Saalfeld. Im März kam die erste freudige Botschaft in der Marktgemeinde Tettau an: Tettau hatte es in die finale Auswahl des Wettbewerbs „Gütesiegel Heimatdorf 2025“ geschafft. Für Tettau und zwei weitere Gemeinden in Oberfranken bedeutete das eine Vor-Ort-Besichtigung der Fachjury die in Tettau am Montag, 26. Mai, stattfinden konnte.
Nun kam die Entscheidung aus dem Bayerischen Heimatministerium: „Mit einer beeindruckenden Bewerbung hat es der Markt Tettau bis in die finale Auswahl des Wettbewerbs geschafft und im Rahmen der Vor-Ort-Besichtigung eindrucksvoll bewiesen, dass er mit seinem aktiven Dorfleben und engagierten Bürgerinnen und Bürgern eine lebenswerte und attraktive Heimat bietet. Nach Abschluss des vierstufigen Bewertungsverfahrens müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass ihre Gemeinde im aktuellen Wettbewerb leider nicht mit dem Gütesiegel ausgezeichnet wird.
Landrat Klaus Löffler gratuliert Tettau zum Erreichen der finalen Auswahl des Wettbewerbs „Gütesiegel Heimatdorf 2025“. „Alleine die großartige Bewerbung und die Teilnahme als Finalist sind ein großer Gewinn und eine wertvolle Gelegenheit, Positives mitzunehmen für die Zukunft. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg und spannende Herausforderungen auf diesem Weg“, betont der Landrat.
Dem schließt sich der Saalfeld-Rudolstädter Landrat Marko Wolfram an. „Natürlich ist es schade, dass es Tettau nicht auf das Siegerpodest geschafft hat“, so Wolfram nach der Entscheidung des Ministeriums, der mit den Tettauern mitgefiebert hatte. „Aber auch die Finalteilnahme und der knappe Platz hinter dem Sieger ist doch ein Grund zur Freude - und ein Ansporn für unsere fränkischen Freunde beim nächsten Mal.“
Tettaus Bürgermeister Peter Ebertsch hatte sich für den Jury-Rundgang im Mai Unterstützung von gleich zwei Landräten geholt: Neben dem Kronacher Landrat Klaus Löffler, der die Teilnahme der Gemeinde Tettau am diesjährigen Wettbewerb angeregt hatte, war auch Marko Wolfram, der Landrat aus dem benachbarten Saalfeld-Rudolstadt zur freundschaftlichen Unterstützung gekommen.
„Ich bin heute gerne gekommen, um unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Freundschaft zu dokumentieren“, so Wolfram. „Das Thema Heimat ist auch in unserem Thüringischen Landkreis von enormer Bedeutung. Wir wollen Lust auf Zukunft in der Heimat machen - und unsere gemeinsame Heimat finden wir diesseits und jenseits des Rennsteigs und des Grünen Bandes. Unsere beiden Nachbarlandkreise sind Partnerlandkreise und die Menschen verbindet viel miteinander.“
Zum Auftakt des Rundgangs betonten die Vertreterinnen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat ausdrücklich „Gratulation an die Gemeinde Tettau. Unabhängig vom weiteren Ausgang des Verfahrens - Sie haben schon gewonnen, denn Sie haben es in die Endauswahl geschafft.“ Bei dem gemeinsamen Rundgang und der Rundfahrt durch die Ortsteile konnte Tettau die Besonderheiten der Marktgemeindepräsentieren - wie das Gemeindeentwicklungskonzept oder die interkommunale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit und wie die mögliche Prämie verwendet werden sollte.
Zu den anwesenden Mitgliedern der Fachjurygehörten neben den Vertreterinnen des Ministeriums Bezirksheimatpfleger Prof. Günter Dippold und Christiane Odewald von der Regierung von Oberfranken. Als weitere Gäste begleiteten Dietrich Förster von der Ökologische Bildungsstätte Oberfranken und Markus Franz vom Frankenwald Tourismus Service Center Kronach sowie die Tettauer Geschäftsleiterin Katharina Morgenthum die Ortsbesichtigung.
Bürgermeister Ebertsch hatte das Ziel, ein schlüssiges Gesamtbild der Gemeinde zu vermitteln, in der „jeder Ortsteil einen Mosaikstein bildet“, in dem das Miteinander der Menschen und ein starkes Ehrenamt zählt. Dazu gehören Projekte wie der Windpark in Tettau, bei dem die Menschen im Ort eingebunden wurden und der in den kommenden zwei Jahren errichtet werden soll. „Das wird ein Segen für viele Jahre sein“, bei dem auch die Nachbarschaft bis hin nach Gräfenthal im benachbarten Thüringen profitieren wird.
