Staatliche Gemeinschaftsschule Tanna

Letzten Endes siegten die Geister

Mit Hochspannung und einer dazugehörigen Portion Nervosität wetteiferten Ende Dezember, in weihnachtlich urigem Ambiente, natürlich bei Gebäck und Kerzenschein, die sechs bis dahin erfolgreichsten Leser der 6. Klassen um den Titel „Sieger im Vorlesewettbewerb 2024“. Die Teilnahme stellt eine schulinterne Ehre dar, denn nur, wer sich in den Vorentscheiden aus der Masse abhebt und von den Deutschlehrern und eigenen Klassengremien als würdig befunden wird, sichert sich einen der begehrten Plätze für den Ausscheid, der sich aus zwei Teilen zusammensetzt. Zunächst wird ein literarisches Werk der eigenen Wahl in möglichst fesselnder Form präsentiert, selbstverständlich gekoppelt mit ausgezeichneten Lesefertigkeiten. Daran schließt sich ein unbekannter Text an, in der Regel ein Buch, welches keines der Kinder zuvor in den Händen hielt, in dem Falle „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, von Judith Kerr. Diese zusätzliche Herausforderung birgt ein durchaus mulmiges Gefühl in sich, da hierauf keinerlei Vorbereitung möglich ist. Mit bereits fachkundiger Erfahrung wurde die Jury durch den Vorjahresgewinner, Louis Thrum, unterstützt, dessen kritischen Augen und Ohren nichts entging. Kurzum: Es gestaltete sich ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem ein Erst- und fünf Zweitplatzierte ihre berechtigte Prämierung erfuhren.

Für die Klasse 6a traten Thea Zörkler, Matteo Seidel und Cara Seypt und für die Klasse 6b Hannah Zynda, Roman Hofman und Willy Zelsmann an. Die Auswahl der Bücher bescherte den Anwesenden eine bunte Mixtour aus verschiedenen Genres und ließ keinen Raum für etwaige Langeweile. Thea tauchte mit ihren Zuhörern und ihrem Buch „Wie fängt man eine Hexe?“, geschrieben von Abie Longstaff, in die Welt von Charlie Broom ein, die mit einer gehörigen Portion Magie ihre Alltagssorgen umzaubert. Matteo verfrachtete die Hörerschar mit „Allein in der Wildnis“, von Gary Paulsen, ins tiefste Minnesota, zu einem in etwa gleichaltrigen Jungen, der auf dem Weg zu seinem Vater mit dem Flugzeug abstürzt, überlebt, und robinsongleich den Weg zurück in die Zivilisation meistert. Ganz andere Sorgen, nach einem Sturz vom Pferd, Selbstzweifeln, Eifersucht und aufkeimender Liebe bewältigt eine junge Reiterin in „Elena - Ihr größter Sieg“, von Nele Neuhaus, dem gewählten Werk von Pferdefreundin Cara. Mit dem Kinderbuchklassiker „Die kleine Hexe“ von Ottfried Preußler, bereits seit 1957 auf dem Markt, stellte sich Hannah der lesetechnischen Herausforderung. Der allseits bekannte Rabe Abraxas steht der immerhin schon 127 Jahre alten, etwas zu klein geratenen Hexe mit abenteuerlicher Treue zur Seite. Ramon faszinierte die Runde mit einem Kinderoman von Klaas Kern und dessen fiktiven Abenteurer Paluten, samt seiner defekten Klonmaschine, die nur durch ein seltenes Metall vom gefährlichsten Berg Freedoms, dem Mount Schmeverest, wieder in Gang gesetzt werden kann. Willy zog alle Register eines zukünftigen Siegers: Der zum Buch gehörende, sprechende Totenschädel, stammend aus dem düsteren Moor, funkelte neben ihm mit gespenstischen Augen in die Runde. Willy senkte seinen Blick, verharrte in Schweigen. Die Spannung knisterte förmlich. Gepaart mit dem Zauber seiner leicht rauen und mysteriös, unheimlich verstellten Stimme entführte Willy sein Publikum ins tiefste Schottland, die Heimat des 12-jährigen Johnny Sinclair, der von sich behauptet: “Ich kann sie sehen! Wirklich sehen! Geister, Dämonen, Gespenster. Sie lauern in dunklen Nischen und Ecken, treiben ihr Unwesen…, überall.“ Johnny weiß ganz genau, was er einmal werden möchte: Geisterjäger! Wie es sich für einen waschechten Schotten gehört, lebt er in einem uralten Castle und darin spukt es derart, dass sich dem Zuhörer die Nackenhaare sträuben. Die Autorin, Sabine Städing, wäre von der Präsentation ihres Werkes durch den Schüler vor Begeisterung verzückt gewesen.

Nach der urkundengekrönten Siegerehrung erfreute noch ein Buch nach eigener Wahl das Herz der jungen Tannaer Lesefreunde.

Herzlichen Glückwunsch, Willy! Du vertrittst die Staatliche Gemeinschaftsschule Tanna in der nächst höheren Runde beim Saale-Orla-Kreisauscheid, ein Grund, mächtig stolz zu sein!

Steffi Steinert