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Mitteilungsblatt Gemeinde Wallerfangen
Ausgabe 16/2025
Mitteilungen der Verwaltung
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Historische Seite

Odyssee der Gebeine - die Entdeckung auf dem Friedhof

Eine der schillerndsten Gestalten aus der Geschichte Wallerfangens ist zweifellos Charles-Nicolas Peaucellier. Der Ingenieur und Erfinder wurde 1832 in Saarlouis geboren. Als Arztsohn wuchs er dort und in Wallerfangen auf. Nach einem langen und bewegten Leben starb der als Genie geltende französische Militär 1919 in Reims. Sein Leichnam erfuhr eine beispiellose Friedhofsodyssee. Diese führte zunächst im Sterbejahr nach Paris, auf den Friedhof Père Lachaise. Einige Monate später, immer noch im Sterbejahr, bettete man ihn nach Dillingen, und dann, im Jahr 1929, nach Wallerfangen um. Hier fand Peaucellier in der Gruft seiner Familie (Bild) die letzte Ruhestätte. Mit dem General und Wissenschaftler gerät ein polyglotter und fast vergessener Mann in unser Blickfeld. Er war Mitglied des französischen Generalstabs und erfuhr 1873 auf der Weltausstellung in Wien größtmögliche Ehre. Das von ihm erfundene Kurbelgetriebe wurde dort vorgestellt; es trägt seinen Namen und dient heute noch in der lehrenden Wissenschaft als frühes mechanisches Anschauungsobjekt.

Unser Blick richtet sich auf den Friedhof von Dillingen. Dort war Peaucellier an der Seite seiner ersten Frau Marie-Hélène, geb. Defrance, mit den größtmöglichen staatlichen Ehren 1919 beigesetzt worden. Weil man in den 1960er Jahren erhebliche Zweifel an der Umbettung von Peaucellier und seiner Frau 1929 nach Wallerfangen hatte, nahmen sich gleich drei Honoratioren dieser Sache an. Es ermittelten Dr. Alois Lehnert aus Dillingen, Jean Cazal, Direktor der Faiencerie von Sarreguemines, und Konsul Henry Villeroy de Galhau von Schloss Villeroy in Wallerfangen. Hintergrund war, dass die Grabplatten des Generals und seiner Frau noch immer in der Defrance-Gruft angebracht und Geburts- und Sterbedaten in Wallerfangen fehlerhaft waren. Die „Ermittler“ versuchten, mit einer spektakulären Aktion der Sache auf den Grund zu gehen, und die trug sich dann allen Ernstes wie folgt zu:

Man wandte sich an die Direktion der Dillinger Hütte, die die Defrance-Gruft immer noch betreute, und bat den Generaldirektor, die Gruft öffnen zu lassen. Dieser ließ die Sachlage eingehend prüfen, klärte wichtige Rechtsfragen und vergaß auch die Erfordernisse der Etikette nicht. Und endlich war es soweit. Am 28.1.1966 wurde in einem feierlichen Akt, vor den Augen aller, die es sehen wollten, die Gruft geöffnet. Der Direktor Comte de Bonneville stieg mit dem Chronisten Dr. Alois Lehnert in die Gruft, nachdem die Bauabteilung der Dillinger Hütte die Steinplatten in der Gruftkapelle abgedeckt hatte. Auf der linken Seite der Gruft machte man die ehemaligen Liegeplätze der fehlenden Särge ausfindig. Dann fanden die Lebenden in der Kammer der Toten nur noch den Griff eines Sarges; dieser Griff war offensichtlich abgebrochen, als der Sarg 1929 aus der Gruft herausgezogen wurde. Nach dieser Aktion war die Welt der drei „Forscher“ und ihrer Anhänger wieder ein bisschen mehr in Ordnung.

Text und Bild: Rainer Darimont, Tel: 62843

Verein für Heimatforschung Wallerfangen