Der Kronacher Landrat Klaus Löffler griff das Thema des Wettbewerbs auf. „Heimat ist für uns etwas Besonders. Heimat ist mehr als ein Gefühl, es ist der Ort, an dem das Wir Bedeutung bekommt.“ Die Transformation etwa in der Glasindustrie und die Nachhaltigkeit kommen hier zusammen.
Die Ortstour führte zunächst in Kleintettau zum Denkmal an der innerdeutschen Grenze und zum Tropenhaus. Das Grenzdenkmal „Kleintettauer Zipfel“ erinnert an die einmalige Situation im Ort. Dort ragte eine Zone wie ein Finger in die Bundesrepublik hinein, 500 Meter lang und 150 Meter breit. Am äußersten Ende dieses Zipfels lagen die drei Häuser, die verwaltungsmäßig zu „Klein Lichtenhain“ in der Zone gehören. Die Häuser wurden bei der Grenzziehung im März 1962 vergessen, so dass sich eine einmalige Situation ergab: Bürger, die zur damaligen Zeit im Ostgebiet wohnten, beantragten ihre Personalausweise im Westen und hatten hier das Wahlrecht. Man nannte dies auch das Wunder von Kleintettau. Erst am 1. März 1976 wurde Klein Lichtenhain von der innerdeutschen Arbeitsgemeinschaft Grenzmarkierung vom ehemaligen Gemeindegebiet Lichtenhain in der DDR dem Gemeindegebiet von Kleintettau zugeschlagen.
Am Grenzdenkmal sind bereits authentische Gegenstände aufgestellt - wie ein Stück Originalstreckmetallzaun und ein Grenzpfosten der DDR. „Wenn wir weitere Originale bekommen, werden wir das Denkmal erweitern“, so Bürgermeister Ebertsch gegenüber dem Fachgremium.
Bei der anschließenden kurzen Besichtigung des Tropenhauses „Klein Eden“ erläuterte der Bürgermeister die Herausforderungen seit der Corona-Pandemie. Seitdem ist der Bus-Tourismus zum Tropenhaus eingebrochen und man sucht neue Ideen zur Steigerung der Attraktivität.
Zentral im Tettauer Wettbewerbsbeitrag für den „Wettbewerb Gütesiegel Heimatdorf“ ist der Wildberg, Tettaus ältester Ortsteil, wo das jahrhundertealte Gehöft 2020 einem Brand zum Opfer fiel. Das dort 2011 von Steffi Traut eingerichtete Cafe konnte dennoch weitergeführt werden: Ein alter Bauwagen wurde mit Hilfe vieler Unterstützer zum kleinen Cafe umfunktioniert - und hat den Wildberg als beliebten Treffpunkt für Jung und Alt und aus Nah und Fern erhalten. Die Betreiberin des Cafes arbeitet seitdem mit viel Herzblut an der Revitalisierung des Wildbergs und in enger Kooperation mit der Gemeinde. Der Markt Tettau strebt nun an, die Wildberghütte aus den Prämienmitteln des Heimatdorf-Wettbewerbs zum Touristischen Infozentrum auszubauen.
Das Konzept erläuterten Steffi Traut und Steffen Klinge als Planer der Fachjury zum Beginn der Zusammenkunft anhand von Konstruktionsplänen - und sie begrüßten die Gäste zum Abschluss der Befahrung im Cafe und am authentischen Ort.
Besichtigt wurden dabei die spannenden Kellergewölbe des abgebrannten Hauses, in dem sich noch heute eine hochwertige Wasserquelle befindet. Das ist „ein Keller, der schon drei Brände überstanden hat“, so Steffi Traut. Angedacht ist mit dem Revitalisierungskonzept die Sicherung des historischen Kellergewölbes aus dem 16. Jahrhundert und die Neuerrichtung eines Touristischen Infozentrums Wildberghütte mit einer Außenterrasse, um den ehemaligen Hof-Charakter wiederherzustellen. Das Wildbergcafe belebt schon heute diesen geschichtsträchtigen Ort an der ehemaligen Heer- und Handelsstraße zwischen Nürnberg und Leipzig, den Martin Luther sogar dreimal passiert hat. Die Gäste aus München und Bayreuth lernten den Wildberg dank der Bewirtung im Bauwagencafe gleich als einen Ort kennen, an dem man die Seele baumeln lassen kann.
„Wir würden uns natürlich über die Prämie sehr freuen“, so Bürgermeister Ebertsch zum Abschluss. „Viel wichtiger ist aber noch die Anerkennung im Wettbewerb für Tettau als einen besonderen Ort.“
Martin Modes
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Fotos von der Besichtigungstour am 26. Mai:
Martin Modes
Am Grenzdenkmal für den Kleintettauer Zipfel
Am Tropenhaus
Im Tropenhaus
Steffi Traut mit ihrem Wildkräutergarten am Wildberg
Caferunde in Steffi Trauts Wildbergcafe