entsprechende Erklärung sowie die erforderlichen Nachweise, wie ein Foto der Kompostanlage und den Lageplan des Grundstücks, ordnungsgemäß eingereicht. Die Anschreiben und das Formblatt zur Erklärung für die Befreiung von der Biotonne wurden bewusst einfach und möglichst unbürokratisch gestaltet, um den Prozess für die Bürgerinnen und Bürger so transparent und einfach wie möglich zu machen. Die betreffenden Schreiben wurden in den zuständigen Gremien des Kreistages ebenso wie die Kriterien für eine Befreiung von der Biotonne ausführlich abgestimmt.
Grundstückseigentümer die keine Biotonne wünschen und die entsprechenden Nachweise erbracht haben, werden zum Ende des Jahres selbstverständlich auch keine Biotonne erhalten.
Kann man sich auch zu einem späteren Zeitpunkt noch befreien lassen?
Ja, das ist kein Problem, wenn man die entsprechenden Nachweise erbringt. Es kann ja beispielsweise auch sein, dass sich die Verhältnisse auf dem jeweiligen Grundstück geändert haben. Umgekehrt kann auch später noch eine Biotonne gestellt werden.
An wen können sich Bürger wenden, die Probleme beim Ausfüllen des Formblattes haben?
Bürgerinnen und Bürger, die Probleme beim Ausfüllen des Formulars zur Befreiung von der Biotonnenpflicht haben, können sich gerne an unseren Fachdienst Abfall und Altlasten wenden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen zur Verfügung, um bei Fragen oder Schwierigkeiten behilflich zu sein. Sie können sich im Fachdienst Abfall und Altlasten telefonisch unter 03693 / 485-8368, -8397 melden oder uns per E-Mail unter fd.abfall@lra-sm.de erreichen.
Seit der Versendung der Anschreiben im November 2022 an rund 40.000 Grundstückseigentümer haben wir ein überwiegend positives Feedback zum Verfahren erhalten und bisher so gut wie keine Beschwerden verzeichnet. Aktuell werden lediglich in Einzelfällen noch fehlende Unterlagen nachgefordert.
Wann werden die ersten Biotonnen im Landkreis verteilt? Welche Kosten entstehen dem Landkreis mit der Anschaffung und Verteilung?
Die Verteilung der Biotonne beginnt ab dem Herbst dieses Jahres und soll spätestens bis zur Einführung der Biotonne ab 1. Januar abgeschlossen sein. Wie viel die Anschaffung und Verteilung kostet, können wir erst nach dem Vergabeverfahren konkret beziffern.
Was darf in der Biotonne entsorgt werden?
In die Biotonne dürfen grundsätzlich organische Abfälle aus der Küche und kleinere Mengen Grünabfälle, wie zum Beispiel Rasenschnitt oder Blumenabfälle entsorgt werden. Wichtig ist, dass keine Fremdstoffe wie z.B. Kunststoffbeutel, Büchsen oder Gläser in die Biotonne gegeben werden dürfen. Falls der Bioabfall in der Küche in einem Kunststoffbeutel gesammelt wird, muss dieser vor der Entsorgung in die Biotonne entleert und der Kunststoffbeutel separat über die Restmülltonne entsorgt werden.
Was passiert mit dem Inhalt der Biotonne?
Durch die separate Einsammlung des Bioabfalls können die organischen Abfälle gezielt einer höherwertigen stofflichen und energetischen Verwertung zugeführt werden. Über Biogasanlagen können so Strom und Wärme aus organischen Abfällen hergestellt werden. Dadurch wird auch unsere Region ein Stück weit unabhängiger von Energie-Importen.
Entstehen dem Landkreis durch die Biotonne Gewinne?
Der Landkreis erhebt wie oben beschrieben eine gesonderte Abfallgebühr für die Biotonne, um die Kosten für die Sammlung und Verwertung der Bioabfälle zu decken. Diese kann aber bei konsequenter Mülltrennung minimiert werden. Der Landkreis verdient mit Sicherheit nichts an der Biotonne, weil das Einsammeln und die weiteren Prozesse Geld kosten. Im Übrigen darf ein Landkreis auch über die Abfallgebühren kein Geld verdienen, wenn man es vereinfacht sagt. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Einführung der Biotonne auch langfristige ökologische und ökonomische Vorteile mit sich bringt, die über die reinen Kosten hinausgehen.