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Lindenberg Nachrichten mit Amtsblatt
Ausgabe 7/2023
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Geistliches Wort für den Monat Juli 2023:von Tobias Reinhold, Pfarrer in St. Andreas Teistungen

von Tobias Reinhold, Pfarrer in St. Andreas Teistungen

Liebe Leserinnen und Leser,

Zeit ist für viele von uns heute eine echte Mangelware geworden. „Ich habe leider keine Zeit“, das höre ich oft von Mitmenschen. „Im Moment wird’s mir einfach zuviel“, so reagiere ich manchmal selbst auf diverse Anfragen. Je mehr Termine sich am Tag häufen, umso mehr steigen der Druck und die Erwartungshaltung. Es gibt Menschen, die scheinen immer Zeit zu haben, andere hingegen leiden ständig unter Zeitnot oder gar Zeitdruck.

Dabei kann Zeit so unterschiedlich empfunden werden: Wenn ich entspannt und erholt im Urlaub bin und es mir gut geht, fühle ich mich irgendwie zeitlos und ungebunden. Dann bin ich „gelassen“ - im Sinne von etwas lassen können - sehe ich vieles anders und kann plötzlich zwischen Wichtigem und Nötigem unterscheiden. Doch wenn sich die Termine häufen und der Stress im Arbeitsleben überhand nimmt? Dann habe ich schon am Morgen das Gefühl, den Tag irgendwie verloren zu haben.

„Wenn du es eilig hast, dann geh langsam.“ - Diese alte chinesische Lebensweisheit dürfen wir auch heute noch beherzigen. „Geh langsam“ bedeutet dann: erst einmal ruhig durchatmen, nachdenken, beten, in mich gehen. Und mich dann überlegt aufmachen, Schritt für Schritt, Treppenstufe um Treppenstufe, in die frische Morgenluft hinein. Denn schließlich stehen meine Zeit und mein Leben einzig in Gottes Händen. Ich bin nicht der Manager und Planer meines eigenen Lebens. Mir das klar zu machen, lässt den Tag gleich anders aussehen. Ich atme tief ein und ich atme tief aus. Und schon verlangsamen sich der ganze Ablauf und Tagesrhythmus. Der Tag wird wieder weiter und tiefer. Und ich werde ruhiger und gelassener. Ich gehe dann bewusster ans Tagewerk heran.

Die Sommer- und Urlaubszeit, aber auch jeder Sonn- und Feiertag, laden uns ein, abzuschalten und zu entspannen. Statt ständiger Beschleunigung ist echte Entschleunigung angesagt: „Eile mit Weile“ - lautet darum auch ein deutsches Sprichwort.

Ich möchte Ihnen ein wunderbar formuliertes Gebet mit auf den Weg ins Wochenende geben, welches ich im katholischen Gebet- und Gesangbuch der Schweiz entdeckt habe (auf Seite 770):

„Herr meiner Stunden“

Herr meiner Stunden und meiner Jahre, du hast mir viel Zeit gegeben. Sie liegt hinter mir. Sie liegt vor mir. Sie war mein und wird mein und ich habe sie von dir. Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr und für jeden Morgen, den ich sehe. Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben. Ich bitte dich aber um viel Gelassenheit, jede Stunde zu füllen. Ich bitte dich, dass ich ein wenig dieser Zeit freihalten darf von Befehl und Pflicht, ein wenig für die Stille, ein wenig für das Spiel, ein wenig für die Menschen am Rande meines Lebens, die einen Trost brauchen. Ich bitte dich um Sorgfalt, dass ich meine Zeit nicht töte, nicht vertreibe, nicht verderbe. Jede Stunde ist ein Streifen Land. Ich möchte ihn aufreißen mit dem Pflug, ich möchte Liebe hineinwerfen, Gedanken und Gespräche, damit Frucht wächst. Segne du meinen Tag. Amen.