Bürgermeister Peter Ebertsch fordert ein Gaskraftwerk als Grundlast für eine sichere Energieversorgung Ludwigsstadt. Dass die Realisierung der Energiewende und ein Wind- und Wasserstoffpark am Rennsteig gar nicht so einfach ist, wurde am Anfang August beim Besuch des Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Carsten Träger und MdB Jörg Nürnberger, der die Wahlkreise Hof und Wunsiedel vertritt, deutlich. Läuft nun alles nach Plan, sollen im zweiten Quartal des Jahres 2027 auf einer Fläche von 933 Hektar die 15 Windräder am Rennsteig in Betrieb gehen. Diese erzeugen dann pro Windkraftanlage und Jahr 20 Millionen Kilowattstunden Strom. Auch soll eine kommunale Projektgesellschaft Anfang des Jahres 2024 gegründet werden.
Zwar wurde mit einer Befragung in den drei Rennsteig-Gemeinden Ludwigsstadt, Tettau und Steinbach am Wald mit 85 Prozent bei einer über 50-prozentigen Beteiligung der Stimmberechtigten über 16 Jahre eine überwiegende Akzeptanz in der Bevölkerung ermittelt und mit der Entscheidung des Regionalen Planungsverbandes Oberfranken-West für eine Teilfortschreibung ein Zeitvorsprung von rund 18 Monaten gewonnen, dennoch gibt es einige Wünsche, die nun an die große Politik gerichtet wurden. Zusammengefasst sind diese mehr Tempo, weniger Bürokratie, mehr staatliche Unterstützung, wenn es beispielsweise um Ausfallbürgschaften geht. Im Folgenden ein paar Details.
Der Tettauer Bürgermeister Peter Ebertsch befürchtet wegen der hohen Energiepreise eine Deindustrialisierung der heimischen Industrie und ist überzeugt, dass es mit einem Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen allein nicht getan ist. Er fordert ein Gaskraftwerk, um die Grundlast in der Energieversorgung sicherzustellen.
Sein Ludwigsstädter Kollege, Timo Ehrhardt, erzählte von vielen und teilweise kontrovers geführten Gesprächen zwischen den drei Bürgermeistern der beteiligten Kommunen und dem Projektierer, der Firma CPC Germania. Letztendlich kamen guten Ergebnisse zustande. Die Kommunen werden unter anderem eine Gemeinwohlabgabe in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunden erzeugten Strom erhalten, die Grundstücksbesitzer erhalten eine attraktive Pacht. Weiterhin können sich Bürger und Unternehmen am Windpark beteiligen und zudem wird ein Bürgerstrom, erzeugt durch Windkraft und Photovoltaik, zwischen 23 und 26 Cent in Aussicht gestellt. Ebertsch ergänzte: „Es ging darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen!“
Wie bereists berichtet, werden die drei Gemeinden von den 15 Windrädern vier in Eigenregie betreiben. Das bedeutet, dass bei einem Preis von etwa zehn Millionen Euro pro Windrad die Kommunen 40 Millionen Euro finanzieren müssen, davon benötigen sie zehn Prozent an Eigenkapital. Für jede einzelne Kommune bedeutet dies ein Betrag von etwa 1,33 Millionen Euro. Timo Ehrhardt sprach von „Eckpunkten“, die derzeit besprochen werden. Unter anderem gehe es darum, ob Windkraft- und Photovoltaik als Daseinsvorsorge oder als freiwillige Leistungen anerkannt werden. Derzeit werde dies durch die Kommunalaufsicht geprüft. Der Hintergrund ist, dass Ludwigsstadt, anders als Tettau und Steinbach, eine Konsolidierungsgemeinde ist und eine Finanzierung durch Kreditanstalten deshalb schwerer ist. Eine Anerkennung von Windkraft als Daseinsvorsorge würde die Finanzierung erleichtern. Wenn dies nicht passiert, so Ehrhardt, werde das notwendige Eigenkapital durch „Dritte“ beschafft.
Weiterhin regte er Ausfallbürgschaften durch den Staat an, um das ganze Projekt beschleunigen zu können. Derzeit, so der Bürgermeister, könne die Firma CPC erst dann die Teile für den Windpark bestellen kann, wenn das Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist. Es sollte geprüft werden, ob man nicht parallel agieren können und im Falle eines Scheiterns, was sehr unwahrscheinlich ist, der Staat die entstandenen Verbindlichkeiten übernimmt.
Einig sei man sich, so Ehrhardt, dass man mögliche Klagen zuvorkommen will. Deshalb nehme CPC auch viel Geld in die Hand für Untersuchungen in Arten- und Naturschutz. Und er brachte es auf den Punkt: „Wer denkt, dass man einfach ein Windrad baut, dem wünsche ich viel Spaß!“
„Die Möglichkeiten mit Windkraft und Photovoltaik sind gigantisch!“, so Carsten Träger. Und: „Wir wissen, dass wir zu langsam sind, wir versuchen Rahmenbedingungen zu ändern!“ Er sprach von der Hausforderung, die erneuerbaren Energien, den Natur- und Artenschutz unter einem Hut zu bringen. Dafür seien flexiblere Verfahren notwendig. Auch müsse man in Speicherkapazitäten und Netzausbau investieren. Bei Letztgenannten sollten bis 2030 vorhandene Lücken geschlossen sein. Weiterhin müsse der Bund beziehungsweise die Länder dafür sorgen, dass auch weiterhin den Kommunen ein externer Windkümmerer zur Verfügung gestellt wird.
Träger hielt zudem, wie zumindest einige der anwesenden SPD-Bürgermeister die praktizierte Klimapolitik der Bundesregierung für richtig. „Wer, wenn wir es nicht tun!“. Zwar sei es Fakt, dass Deutschland nur einen Anteil von zwei Prozent an der insgesamten Weltverschmutzung habe, aber Deutschland stelle auch nur ein Prozent der Weltbevölkerung. Außerdem: „Es kommt auf die Vorbildfunktion an!“. Wenn es Deutschland schafft, werden es andere Länder nachmachen, ist Träger überzeugt. Und: „Die Rennsteig-Region hat sich für die richtige Richtung entschieden!“. Und die SPD-Landtagskandidatin, Sabine Gross, sprach von einem „Leuchtturmprojekt!“
Bericht: Veronika Schadeck