Die vorgenannte Straße war eine der bedeutendsten, jedoch fast vergessenen Fernhandelsstraßen in Mitteleuropa. Seit dem frühen Mittelalter bis ins 18. Jh. verlief sie von der Lombardei über den St. Gotthard nach Basel. Ab Straßburg wich ihr Weg nach den Niederlanden von der geraden Rheintalstrecke ab. Deswegen wurde sie „krumme Meil“ oder Flandernstraße genannt. Über das Elsass, Saarbrücken nach Wallerfangen kommend, führte ihr Streckenverlauf über schwieriges Gelände nach Sierck, Luxemburg, Flandern und endete schließlich in den Niederlanden.
Gelegen an der Nahtstelle zwischen Saar, Salzstraße und dieser Fernstraße, stellte das lothringische Walderfingen im Mittelalter einen wichtigen Handels- und Gewerbeplatz in der Großregion dar. Sein historischer Platz am Knotenpunkt dieses Fernhandels erzeugte eine Unternehmenskultur, die insbesondere von den Herausforderungen des florierenden Geschäftsumfeldes der „krummen Meil“ profitierte. Der Fernweg verließ an der Engt unseren Abschnitt (182m), stieg zur sogenannten Wegespinne (238m) über einen schmalen Bergsattel zwischen Hoesberg (326m) und Limberg (334m), führte steil hinab nach Itsbach und überquerte in Siersdorf die Nied (siehe Karte). Zum Schutz und zur Kontrolle des Güterverkehrs wurde hoch über dieser Furt, später Niedbrücke, schon früh die Burg Siersberg errichtet (11. Jh). Die Bedeutung der „krummen Meil“ und der Brücke zeigten sich in den Jahrhunderte andauernden Auseinandersetzungen zwischen Lothringen und dem Trierer Bischof über die Hoheitsrechte an Burg und Niedbrücke. Hierbei galt für die wenig frommen Kurtrierer: Ein scharfes Schwert ist ein besseres Argument als Worte auf Pergament.
Die weitere Streckenführung der „krummen Meil“ zwischen Gerlfangen, Waldwisse und Sierck stimmt weitgehend mit der heutigen Landstraße überein. Von Sierck querte der Weg die Grafschaft Luxemburg, schuf den 1340 von König Johann dem Blinden ausgerufenen Handelsplatz „Schobermesse“, zog durch Flandern und endete schließlich in den Niederlanden. Neben den berufsmäßigen Händlern machten auf der „krummen Meil“ auch die einheimischen Bauern Geschäfte mit den fremden Fuhrleuten. Sie vermieteten ihnen etappenweise ihre Pferdegespanne, um die schwerbeladenen Wagen auf schwierigen Wegstrecken hochziehen zu helfen.
Der Fernhandel vollzog sich im Mittelalter überwiegend auf den erhaltenen Römerstraßen und den Wasserwegen; die Neuanlage von Handelsstraßen stellte die Ausnahme dar. Eine solche Ausnahme bildete die Flandrisch-Lampartische Straße. Die Strecke war eine Alternative zur Rheinschifffahrt, wo beim Transport auf dem Schiff hohe Zölle gezahlt werden mussten. Die Erzielung von teils beträchtlichen finanziellen Einsparungen war die Triebfeder, den beschwerlichen und zeitraubenden Transport der Waren auf dem „krummen“ Landweg zwischen Straßburg und den Niederlanden durchzuführen. Nachweislich verhalf der Warenumschlag an den Handelsplätzen der „Meil“ zu einem Entwicklungsschub der Orte. Insbesondere dann, wenn die Schiffsbefrachtung und die Einkreuzung eines weiteren wichtigen Handelsweges, wie in Wallerfangen, stattfanden. (Letzter Teil nächstes Heft 2.KW 2024) Text: Rainer Darimont, T: 62843, Kartenrepro: Klaus Eisenbarth.
Verein für Heimatforschung Wallerfangen