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Mitteilungsblatt Gemeinde Wallerfangen
Ausgabe 51/2024
Mitteilungen der Verwaltung
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Ein Mann der Superlative - wer war Graf Giselbert?



Mit der Turmhügelburg auf der Humburg beginnt für Wallerfangen die geschichtliche Überlieferung. Und es sind zwei Urkunden, die Graf Egilof (962n.Chr.) und Graf Giselbert (996n.Chr.) als ihre ersten Bewohner ausweisen. Die Grafschaft Wallerfangen war zu Giselberts Zeit ein persönliches Herrschaftsgebiet ohne uns bekannte Grenzen. Wallerfangen wurde damals in den Urkunden „Uualdeleuinga“ genannt. Dieser Ort auf den Niederterrassen zwischen Humburg und der Saar war Giselberts Hauptstützpunkt der Machtausbreitung. Das Gebiet seiner Grafschaft lässt sich jedoch grob beschreiben. Es erstreckte sich vom linken Moselufer im Bereich des heutigen Großherzogtums Luxemburg bis zur mittleren Saar. Das erschließt sich aus sieben Orten, die urkundlich zur Grafschaft Wallerfangen gehörten: Dalheim, Burmerange, Tritlingen (Kanton Remich), Moutfort bei der Stadt Luxemburg, Roden und der Hauptort Wallerfangen.

Bei der Betrachtung von Graf Giselberts Herkunftsprofil sind markante Merkmale zu erkennen. Er war der jüngste Sohn des Gründers von Luxemburg, Siegfried I. (919-998), und entstammte somit dem mächtigen Luxemburger Grafenhaus. Das entwickelte sich im Laufe seiner frühen Geschichte zu einer der einflussreichsten Dynastien im äußersten Westen des jungen deutschen Reiches. Dessen bislang in Mitteleuropa herrschende Dynastie der Ottonen war gerade von Heinrich II., dem letzten der sächsischen Könige, abgelöst worden. Und genau hier tritt Graf Giselbert in unser Blickfeld. Wenn das Seltene eintritt, dass ein junger Adliger aus provinzieller Gegend mit den Eliten des deutschen Reiches namentlich verknüpft bleibt, so hat das stets einen besonderen Klang.

Doch wer war dieser Mann wirklich? Er ritt mit einem mächtigen König, um dessen Reich zu festigen. Doch am Ende verlor er alles. Am Anfang stand die ehrgeizige Familienpolitik seines Vaters, der die Tochter Kunigunde in das deutsche Königshaus einheiraten ließ. So wurde Giselbert Schwager und enger militärischer Gefolgsmann des fünften deutschen Königs und späteren Kaisers Heinrich II. (973-1024). Um aufkeimende Widerstände gegen das Deutsche Reich niederzuschlagen, unternahm Heinrich einen jener verhängnisvollen „Römerzüge“ nach Italien. Unter seinen adeligen Gefolgsleuten aus Franken, Schwaben und Lotharingen befand sich auch sein 30jähriger Schwager Giselbert aus Wallerfangen. Bei einem nächtlichen Überfall von Aufständischen auf König Heinrich und sein Gefolge kam es am 14. Mai 1004 in dem Palast von Pavia zum Eklat. Graf Giselbert und ein Großteil des königlichen Elitecorps kamen dabei ums Leben. Durch glückliche Fügung ist Giselberts Ableben in der wohl bedeutendsten Chronik des frühen Mittelalters überliefert worden. Die Angaben verdanken wir Thietmar von Merseburg, der das gesamte Wirken seines Königs aufgezeichnet und die Kämpfe von Pavia miterlebt hat. Thietmars Chronik stellt als historische Quelle über „den Tod des hervorragenden jungen Mannes Giselbert, den Bruder der Königin“ einen Glücksfall dar.

Indessen sollte das Schicksal der Grafschaft Wallerfangen wegen Giselberts frühem Tod, dem Fehlen eines legitimen Erben und einem Streit der luxemburgischen Brüder von Kunigunde mit Heinrich II. eine schlimme Wendung nehmen. Der verwaiste Sitz des Grafen von Wallerfangen geriet in den Einflussbereich des stärksten Regenten im Großraum und wurde schließlich Hauptsitz der lothringischen Herzöge für das deutschsprachige Lothringen.

Text: Rainer Darimont, T: 62843, Foto: Klaus Eisenbarth

Verein für Heimatforschung Wallerfangen