Titel Logo
Mitteilungsblatt Gemeinde Wallerfangen
Ausgabe 46/2025
Mitteilungen der Verwaltung
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Versuch einer humanitären Bestandsaufnahme zum Volkstrauertag

In vielen Dörfern und Städten des Ostens gehörte zu den ersten Maßnahmen nach der Wende, die Gefallendenkmäler für die Toten des Zweiten Weltkrieges, die geschleift worden waren, wiederherzustellen. Dieser an und für sich harmlose Vorgang steht in seltsamer Spannung zu einem anderen, gegenläufigen, der im Westen der Republik seit den neunziger Jahren zu beobachten war. Hier wuchs die Zahl der Initiativen, die die Ehrenmäler von öffentlichen Plätzen verbannt sehen wollten, und die Zahl der Verantwortlichen, die die Restaurierung von Gedenktafeln verhinderten. Besonders deprimierend wirkte aber die Menge der gezielten Zerstörungsakte an Denkmälern, das Beschmieren und Demolieren von allem, was irgendwie an die militärischen Traditionen der Hinterbliebenen Deutschlands erinnerte.

Die Öffentlichkeit hatte damals darauf mit einem Achselzucken oder demonstrativem Desinteresse reagiert. Für die aufgeklärten Eliten war das kein Thema; zum Konsens gehörte, dass man damit nicht behelligt werden mochte. Wenn überhaupt eine Stellungnahme folgte, zeugte sie von Unkenntnis oder pauschaler Verdammung, zumindest der "verbrecherischen" Wehrmacht. Dabei wurden die sanftmütigen, die guten, und die vom Regime getretenen deutschen Soldaten vom Nazikrieg ebenso verschlungen wie Mitläufer, Verblendete und die abartige Verbrecherbande in Hitlers Soldateska. Kein Wehrpflichtiger konnte sich diesem Wahnsinn entziehen. Es sei denn, er setzte sein Leben aufs Spiel oder zerstörte das gesellschaftliche Ansehen seiner Angehörigen.

Öffentliche Trauerbekenntnisse waren und sind fast nur vom Verband deutscher Kriegsgräberfürsorge, von den Kirchenkanzeln zu Allerheiligen, von örtlichen DRK/Feuerwehr-Verbänden und ähnlichen Organisationen zu hören. Hier und meist am Volkstrauertag findet ein einebnendes Gedenken im Verhältnis zu dem der anderen Opfer, die das Naziregime gefordert hat, statt. Die Erinnerung an die Gefallenen wird so immer weiter aus dem öffentlichen Raum ins Private verbannt. Als einzige, die ihnen tatsächlich ein ehrendes Gedächtnis bewahrten, blieben lange die trauernden Angehörigen übrig. Bei vielen war die Trauer über den Verlust noch nach Jahrzehnten vorhanden und die Entschlossenheit, das Andenken der Toten zu verteidigen. Dies konnte man bis zum Millennium den Anzeigen in den großen Tageszeitungen Deutschlands entnehmen, mit denen an die Gefallenen erinnert wurde. Was immer sich diejenigen damals erhofften, die diese Anzeigen aufgaben, man konnte sich der emotionalen Wirkung kaum entziehen. An diesen und vielen anderen Einzelschicksalen wurde auch etwas deutlich, das über das Individuum hinausreicht: die Macht des Verhängnisses und die Pflicht, der sich keiner verweigern konnte.

Selbst im Zusammenhang mit den wieder zahlreich stattfindenden öffentlichen Ritualen am Volkstrauertag spielt das menschliche Schicksal der gefallenen deutschen Soldaten nur eine kleine Rolle. Bestenfalls erscheinen sie als ohnmächtiges Instrument eines kriminellen Regimes, dem sich kaum einer wirkungsvoll widersetzen konnte. Die Katastrophe der Nazibarbarei wurde für mehr als 3 Millionen Wehrmachtssoldaten zum Verhängnis. Von einem Gedächtnis oder ihrer Ehre – die gefallenen Kriegsverbrecher ausgenommen - ist heute unter keinen Umständen die Rede. Wir haben uns damit sehr weit von den Auffassungen der Menschen in der Vergangenheit entfernt, die den Ereignissen ungleich näher waren und deshalb zu gerechteren Urteilen neigten. Das gilt besonders für die Haltung derjenigen, die im Zweiten Weltkrieg auf der Seite unserer Gegner standen. Von dem französischen General Charles de Gaulle stammt der Satz: „Die Seelengröße eines Volkes erkennt man daran, wie es nach einem verlorenen Krieg seine gefallenen und besiegten Soldaten behandelt.“ Text: Rainer Darimont, Tel: 62843, Foto: Gemeinfrei Wikipedia

Verein für Heimatforschung Wallerfangen e. V.