Ein „Grenzland- Stammtisch“ im Gasthaus Steiner in Schauberg weckt viele Erinnerungen an Ereignisse des geteilten Deutschlands. Nach einer Idee von Hubert Steiner, dem solche Stammtische aus dem Raum Bad Steben bekannt waren, hatte er anlässlich 35 Jahre Wiedervereinigung die Initiative mit Unterstützung von Otto Oeder aus Naila, ergriffen und zum Grenzland- Stammtisch nach Schauberg eingeladen.
Die Beteiligung war einfach großartig und die Vorträge und Erzählungen waren hochinteressant, wurden sie doch von Zeitzeugen geschildert. Das lag auch mit an einem besonderen Stammtischgast. Die Schauberger Gastgeber mit Initiator und Einlader Hubert Steiner, Jürgen Brandt vom Heimatverein Sattelgrund und Bürgermeister Peter Ebertsch waren überrascht und freuten sich riesig über das persönliche Erscheinen und die Erzählungen von Ehrengast Günter Wetzel. Er wurde bekannt durch seine spektakuläre und riskante Flucht mit einem Heißluftballon im Jahr 1979 (September) aus der damaligen DDR.
Der Grenzland - Stammtisch „Gegen das Vergessen“ mit regen Diskussionen und auch einem Vortrag von Hubert Steiner über die damalige Evakuierung von Rottenbach eines damaligen Nachbarortes von Schauberg. Ein Ort in der damaligen DDR, der nur vom Bachverlauf des Tettaubaches von Bayern getrennt war. Aus jenem Ort flüchteten1952 noch mehrere Bewohner nach Schauberg und 1961 wurde der Ort durch DDR- Pioniere dem Erdboden gleichgemacht.
Steiner erinnerte, dass man in Schauberg gerade Kerwa feierte und dem radikalen Vorgehen in Ohnmacht zusehen musste. Steiner rief auch einen schweren Unfall am 24. August 1962 in Erinnerung. Bei Arbeiten an Grenzanlagen stürzte ein mit DDR- Pionieren vollbesetzter LKW an einen Steilhang bei Sattelgrund ab, es gab fünf Tote und 20 Schwerverletzte. An der Absturzstelle wurde eine Gedenkstätte gegen alle Opfer der Gewalt errichtet.
Jürgen Brandt ließ die Gedanken zurück schweifen auf die Situation am Sattelpass. Emotional schildert er die Freude in den Augen der Nachbarn in Thüringen über den Grenzanlagen bei der Grenzöffnung im November 1989. Diesen Moment der Geschichte wird man ewig in Erinnerung halten, sagte er und fügte mit schluchzender Stimme hinzu er bleibt unvergesslich! Dabei zeigte er entsprechende Fotos, die bei allen Anwesenden Gänsehautgefühl hervorriefen. Der ehemalige Geschäftsführer Jürgen Brandt, der Firma Gebrüder Rebhan, Holzwarenfabrik in Sattelgrund hat die Grenzentwicklung am Sattelpass seit 1968 miterlebt.
Die Firma war nur einen Steinwurf von der DDR- Grenze und wenig weiter von dem geschichtsträchtigen Sattelpass entfernt. Dieser neuralgische Punkt an war über Jahrhunderte hinweg eine Grenzstation. Und zwar an der Handelsstraße Regensburg- Nürnberg-Erfurt- Leipzig. Die Straße wurde schon imJahr1071 erstmals erwähnt, ab 1650 wurde sie Heeres- und Handelsstraße genannt. Über 200 Jahre gab es hier auch ein Wirtshaus mit Namen Schwedenschanze. Die Fuhrstraße ist heute noch gut erkennbar durch viele Hohlwege, Fahrspuren und Fahrrinnen. Entlang der Hauptstraße gibt es noch viele Grenzsteine zum Wildberg hin.
