Warten auf den Arzt und warten beim Arzt

In der öffentlichen Diskussion hört man sehr häufig Beschwerden über die Wartezeiten beim Arzt und insbesondere über die Wartezeiten auf einen Facharzttermin.

In diesem Zusammenhang ist die Versichertenbefragung 2019 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sehr interessant und aufschlussreich.

Laut dieser Befragung mussten 45 Prozent der Versicherten, die einen Arzt aufsuchten, nicht auf einen Termin warten, 15 Prozent bekamen innerhalb 3 Tagen einen Termin, 38 Prozent mussten sich

Mehr als 3 Wochen mussten sich 15 Prozent der gesetzlich Versicherten gedulden, bei den Privatpatienten waren es 12 Prozent, also kaum weniger.

Der Anteil der Privatpatienten, die sofort einen Termin erhalten, sinkt unterdessen. In diesem Jahr waren es 30 Prozent, 2008 erhielten 39 Prozent der Privatversicherten direkt einen Termin.

61 Prozent der Patienten waren mit der Zeitspanne zwischen Terminvereinbarung und Termin „vollkommen“ oder „sehr“ zufrieden!

Wann ist ein Termin dringlich?

65 Prozent der Arztbesucher stuften den Anlass ihres Praxisbesuchs als „dringlich“ oder „sehr dringlich“ ein – unabhängig davon, aus welchem Grund er erfolgte. Auch Anlässe wie Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen wurden von 36 Prozent der Befragten als eilig oder sehr eilig eingestuft.

Wie ist der Unterschied zwischen Hausarzt- und Facharztterminen?

37 Prozent der Patienten erhalten beim Hausarzt einen Termin ohne Wartezeit, bei Fachärzten sind es lediglich 16 Prozent. Bei Fachärzten gaben 30 Prozent der Befragten eine Wartezeit von mehr als 3 Wochen an; bei Hausärzten waren es nur 4 Prozent.

Ein großes Problem: nicht eingehaltene Termine

15 Prozent der gut 21.000 Termine, die die Terminservicestelle der KV Nordrhein 2018 vermittelt hatte, wurden nicht wahrgenommen; ähnliche Angaben gibt es aus anderen Regionen.

In der Versichertenbefragung sagte jeder Fünfte, er habe jüngst einen Termin kurzfristig abgesagt.

Eine Auswertung des Rheumazentrums Schleswig-Holstein Mitte ergab für die eigene Einrichtung eine Quote von 28 Prozent nicht wahrgenommener Termine.

Wenn diese Quote geringer wäre, stünden auf jeden Fall mehr Termine für die Patienten zur Verfügung.

Wie sieht es mit der Wartezeit in den Praxen aus?

Laut der zitierten Patientenbefragung hatten 9 Prozent der Patienten keine Wartezeit in der Praxis, 33 Prozent kamen innerhalb von 15 Minuten an die Reihe, bei 29 Prozent dauerte es weniger als eine halbe Stunde, bis sie an der Reihe waren. Mehr als 30 Minuten Wartezeit hatten 27 Prozent der Patienten.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

In Deutschland müssen nur 3 Prozent der Befragten zwei Monate oder länger auf einen Facharzttermin warten. In den Niederlanden sind es 7 Prozent, in der Schweiz 9 Prozent. AM höchsten ist der Anteil in Norwegen mit 28 Prozent!

Fazit:

Wir haben in vielen Regionen einen Ärztemangel, sodass dadurch weniger Arzttermine zur Verfügung stehen.

Ein weiteres Problem ist, dass Patienten mit ihrer Versichertenkarte quasi uneingeschränkt Ärzte aufsuchen können. Dadurch missbraucht ein wenn auch kleiner Teil der Versicherten das System und reduziert die Zahl verfügbarer Arzttermine.

Ohne eine durchgreifende Reform unseres Gesundheitssystems wird sich die Situation für die Patienten sicherlich berreits in naher Zukunft verschlechtern!

Dr. Jutta Dick