1952 wurde diese Sattelpassstraße im Zuge der DDR- Grenzanlagen gesperrt. Jürgen Brandt untermalte seine Aussagen mit beeindruckenden Fotos, von Sattelgrund aus konnten alle Grenzbewegungen und der Grenzaufbau gut beobachtet werden. Die Grenzanlagen am Sattelpass waren auch die Nacht hindurch hell beleuchtet.
Am Freitag, 1. Dezember 1989 um 14.47 Uhr wurden die Grenzanlagen durch mutige Neuenbauer Bürger gestürmt. Die Menschen hatten keine Angst mehr. Samstag und Sonntag gab es freudiges Wiedersehen und Brandt hat sich einen Satz des damaligen Bürgermeisters von Tettau, Alfred Schaden bis heute gemerkt „Wir sollten alle das Negative der letzten 40 Jahre vergessen!“ Jürgen Brandt sagt dagegen am Grenz- Stammtisch, „wir haben die Pflicht diese Ereignisse und Erlebnisse für unsere Kinder und Enkel niederzuschreiben und weiterzugeben“.
Er jedenfalls könne den Grenzzaun am Sattelpass nicht vergessen. Bürgermeister Peter Ebertsch aus Tettau ließ es sich nicht nehmen den Gast Günter Wetzel persönlich zu begrüßen. Er ist ein außergewöhnlicher Mensch. Er hat sein Leben und das von anderen Menschen riskiert, um aus der DDR in die Freiheit zu gelangen. Dies war nur unter äußerster Lebensgefahr möglich. Ebertsch machte seinen Bedenken und Gedanken über die Gefährdung der Demokratie mit kritischen Worten Luft. „Heute wird der Unrechtsstaat DDR glorifiziert und durch politische und populistische Strömungen wird die Demokratie hochgradigst gefährdet“, sagt er voller Emotionen. Zusätzlich tragen die sozialen Medien mit Des- und Falschinformationen, hauptsächlich von Russland gesteuert, dazu bei, die Demokratie zu destabilisieren. Wir alle müssen die Demokratie verteidigen, deshalb ist es wichtig, immer wieder an die Vergangenheit zu erinnern und an Menschen wie Günter Wetzel, die Leib und Leben riskierten, um in einen demokratischen Staat zu gelangen. So etwas wie damals darf es nie wieder geben, dass Menschen ums Leben kamen, nur um von Deutschland nach Deutschland zu kommen!“ So Tettaus Bürgermeister Ebertsch an einer Stelle wie in Schauberg, das unmittelbar auf bayerischer Seite an die DDR grenzte und wo die Bevölkerung die Schieß- und Sperranlagen täglich vor Augen hatte.
An dem Stammtischgesprächen nahmen kompetente Leute in verschiedenen Positionen aus der damaligen Zeit teil. Unter anderem Otto Oeder aus Naila und Günther Heinze von der Kompanie Schlegel/Blankenstein. Beide waren zu einem Vorbesuch vor sechs Wochen schon mal in Schauberg und gehören zu dem Stammtisch aus Ost und West Bad Steben/Lobenstein der in Bad Steben „Gegen das Vergessen“ tagt. Es war der Dienstbereich der damaligen bayerischen Grenzpolizei Bad Steben. Weitere interessante Beiträge gab es von Peter Diezel von der Polizeistation Bad Steben der mit Otto Oeder bei der Aufnahme des Heißluftballons von Günter Wetzel tätig war.
Wolfgang Soldan von der ehemaligen Dienststelle Neuenbau kannte das Gasthaus Steiner von seinen Beobachtungen von der DDR-Grenze aus. Wallführer Benkner von der Bundeswehr im Beriech Schauberg- Tettau- Kleintettau bis Ludwigsstadt eingesetzt, berichtete von dem spannenden Fund einer Mine entlang der Bahntrecke nach Ludwigsstadt. Klaus Grebner ehemaliger Grenzpolizist aus Langenau konnte viele Begebenheiten aus seinen Erlebnissen ergänzen.
Bürgermeister Ebertsch dankte abschließend Hubert Steiner für die gute Vorbereitung, Organisation und Durchführung dieses Grenzland-Stammtisches, den man auch in Schauberg weiterführen sollte.